Furstentum, Herzogtum und anders betrifft, so kann euch kein Mensch
zusammenbringen.

Weislingen. Ihr kommt zur ungelegnen Zeit. Geht und verweilt einige
Tage hier.

Kaufleute. Wir empfehlen uns zu Gnaden. (Ab.)

Kaiser. Wieder neue Handel. Sie wachsen nach wie die Kopfe der Hydra.

Weislingen. Und sind nicht auszurotten als mit Feuer und Schwert und
einer mutigen Unternehmung.

Kaiser. Glaubt Ihr?

Weislingen. Ich halte nichts fur tunlicher, wenn Eure Majestat und die
Fursten sich uber andern unbedeutenden Zwist vereinigen konnten. Es ist mit
nichten ganz Deutschland, das uber Beunruhigung klagt. Franken und Schwaben
allein glimmt noch von den Resten des innerlichen verderblichen
Burgerkriegs. Und auch da sind viele der Edeln und Freien, die sich nach
Ruhe sehnen. Hatten wir einmal diesen Sickingen, Selbitz - Berlichingen auf
die Seite geschafft, das ubrige wurde bald von sich selbst zerfallen. Denn
sie sind's, deren Geist die aufruhrische Menge belebt.

Kaiser. Ich mochte die Leute gerne schonen, sie sind tapfer und edel.
Wenn ich Krieg fuhrte, mu?ten sie mit mir zu Felde.

Weislingen. Es ware zu wunschen, da? sie von jeher gelernt hatten,
ihrer Pflicht zu gehorchen. Und dann war es hochst gefahrlich, ihre
aufruhrischen Unternehmungen durch Ehrenstellen zu belohnen. Denn eben diese
kaiserliche Mild und Gnade ist's, die sie bisher so ungeheuer mi?brauchten,
und ihr Anhang, der sein Vertrauen und Hoffnung darauf setzt, wird nicht ehe
zu bandigen sein, bis wir sie ganz vor den Augen der Welt zunichte gemacht
und ihnen alle Hoffnung, jemals wieder emporzukommen, vollig abgeschnitten
haben.

Kaiser. Ihr ratet also zur Strenge?

Weislingen. Ich sehe kein ander Mittel, den Schwindelgeist, der ganze
Landschaften ergreift, zu bannen. Horen wir nicht schon hier und da die
bittersten Klagen der Edeln, da? ihre Untertanen, ihre Leibeignen sich gegen
sie auflehnen und mit ihnen rechten, ihnen die hergebrachte Oberherrschaft
zu schmalern drohen, so da? die gefahrlichsten Folgen zu furchten sind?

Kaiser. Jetzt war eine schone Gelegenheit wider den Berlichingen und
Selbitz; nur wollt ich nicht, da? ihnen was zuleid geschehe. Gefangen mocht
ich sie haben, und dann mu?ten sie Urfehde schworen, auf ihren Schlossern
ruhig zu bleiben und nicht aus ihrem Bann zu gehen. Bei der nachsten Session
will ich's vortragen.

Weislingen. Ein freudiger beistimmender Zuruf wird Eurer Majestat das
Ende der Rede ersparen. (Ab.)


Jagsthausen
Sickingen. Berlichingen.

Sickingen. Ja, ich komme, Eure edle Schwester um ihr Herz und ihre Hand
zu bitten.

Gotz. So wollt ich, Ihr wart eher kommen. Ich mu? Euch sagen:
Weislingen hat wahrend seiner Gefangenschaft ihre Liebe gewonnen, um sie
angehalten, und ich sagt sie ihm zu. Ich hab ihn losgelassen, den Vogel, und
er verachtet die gutige Hand, die ihm in der Not Futter reichte. Er schwirrt
herum, wei? Gott auf welcher Hecke seine Nahrung zu suchen.

Sickingen. Ist das so?

Gotz. Wie ich sage.

Sickingen. Er hat ein doppeltes Band zerrissen. Wohl Euch, da? Ihr mit
dem Verrater nicht naher verwandt worden.

Gotz. Sie sitzt, das arme Madchen, verjammert und verbetet ihr Leben.

Sickingen. Wir wollen sie singen machen.

Gotz. Wie! Entschlie?et Ihr Euch, eine Verla?ne zu heiraten?

Sickingen. Es macht euch beiden Ehre, von ihm betrogen worden zu sein.
Soll darum das arme Madchen in ein Kloster gehn, weil der erste Mann, den
sie kannte, ein Nichtswurdiger war? Nein doch! ich bleibe darauf, sie soll
Konigin von meinen Schlossern werden.

Gotz. Ich sage Euch, sie war nicht gleichgultig gegen ihn.

Sickingen. Traust du mir nicht zu, da? ich den Schatten eines Elenden
sollte verjagen konnen? La? uns zu ihr! (Ab.)


Lager der Reichsexekution
Hauptmann. Offiziere.

Hauptmann. Wir mussen behutsam gehn und unsere Leute so viel moglich
schonen. Auch ist unsere gemessene Order, ihn in die Enge zu treiben und
lebendig gefangenzunehmen. Es wird schwerhalten, denn wer mag sich an ihn
machen?

Erster Offizier. Freilich! Und er wird sich wehren wie ein wildes
Schwein. Uberhaupt hat er uns sein Lebelang nichts zuleid getan, und jeder
wird's von sich schieben, Kaiser und Reich zu Gefallen Arm und Bein
daranzusetzen.

Zweiter Offizier. Es ware eine Schande, wenn wir ihn nicht kriegten.
Wenn ich ihn nur einmal beim Lappen habe, er soll nicht loskommen.

Erster Offizier. Fa?t ihn nur nicht mit Zahnen, er mochte Euch die
Kinnbacken ausziehen. Guter junger Herr, dergleichen Leut packen sich nicht
wie ein fluchtiger Dieb.

Zweiter Offizier. Wollen sehn.

Hauptmann. Unsern Brief mu? er nun haben. Wir wollen nicht saumen und
einen Trupp ausschicken, der ihn beobachten soll.

Zweiter Offizier. La?t mich ihn fuhren.

Hauptmann. Ihr seid der Gegend unkundig.

Zweiter Offizier. Ich hab einen Knecht, der hier geboren und erzogen
ist.

Hauptmann. Ich bin's zufrieden. (Ab.)


Jagsthausen
Sickingen.

Sickingen. Es geht alles nach Wunsch; sie war etwas besturzt uber
meinen Antrag und sah mich vom Kopf bis auf die Fu?e an; ich wette, sie
verglich mich mit ihrem Wei?fisch. Gott sei Dank, da? ich mich stellen darf.
Sie antwortete wenig und durcheinander; desto besser! Es mag eine Zeit
kochen. Bei Madchen, die durch Liebesungluck gebeizt sind, wird ein
Heiratsvorschlag bald gar.

(Gotz kommt.)

Sickingen. Was bringt Ihr, Schwager?

Gotz. In die Acht erklart!

Sickingen. Was?

Gotz. Da lest den erbaulichen Brief. Der Kaiser hat Exekution gegen
mich verordnet, die mein Fleisch den Vogeln unter dem Himmel und den Tieren
auf dem Felde zu fressen vorschneiden soll.

Sickingen. Erst sollen sie dran. Just zur gelegenen Zeit bin ich hier.

Gotz. Nein, Sickingen, Ihr sollt fort. Eure gro?en Anschlage konnten
daruber zugrunde gehn, wenn Ihr zu so ungelegner Zeit des Reichs Feind
werden wolltet. Auch mir werdet Ihr weit mehr nutzen, wenn Ihr neutral zu
sein scheint. Der Kaiser liebt Euch, und das Schlimmste, das mir begegnen
kann, ist, gefangen zu werden; dann braucht Euer Vorwort und rei?t mich aus
einem Elend, in das unzeitige Hulfe uns beide sturzen konnte. Denn was
war's? Jetzo geht der Zug gegen mich; erfahren sie, du bist bei mir, so
schicken sie mehr, und wir sind um nichts gebessert. Der Kaiser sitzt an der
Quelle, und ich war schon jetzt unwiederbringlich verloren, wenn man
Tapferkeit so geschwind einblasen konnte, als man einen Haufen
zusammenblasen kann.

Sickingen. Doch kann ich heimlich ein zwanzig Reiter zu Euch sto?en
lassen.

Gotz. Gut. Ich hab schon Georgen nach dem Selbitz geschickt, und meine
Knechte in der Nachbarschaft herum. Lieber Schwager, wenn meine Leute
beisammen sind, es wird ein Haufchen sein, dergleichen wenig Fursten
beisammen gesehen haben.

Sickingen. Ihr werdet gegen die Menge wenig sein.

Gotz. Ein Wolf ist einer ganzen Herde Schafe zu viel.

Sickingen. Wenn sie aber einen guten Hirten haben?

Gotz. Sorg du. Es sind lauter Mietlinge. Und dann kann der beste Ritter
nichts machen, wenn er nicht Herr von seinen Handlungen ist. So kamen sie
mir auch einmal, wie ich dem Pfalzgrafen zugesagt hatte, gegen Konrad
Schotten zu dienen; da legt' er mir einen Zettel aus der Kanzlei vor, wie
ich reiten und mich halten sollt; da warf ich den Raten das Papier wieder
dar und sagt: ich wu?t nicht darnach zu handlen, ich wei? nicht, was mir
begegnen mag, das steht nicht im Zettel, ich mu? die Augen selbst auftun und
sehn, was ich zu schaffen hab.

Sickingen. Gluck zu, Bruder! Ich will gleich fort und dir schicken, was
ich in der Eil zusammentreiben kann.

Gotz. Komm noch zu den Frauen, ich lie? sie beisammen. Ich wollte, da?
du ihr Wort hattest, ehe du gingst. Dann schick mir die Reiter, und komm
heimlich wieder, Marien abzuholen, denn mein Schlo?, furcht ich, wird bald
kein Aufenthalt fur Weiber mehr sein.

Sickingen. Wollen das Beste hoffen. (Ab.)


Bamberg. Adelheidens Zimmer
Adelheid. Franz.

Adelheid. So sind die beiden Exekutionen schon aufgebrochen?

Franz. Ja, und mein Herr hat die Freude, gegen Eure Feinde zu ziehen.
Ich wollte gleich mit, so gern ich zu Euch gehe. Auch will ich jetzt wieder
fort, um bald mit frohlicher Botschaft wiederzukehren. Mein Herr hat mir's
erlaubt.

Adelheid. Wie steht's mit ihm?

Franz. Er ist munter. Mir befahl er, Eure Hand zu kussen.

Adelheid. Da - deine Lippen sind warm.

Franz (vor sich, auf die Brust deutend). Hier ist's noch warmer!
(Laut.) Gnadige Frau, Eure Diener sind die glucklichsten Menschen unter der
Sonne.

Adelheid. Wer fuhrt gegen Berlichingen?

Franz. Der von Sirau. Lebt wohl, beste gnadige Frau! Ich will wieder
fort. Verge?t mich nicht.

Adelheid. Du mu?t was essen, trinken, und rasten.

Franz. Wozu das? Ich hab Euch ja gesehen. Ich bin nicht mud noch
hungrig.

Adelheid. Ich kenne deine Treu.

Franz. Ach, gnadige Frau!

Adelheid. Du haltst's nicht aus, beruhige dich, und nimm was zu dir.

Franz. Eure Sorgfalt fur einen armen Jungen! (Ab.)

Adelheid. Die Tranen stehn ihm in den Augen. Ich lieb ihn von Herzen.
So wahr und warm hat noch niemand an mir gehangen. (Ab.)


Jagsthausen
Gotz. Georg.

Georg. Er will selbst mit Euch sprechen. Ich kenn ihn nicht; es ist ein
stattlicher Mann, mit schwarzen feurigen Augen.

Gotz. Bring ihn herein.

(Lerse kommt.)

Gotz. Gott gru? Euch! Was bringt Ihr?

Lerse. Mich selbst, das ist nicht viel, doch alles, was es ist, biet
ich Euch an.

Gotz. Ihr seid mir willkommen, doppelt willkommen, ein braver Mann, und
zu dieser Zeit, da ich nicht hoffte, neue Freunde zu gewinnen, eher den
Verlust der alten stundlich furchtete. Gebt mir Euern Namen.

Lerse. Franz Lerse.

Gotz. Ich danke Euch, Franz, da? Ihr mich mit einem braven Mann bekannt
macht.

Lerse. Ich machte Euch schon einmal mit mir bekannt, aber damals
danktet Ihr mir nicht dafur.

Gotz. Ich erinnere mich Eurer nicht.

Lerse. Es ware mir leid. Wi?t Ihr noch, wie Ihr um des Pfalzgrafen
willen Konrad Schotten feind wart und nach Ha?furt auf die Fastnacht reiten
wolltet?

Gotz. Wohl wei? ich es.

Lerse. Wi?t Ihr, wie Ihr unterwegs bei einem Dorf funfundzwanzig
Reitern entgegenkamt?

Gotz. Richtig. Ich hielt sie anfangs nur fur zwolfe und teilt meinen
Haufen, waren unser sechzehn, und hielt am Dorf hinter der Scheuer, in
willens, sie sollten bei mir vorbeiziehen. Dann wollt ich ihnen nachrucken,
wie ich's mit dem andern Haufen abgeredt hatte.

Lerse. Aber wir sahn Euch und zogen auf eine Hohe am Dorf. Ihr zogt
herbei und hieltet unten. Wie wir sahn, Ihr wolltet nicht heraufkommen,
ritten wir herab.

Gotz. Da sah ich erst, da? ich mit der Hand in die Kohlen geschlagen
hatte. Funfundzwanzig gegen acht! Da galt's kein Feiern. Erhard Truchse?
durchstach mir einen Knecht, dafur rannt ich ihn vom Pferde. Hatten sie sich
alle gehalten wie er und ein Knecht, es ware mein und meines kleinen
Haufchens ubel gewahrt gewesen.

Lerse. Der Knecht, wovon Ihr sagtet -

Gotz. Es war der bravste, den ich gesehen habe. Er setzte mir hei? zu.
Wenn ich dachte, ich hatt ihn von mir gebracht, wollte mit andern zu
schaffen haben, war er wieder an mir und schlug feindlich zu. Er hieb mir
auch durch den Panzerarmel hindurch, da? es ein wenig gefleischt hatte.

Lerse. Habt Ihr's ihm verziehen?

Gotz. Er gefiel mir mehr als zu wohl.

Lerse. Nun, so hoff ich, da? Ihr mit mir zufrieden sein werdet; ich hab
mein Probstuck an Euch selbst abgelegt.

Gotz. Bist du's? O willkommen, willkommen! Kannst du sagen, Maximilian,
du hast unter deinen Dienern einen so geworben!

Lerse. Mich wundert, da? Ihr nicht eh auf mich gefallen seid.

Gotz. Wie sollte mir einkommen, da? der mir seine Dienste anbieten
wurde, der auf das feindseligste mich zu uberwaltigen trachtete?

Lerse. Eben das, Herr! Von Jugend auf dien ich als Reitersknecht, und
hab's mit manchem Ritter aufgenommen. Da wir auf Euch stie?en, freut ich
mich. Ich kannte Euern Namen, und da lernt ich Euch kennen. Ihr wi?t, ich
hielt nicht stand; Ihr saht, es war nicht Furcht, denn ich kam wieder. Kurz,
ich lernt Euch kennen, und von Stund an beschlo? ich, Euch zu dienen.

Gotz. Wie lange wollt Ihr bei mir aushalten?

Lerse. Auf ein Jahr. Ohne Entgelt.

Gotz. Nein, Ihr sollt gehalten werden wie ein anderer, und druber, wie
der, der mir bei Remlin zu schaffen machte.

(Georg kommt.)

Georg. Hans von Selbitz la?t Euch gru?en. Morgen ist er hier mit
funfzig Mann.

Gotz. Wohl.

Georg. Es zieht am Kocher ein Trupp Reichsvolker herunter; ohne
Zweifel, Euch zu beobachten.

Gotz. Wieviel?

Georg. Ihrer funfzig.

Gotz. Nicht mehr! Komm, Lerse, wir wollen sie zusammenschmei?en, wenn
Selbitz kommt, da? er schon ein Stuck Arbeit getan findet.

Lerse. Das soll eine reichliche Vorlese werden.

Gotz. Zu Pferde! (Ab.)

Wald an einem Morast
Zwei Reichsknechte begegnen einander.

Erster Knecht. Was machst du hier?

Zweiter Knecht. Ich hab Urlaub gebeten, meine Notdurft zu verrichten.
Seit dem blinden Larmen gestern abends ist mir's in die Gedarme geschlagen,
da? ich alle Augenblicke vom Pferd mu?.

Erster Knecht. Halt der Trupp hier in der Nahe?

Zweiter Knecht. Wohl eine Stunde den Wald hinauf.

Erster Knecht. Wie verlaufst du dich denn hieher?

Zweiter Knecht. Ich bitte dich, verrat mich nicht. Ich will aufs
nachste Dorf und sehn, ob ich nit mit warmen Uberschlagen meinem Ubel
abhelfen kann. Wo kommst du her?

Erster Knecht. Vom nachsten Dorf. Ich hab unserm Offizier Wein und Brot
geholt.

Zweiter Knecht. So, er tut sich was zugut vor unserm Angesicht, und wir
sollen fasten! Schon Exempel!

Erster Knecht. Komm mit zuruck, Schurke.

Zweiter Knecht. War ich ein Narr! Es sind noch viele unterm Haufen, die
gern fasteten, wenn sie so weit davon waren als ich.

Erster Knecht. Horst du! Pferde!

Zweiter Knecht. O weh!

Erster Knecht. Ich klettere auf den Baum.

Zweiter Knecht. Ich steck mich ins Rohr.

(Gotz, Lerse, Georg, Knechte zu Pferde.)

Gotz. Hier am Teich weg und linker Hand in den Wald, so kommen wir
ihnen in Rucken.

(Sie ziehen vorbei.)

Erster Knecht (steigt vom Baum). Da ist nicht gut sein. Michel! Er
antwortet nicht? Michel, sie sind fort! (Er geht nach dem Sumpf.) Michel! O
weh, er ist versunken. Michel! Er hort mich nicht, er ist erstickt. Bist
doch krepiert, du Memme. - Wir sind geschlagen. Feinde, uberall Feinde!

(Gotz, Georg zu Pferde.)

Gotz. Halt, Kerl, oder du bist des Todes!

Knecht. Schont meines Lebens!

Gotz. Dein Schwert! Georg, fuhr ihn zu den andern Gefangenen, die Lerse
dort unten am Wald hat. Ich mu? ihren fluchtigen Fuhrer erreichen. (Ab.)

Knecht. Was ist aus unserm Ritter geworden, der uns fuhrte?

Georg. Unterst zu oberst sturzt' ihn mein Herr vom Pferd, da? der
Federbusch im Kot stak. Seine Reiter huben ihn aufs Pferd und fort, wie
besessen. (Ab.)


Lager
Hauptmann. Erster Ritter.

Erster Ritter. Sie fliehen von weitem dem Lager zu.

Hauptmann. Er wird ihnen an den Fersen sein. La?t ein funfzig ausrucken
bis an die Muhle; wenn er sich zu weit verliert, erwischt Ihr ihn
vielleicht.

(Ritter ab. - Zweiter Ritter gefuhrt.)

Hauptmann. Wie geht's, junger Herr? Habt Ihr ein paar Zinken abgerennt?

Ritter. Da? dich die Pest! Das starkste Geweih ware gesplittert wie
Glas. Du Teufel! Er rannt auf mich los, es war mir, als wenn mich der Donner
in die Erd hineinschlug.

Hauptmann. Dankt Gott, da? Ihr noch davongekommen seid.

Ritter. Es ist nichts zu danken, ein paar Rippen sind entzwei. Wo ist
der Feldscher? (Ab.)


Jagsthausen
Gotz. Selbitz.

Gotz. Was sagst du zu der Achtserklarung, Selbitz?

Selbitz. Es ist ein Streich von Weislingen.

Gotz. Meinst du?

Selbitz. Ich meine nicht, ich wei?.

Gotz. Woher?

Selbitz. Er war auf dem Reichstag, sag ich dir, er war um den Kaiser.

Gotz. Wohl, so machen wir ihm wieder einen Anschlag zunichte.

Selbitz. Hoff's.

Gotz. Wir wollen fort! und soll die Hasenjagd angehn.


Lager
Hauptmann. Ritter.

Hauptmann. Dabei kommt nichts heraus, ihr Herrn. Er schlagt uns einen
Haufen nach dem andern, und was nicht umkommt und gefangen wird, das lauft
in Gottes Namen lieber nach der Turkei als ins Lager zuruck. So werden wir
alle Tag schwacher. Wir mussen einmal fur allemal ihm zu Leib gehen, und das
mit Ernst; ich will selbst dabei sein, und er soll sehn, mit wem er zu tun
hat.

Ritter. Wir sind's all zufrieden; nur ist er der Landsart so kundig,
wei? alle Gange und Schliche im Gebirg, da? er so wenig zu fangen ist wie
eine Maus auf dem Kornboden.

Hauptmann. Wollen ihn schon kriegen. Erst auf Jagsthausen zu. Mag er
wollen oder nicht, er mu? herbei, sein Schlo? zu verteidigen.

Ritter. Soll unser ganzer Hauf marschieren?

Hauptmann. Freilich! Wi?t Ihr, da? wir schon um hundert geschmolzen
sind?

Ritter. Drum geschwind, eh der ganze Eisklumpen auftaut; es macht warm
in der Nahe, und wir stehn da wie Butter an der Sonne. (Ab.)


Gebirg und Wald
Gotz. Selbitz. Trupp.

Gotz. Sie kommen mit hellem Hauf. Es war hohe Zeit, da? Sickingens
Reiter zu uns stie?en.

Selbitz. Wir wollen uns teilen. Ich will linker Hand um die Hohe
ziehen.

Gotz. Gut. Und du, Franz, fuhre mir die funfzig rechts durch den Wald
hinauf; sie kommen uber die Heide, ich will gegen ihnen halten. Georg, du
bleibst um mich. Und wenn Ihr seht, da? sie mich angreifen, so fallt
ungesaumt in die Seiten. Wir wollen sie patschen. Sie denken nicht, da? wir
ihnen die Spitze bieten konnen. (Ab.)


Heide
Auf der einen Seite eine Hohe, auf der andern Wald.

Hauptmann. Exekutionszug.

Hauptmann. Er halt auf der Heide! Das ist impertinent. Er soll's bu?en.
Was! Den Strom nicht zu furchten, der auf ihn losbraust?

Ritter. Ich wollt nicht, da? Ihr an der Spitze rittet; er hat das
Ansehn, als ob er den ersten, der ihn ansto?en mochte, umgekehrt in die Erde
pflanzen wollte. Reitet hinterdrein.

Hauptmann. Nicht gern.

Ritter. Ich bitt Euch. Ihr seid noch der Knoten von diesem Bundel
Haselruten; lost ihn auf, so knickt er sie Euch einzeln wie Riedgras.

Hauptmann. Trompeter, blas! Und ihr blast ihn weg! (Ab.)

(Selbitz hinter der Hohe hervor im Galopp.)

Selbitz. Mir nach! Sie sollen zu ihren Handen rufen: >Multipliziert
euch!< (Ab.)

(Lerse aus dem Wald.)

Lerse. Gotzen zu Hulf ! Er ist fast umringt. Braver Selbitz, du hast
schon Luft gemacht. Wir wollen die Heide mit ihren Distelkopfen besaen.
(Vorbei.)

(Getummel.)


Eine Hohe mit einem Wartturn
Selbitz verwundet. Knechte.

Selbitz. Legt mich hieher und kehrt zu Gotzen.

Erster Knecht. La?t uns bleiben, Herr, Ihr braucht unser.

Selbitz. Steig einer auf die Warte und seh, wie's geht.

Erster Knecht. Wie will ich hinaufkommen?

Zweiter Knecht. Steig auf meine Schultern, da kannst du die Lucke
reichen und dir bis zur Offnung hinaufhelfen.

Erster Knecht (steigt hinauf). Ach, Herr!

Selbitz. Was siehest du?

Erster Knecht. Eure Reiter fliehen der Hohe zu.

Selbitz. Hollische Schurken! Ich wollt, sie stunden und ich hatt eine
Kugel vorm Kopf. Reit einer hin! und fluch und wetter sie zuruck. (Knecht
ab.) Siehest du Gotzen?

Knecht. Die drei schwarzen Federn seh ich mitten im Getummel.

Selbitz. Schwimm, braver Schwimmer. Ich liege hier!

Knecht. Ein wei?er Federbusch, wer ist das?

Selbitz. Der Hauptmann.

Knecht. Gotz drangt sich an ihn - Bauz! Er sturzt.

Selbitz. Der Hauptmann?

Knecht. Ja, Herr.

Selbitz. Wohl! Wohl!

Knecht. Weh! Weh! Gotzen seh ich nicht mehr.

Selbitz. So stirb, Selbitz!

Knecht. Ein furchterlich Gedrang, wo er stund. Georgs blauer Busch
verschwindt auch.

Selbitz. Komm herunter. Siehst du Lersen nicht?

Knecht. Nichts. Es geht alles drunter und druber.

Selbitz. Nichts mehr. Komm! Wie halten sich Sickingens Reiter?

Knecht. Gut. - Da flieht einer nach dem Wald. Noch einer! Ein ganzer
Trupp! Gotz ist hin.

Selbitz. Komm herab.

Knecht. Ich kann nicht. - Wohl! Wohl! Ich sehe Gotzen! Ich sehe
Georgen!

Selbitz. Zu Pferd?

Knecht. Hoch zu Pferd! Sieg! Sieg! Sie fliehn.

Selbitz. Die Reichstruppen?

Knecht. Die Fahne mittendrin, Gotz hintendrein. Sie zerstreuen sich.
Gotz erreicht den Fahndrich - Er hat die Fahn - Er halt. Eine Handvoll
Menschen um ihn herum. Mein Kamerad erreicht ihn - Sie ziehn herauf.

(Gotz. Georg. Lerse. Ein Trupp.)

Selbitz. Gluck zu, Gotz! Sieg! Sieg!

Gotz (steigt vom Pferd). Teuer! Teuer! Du bist verwundt, Selbitz?

Selbitz. Du lebst und siegst! Ich habe wenig getan. Und meine Hunde von
Reitern! Wie bist du davongekommen?

Gotz. Diesmal galt's! Und hier Georgen dank ich das Leben, und hier
Lersen dank ich's. Ich warf den Hauptmann vom Gaul. Sie stachen mein Pferd
nieder und drangen auf mich ein. Georg hieb sich zu mir und sprang ab, ich
wie der Blitz auf seinen Gaul, wie der Donner sa? er auch wieder. Wie kamst
du zum Pferd?

Georg. Einem, der nach Euch hieb, stie? ich meinen Dolch in die
Gedarme, wie sich sein Harnisch in die Hohe zog. Er sturzt', und ich half
Euch von einem Feind und mir zu einem Pferde.

Gotz. Nun staken wir, bis sich Franz zu uns hereinschlug, und da mahten
wir von innen heraus.

Lerse. Die Hunde, die ich fuhrte, sollten von au?en hineinmahen, bis
sich unsere Sensen begegnet hatten; aber sie flohen wie Reichsknechte.

Gotz. Es flohe Freund und Feind. Nur du kleiner Hauf hieltest mir den
Rucken frei; ich hatte mit den Kerls vor mir genug zu tun. Der Fall ihres
Hauptmanns half mir sie schutteln, und sie flohen. Ich habe ihre Fahne und
wenig Gefangene.

Selbitz. Der Hauptmann ist Euch entwischt?

Gotz. Sie hatten ihn inzwischen gerettet. Kommt, Kinder! kommt,
Selbitz! - Macht eine Bahre von Asten; - du kannst nicht aufs Pferd. Kommt
in mein Schlo?. Sie sind zerstreut. Aber unser sind wenig, und ich wei?
nicht, ob sie Truppen nachzuschicken haben. Ich will euch bewirten, meine
Freunde. Ein Glas Wein schmeckt auf so einen Strau?.


Lager
Hauptmann.

Hauptmann. Ich mocht euch alle mit eigner Hand umbringen! Was,
fortlaufen! Er hatte keine Handvoll Leute mehr! Fortzulaufen, vor einem
Mann! Es wird's niemand glauben, als wer uber uns zu lachen Lust hat. - Reit
herum, Ihr, und Ihr, und Ihr. Wo ihr von unsern zerstreuten Knechten findt,
bringt sie zuruck oder stecht sie nieder. Wir mussen diese Scharten
auswetzen, und wenn die Klingen druber zugrunde gehen sollten.


Jagsthausen
Gotz. Lerse. Georg.

Gotz. Wir durfen keinen Augenblick saumen! Arme Jungen, ich darf euch
keine Rast gonnen. Jagt geschwind herum und sucht noch Reiter aufzutreiben.
Bestellt sie alle nach Weilern, da sind sie am sichersten. Wenn wir zogern,
so ziehen sie mir vors Schlo?. (Die zwei ab.) Ich mu? einen auf Kundschaft
ausjagen. Es fangt an hei? zu werden. Und wenn es nur noch brave Kerls
waren! aber so ist's die Menge. (Ab.)

(Sickingen. Maria.)

Maria. Ich bitte Euch, lieber Sickingen, geht nicht von meinem Bruder!
Seine Reiter, Selbitzens, Eure sind zerstreut; er ist allein, Selbitz ist
verwundet auf sein Schlo? gebracht, und ich furchte alles.

Sickingen. Seid ruhig, ich gehe nicht weg.

(Gotz kommt.)

Gotz. Kommt in die Kirch, der Pater wartet. Ihr sollt mir in einer
Viertelstund ein Paar sein.

Sickingen. La?t mich hier.

Gotz. In die Kirch sollt Ihr jetzt.

Sickingen. Gern - und darnach?

Gotz. Darnach sollt Ihr Eurer Wege gehn.

Sickingen. Gotz!

Gotz. Wollt Ihr nicht in die Kirche?

Sickingen. Kommt, kommt!


Lager
Hauptmann. Ritter.

Hauptmann. Wie viel sind's in allem?

Ritter. Hundertundfunfzig.

Hauptmann. Von vierhunderten! Das ist arg. Jetzt gleich auf und grad
gegen Jagsthausen zu, eh er sich erholt und sich uns wieder in Weg stellt.

Jagsthausen
Gotz. Elisabeth. Maria. Sickingen.

Gotz. Gott segne euch, geb euch gluckliche Tage, und behalte die, die
er euch abzieht, fur eure Kinder.

Elisabeth. Und die la? er sein, wie ihr seid: rechtschaffen! Und dann
la?t sie werden, was sie wollen.

Sickingen. Ich dank euch. Und dank Euch, Maria. Ich fuhrte Euch an den
Altar, und Ihr sollt mich zur Gluckseligkeit fuhren.

Maria. Wir wollen zusammen eine Pilgrimschaft nach diesem fremden
gelobten Lande antreten.

Gotz. Gluck auf die Reise!

Maria. So ist's nicht gemeint, wir verlassen Euch nicht.

Gotz. Ihr sollt, Schwester.

Maria. Du bist sehr unbarmherzig, Bruder!

Gotz. Und Ihr zartlicher als vorsehend.

(Georg kommt.)

Georg (heimlich). Ich kann niemand auftreiben. Ein einziger war
geneigt; darnach veranderte er sich und wollte nicht.

Gotz. Gut, Georg. Das Gluck fangt mir an wetterwendisch zu werden. Ich
ahnt's aber. (Laut.) Sickingen, ich bitt Euch, geht noch diesen Abend.
Beredet Marie. Sie ist Eure Frau. La?t sie's fuhlen. Wenn Weiber quer in
unsere Unternehmung treten, ist unser Feind im freien Feld sichrer als sonst
in der Burg.

(Knecht kommt.)

Knecht (leise). Herr, das Reichsfahnlein ist auf dem Marsch, grad
hieher, sehr schnell.

Gotz. Ich hab sie mit Rutenstreichen geweckt! Wieviel sind ihrer?

Knecht. Ungefahr zweihundert. Sie konnen nicht zwei Stunden mehr von
hier sein.

Gotz. Noch uberm Flu??

Knecht. Ja, Herr.

Gotz. Wenn ich nur funfzig Mann hatte, sie sollten mir nicht heruber.
Hast du Lersen nicht gesehen?

Knecht. Nein, Herr.

Gotz. Biet allen, sie sollen sich bereit halten. - Es mu? geschieden
sein, meine Lieben. Weine, meine gute Marie, es werden Augenblicke kommen,
wo du dich freuen wirst. Es ist besser, du weinst an deinem Hochzeittag, als
da? ubergro?e Freude der Vorbote kunftigen Elends ware. Lebt wohl, Marie.
Lebt wohl, Bruder.

Maria. Ich kann nicht von Euch, Schwester. Lieber Bruder, la? uns.
Achtest du meinen Mann so wenig, da? du in dieser Extremitat seine Hulfe
verschmahst?

Gotz. Ja, es ist weit mit mir gekommen. Vielleicht bin ich meinem Sturz
nahe. Ihr beginnt zu leben, und ihr sollt euch von meinem Schicksal trennen.
Ich hab eure Pferde zu satteln befohlen. Ihr mu?t gleich fort.

Maria. Bruder! Bruder!

Elisabeth (zu Sickingen). Gebt ihm nach! Geht!

Sickingen. Liebe Marie, la?t uns gehen.

Maria. Du auch? Mein Herz wird brechen.

Gotz. So bleib denn. In wenigen Stunden wird meine Burg umringt sein.

Maria. Weh! Weh!

Gotz. Wir werden uns verteidigen, so gut wir konnen.

Maria. Mutter Gottes, hab Erbarmen mit uns!

Gotz. Und am Ende werden wir sterben, oder uns ergeben. - Du wirst
deinen edeln Mann mit mir in ein Schicksal geweint haben.

Maria. Du marterst mich.

Gotz. Bleib! Bleib! Wir werden zusammen gefangen werden. Sickingen, du
wirst mit mir in die Grube fallen! Ich hoffte, du solltest mir heraushelfen.

Maria. Wir wollen fort. Schwester, Schwester!

Gotz. Bringt sie in Sicherheit, und dann erinnert Euch meiner.

Sickingen. Ich will ihr Bette nicht besteigen, bis ich Euch au?er
Gefahr wei?.

Gotz. Schwester - liebe Schwester! (Ku?t sie.)

Sickingen. Fort, fort!

Gotz. Noch einen Augenblick - Ich seh Euch wieder. Trostet Euch. Wir
sehn uns wieder.

(Sickingen, Maria ab.)

Gotz. Ich trieb sie, und da sie geht, mocht ich sie halten. Elisabeth,
du bleibst bei mir!

Elisabeth. Bis in den Tod. (Ab.)

Gotz. Wen Gott lieb hat, dem geb er so eine Frau!

(Georg kommt.)

Georg. Sie sind in der Nahe, ich habe sie vom Turn gesehen. Die Sonne
ging auf, und ich sah ihre Piken blinken. Wie ich sie sah, wollt mir's nicht
banger werden, als einer Katze vor einer Armee Mause. Zwar wir spielen die
Ratten.

Gotz. Seht nach den Torriegeln. Verrammelt's inwendig mit Balken und
Steinen. (Georg ab.) Wir wollen ihre Geduld fur'n Narren halten, und ihre
Tapferkeit sollen sie mir an ihren eigenen Nageln verkauen. (Trompeter von
au?en.) Aha! ein rotrockiger Schurke, der uns die Frage vorlegen wird, ob
wir Hundsfotter sein wollen. (Er geht ans Fenster.) Was soll's?

(Man hort in der Ferne reden.)

Gotz (in seinen Bart). Einen Strick um deinen Hals.

(Trompeter redet fort.)

Gotz. >Beleidiger der Majestat!< - Die Aufforderung hat ein Pfaff
gemacht.

(Trompeter endet.)

Gotz (antwortet). Mich ergeben! Auf Gnad und Ungnad! Mit wem redet Ihr!
Bin ich ein Rauber! Sag deinem Hauptmann: Vor Ihro Kaiserliche Majestat hab
ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag's ihm, er kann mich - - -
(Schmei?t das Fenster zu.)


Belagerung. Kuche
Elisabeth. Gotz zu ihr.

Gotz. Du hast viel Arbeit, arme Frau.

Elisabeth. Ich wollt, ich hatte sie lang. Wir werden schwerlich lang
aushalten konnen.

Gotz. Wir hatten nicht Zeit, uns zu versehen.

Elisabeth. Und die vielen Leute, die Ihr zeither gespeist habt. Mit dem
Wein sind wir auch schon auf der Neige.

Gotz. Wenn wir nur auf einen gewissen Punkt halten, da? sie
Kapitulation vorschlagen. Wir tun ihnen brav Abbruch. Sie schie?en den
ganzen Tag und verwunden unsere Mauern und knicken unsere Scheiben. Lerse
ist ein braver Kerl; er schleicht mit seiner Buchse herum; wo sich einer zu
nahe wagt, blaff, liegt er.

Knecht. Kohlen, gnadige Frau.

Gotz. Was gibt's?

Knecht. Die Kugeln sind alle, wir wollen neue gie?en.

Gotz. Wie steht's Pulver?

Knecht. So ziemlich. Wir sparen unsere Schusse wohl aus.


Saal
Lerse mit einer Kugelform. Knecht mit Kohlen.

Lerse. Stell sie daher, und seht, wo ihr im Hause Blei kriegt.
Inzwischen will ich hier zugreifen. (Hebt ein Fenster aus und schlagt die
Scheiben ein.) Alle Vorteile gelten. - So geht's in der Welt, wei? kein
Mensch, was aus den Dingen werden kann. Der Glaser, der die Scheiben fa?te,
dachte gewi? nicht, da? das Blei einem seiner Urenkel garstiges Kopfweh
machen konnte! und da mich mein Vater zeugte, dachte er nicht, welcher Vogel
unter dem Himmel, welcher Wurm auf der Erde mich fressen mochte.

(Georg kommt mit einer Dachrinne.)

Georg. Da hast du Blei. Wenn du nur mit der Halfte triffst, so entgeht
keiner, der Ihro Majestat ansagen kann: >Herr, wir haben schlecht
bestanden.<

Lerse (haut davon). Ein brav Stuck.

Georg. Der Regen mag sich einen andern Weg suchen! ich bin nicht bang
davor; ein braver Reiter und ein rechter Regen kommen uberall durch.

Lerse. (Er gie?t.) Halt den Loffel. (Geht ans Fenster.) Da zieht so ein
Reichsknappe mit der Buchse herum; sie denken, wir haben uns verschossen. Er
soll die Kugel versuchen, warm wie sie aus der Pfanne kommt. (Ladt.)

Georg (lehnt den Loffel an). La? mich sehn.

Lerse (schie?t). Da liegt der Spatz.

Georg. Der scho? vorhin nach mir (sie gie?en), wie ich zum Dachfenster
hinausstieg und die Rinne holen wollte. Er traf eine Taube, die nicht weit
von mir sa?, sie sturzt' in die Rinne; ich dankt ihm fur den Braten und
stieg mit der doppelten Beute wieder herein.

Lerse. Nun wollen wir wohl laden und im ganzen Schlo? herumgehen, unser
Mittagessen verdienen.

(Gotz kommt.)

Gotz. Bleib, Lerse! Ich habe mit dir zu reden! Dich, Georg, will ich
nicht von der Jagd abhalten.

(Georg ab.)

Gotz. Sie entbieten mir einen Vertrag.

Lerse. Ich will zu ihnen hinaus und horen, was es soll.

Gotz. Es wird sein: ich soll mich auf Bedingungen in ritterlich
Gefangnis stellen.

Lerse. Das ist nichts. Wie war's, wenn sie uns freien Abzug
eingestunden, da Ihr doch von Sickingen keinen Entsatz erwartet? Wir
vergruben Geld und Silber, wo sie's mit keiner Wunschelrute finden sollten,
uberlie?en ihnen das Schlo?, und kamen mit Manier davon.

Gotz. Sie lassen uns nicht.

Lerse. Es kommt auf eine Prob an. Wir wollen um sicher Geleit rufen,
und ich will hinaus. (Ab.)


Saal
Gotz, Elisabeth, Georg, Knechte bei Tische.

Gotz. So bringt uns die Gefahr zusammen. La?t's euch schmecken, meine
Freunde! Verge?t das Trinken nicht. Die Flasche ist leer. Noch eine, liebe
Frau. (Elisabeth zuckt die Achsel.) Ist keine mehr da?

Elisabeth (leise). Noch eine; ich hab sie fur dich beiseite gesetzt.

Gotz. Nicht doch, Liebe! Gib sie heraus. Sie brauchen Starkung, nicht
ich; es ist ja meine Sache.

Elisabeth. Holt sie drau?en im Schrank!

Gotz. Es ist die letzte. Und mir ist's, als ob wir nicht zu sparen
Ursach hatten. Ich bin lange nicht so vergnugt gewesen. (Schenkt ein.) Es
lebe der Kaiser!

Alle. Er lebe!

Gotz. Das soll unser vorletztes Wort sein, wenn wir sterben! Ich lieb
ihn, denn wir haben einerlei Schicksal. Und ich bin noch glucklicher als er.
Er mu? den Reichsstanden die Mause fangen, inzwischen die Ratten seine
Besitztumer annagen. Ich wei?, er wunscht sich manchmal lieber tot, als
langer die Seele eines so kruppligen Korpers zu sein. (Schenkt ein.) Es geht
just noch ein mal herum. Und wenn unser Blut anfangt, auf die Neige zu
gehen, wie der Wein in dieser Flasche erst schwach, dann tropfenweise rinnt
(tropfelt das Letzte in sein Glas), was soll unser letztes Wort sein?

Georg. Es lebe die Freiheit!

Gotz. Es lebe die Freiheit!

Alle. Es lebe die Freiheit!

Gotz. Und wenn die uns uberlebt, konnen wir ruhig sterben. Denn wir
sehen im Geist unsere Enkel glucklich und die Kaiser unsrer Enkel glucklich.
Wenn die Diener der Fursten so edel und frei dienen wie ihr mir, wenn die
Fursten dem Kaiser dienen, wie ich ihm dienen mochte -

Georg. Da mu?t's viel anders werden.

Gotz. So viel nicht, als es scheinen mochte. Hab ich nicht unter den
Fursten treffliche Menschen gekannt, und sollte das Geschlecht ausgestorben
sein? Gute Menschen, die in sich und ihren Untertanen glucklich waren; die
einen edeln freien Nachbar neben sich leiden konnten und ihn weder
furchteten noch beneideten; denen das Herz aufging, wenn sie viel
ihresgleichen bei sich zu Tisch sahen und nicht erst die Ritter zu
Hofschranzen umzuschaffen brauchten, um mit ihnen zu leben.

Georg. Habt Ihr solche Herrn gekannt?,

Gotz. Wohl. Ich erinnere mich zeitlebens, wie der Landgraf von Hanau
eine Jagd gab und die Fursten und Herrn, die zugegen waren, unter freiem
Himmel speisten und das Landvolk all herbeilief, sie zu sehen. Das war keine
Maskerade, die er sich selbst zu Ehren angestellt hatte. Aber die vollen
runden Kopfe der Bursche und Madel, die roten Backen alle, und die
wohlhabigen Manner und stattlichen Greise, und alles frohliche Gesichter,
und wie sie teilnahmen an der Herrlichkeit ihres Herrn, der auf Gottes Boden
unter ihnen sich ergetzte!

Georg. Das war ein Herr, vollkommen wie Ihr.

Gotz. Sollten wir nicht hoffen, da? mehr solcher Fursten auf einmal
herrschen konnen? da? Verehrung des Kaisers, Fried und Freundschaft der
Nachbarn und Lieb der Untertanen der kostbarste Familienschatz sein wird,
der auf Enkel und Urenkel erbt? Jeder wurde das Seinige erhalten und in sich
selbst vermehren, statt da? sie jetzo nicht zuzunehmen glauben, wenn sie
nicht andere verderben.

Georg. Wurden wir hernach auch reiten?

Gotz. Wollte Gott, es gabe keine unruhige Kopfe in ganz Deutschland!
wir wurden noch immer zu tun genug finden. Wir wollten die Gebirge von
Wolfen saubern, wollten unserm ruhig ackernden Nachbar einen Braten aus dem
Wald holen und dafur die Suppe mit ihm essen. War uns das nicht genug, wir
wollten uns mit unsern Brudern, wie Cherubim mit flammenden Schwertern, vor
die Grenzen des Reichs gegen die Wolfe die Turken, gegen die Fuchse die
Franzosen lagern und zugleich unsers teuern Kaisers sehr ausgesetzte Lander
und die Ruhe des Reichs beschutzen. Das ware ein Leben! Georg! wenn man
seine Haut fur die allgemeine Gluckseligkeit dransetzte. (Georg springt
auf.) Wo willst du hin?

Georg. Ach ich verga?, da? wir eingesperrt sind - und der Kaiser hat
uns eingesperrt - und unsere Haut davonzubringen, setzen wir unsere Haut
dran?

Gotz. Sei gutes Muts.

(Lerse kommt.)

Lerse. Freiheit! Freiheit! Das sind schlechte Menschen, unschlussige
bedachtige Esel. Ihr sollt abziehen mit Gewehr, Pferden und Rustung.
Proviant sollt Ihr dahintenlassen.

Gotz. Sie werden sich kein Zahnweh dran kauen.

Lerse (heimlich). Habt Ihr das Silber versteckt?

Gotz. Nein! Frau, geh mit Franzen, er hat dir was zu sagen.

(Alle ab.)


Schlo?hof
Georg (im Stall, singt).
Es fing ein Knab ein Vogelein,
Hm! Hm!
Da lacht' er in den Kafig 'nein,
Hm! Hm!
So! So!
Hm! Hm!
Der freut' sich traun so lappisch,
Hm! Hm!
Und griff hinein so tappisch,
Hm! Hm!
So! So!
Hm! Hm!

Da flog das Meislein auf ein Haus,
Hm! Hm!
Und lacht' den dummen Buben aus,
Hm! Hm!
So! So!
Hm! Hm!



Gotz. Wie steht's?

Georg (fuhrt sein Pferd heraus). Sie sind gesattelt.

Gotz. Du bist fix.

Georg. Wie der Vogel aus dem Kafig.

(Alle die Belagerten.)

Gotz. Ihr habt eure Buchsen? Nicht doch! Geht hinauf und nehmt die
besten aus dem Rustschrank, es geht in einem hin. Wir wollen vorausreiten.

Georg.
Hm! Hm!
So! So!
Hm! Hm! (Ab.)



Saal
Zwei Knechte am Rustschrank.

Erster Knecht. Ich nehm die.

Zweiter Knecht. Ich die. Da ist noch eine schonere.

Erster Knecht. Nicht doch! Mach, da? du fortkommst.

Zweiter Knecht. Horch!

Erster Knecht (springt ans Fenster). Hilf, heiliger Gott! sie ermorden
unsern Herrn. Er liegt vom Pferd! Georg sturzt!

Zweiter Knecht. Wo retten wir uns! An der Mauer den Nu?baum hinunter
ins Feld. (Ab.)

Erster Knecht. Franz halt sich noch, ich will zu ihm. Wenn sie sterben,
mag ich nicht leben. (Ab.)

Vierter Akt
Wirtshaus zu Heilbronn
Gotz.

Gotz. Ich komme mir vor wie der bose Geist, den der Kapuziner in einen
Sack beschwur. Ich arbeite mich ab und fruchte mir nichts. Die Meineidigen!

(Elisabeth kommt.)

Gotz. Was fur Nachrichten, Elisabeth, von meinen lieben Getreuen?

Elisabeth. Nichts Gewisses. Einige sind erstochen, einige liegen im
Turn. Es konnte oder wollte niemand mir sie naher bezeichnen.

Gotz. Ist das Belohnung der Treue? des kindlichen Gehorsams? - Auf da?
dir's wohl gehe und du lange lebest auf Erden!

Elisabeth. Lieber Mann, schilt unsern himmlischen Vater nicht. Sie
haben ihren Lohn, er ward mit ihnen geboren, ein freies edles Herz. La? sie
gefangen sein, sie sind frei! Gib auf die deputierten Rate acht, die gro?en
goldnen Ketten stehen ihnen zu Gesicht -

Gotz. Wie dem Schwein das Halsband. Ich mochte Georgen und Franzen
geschlossen sehn!

Elisabeth. Es ware ein Anblick, um Engel weinen zu machen.

Gotz. Ich wollt nicht weinen. Ich wollte die Zahne zusammenbei?en und
an meinem Grimm kauen. In Ketten meine Augapfel! Ihr lieben Jungen, hattet
ihr mich nicht geliebt! - Ich wurde mich nicht satt an ihnen sehen konnen. -
Im Namen des Kaisers ihr Wort nicht zu halten!

Elisabeth. Entschlagt Euch dieser Gedanken. Bedenkt, da? Ihr vor den
Raten erscheinen sollt. Ihr seid nicht gestellt, ihnen wohl zu begegnen, und
ich furchte alles.

Gotz. Was wollen sie mir anhaben?

Elisabeth. Der Gerichtsbote!

Gotz. Esel der Gerechtigkeit! Schleppt ihre Sacke zur Muhle, und ihren
Kehrig aufs Feld. Was gibt's?

(Gerichtsdiener kommt.)

Gerichtsdiener. Die Herren Kommissarii sind auf dem Rathause versammelt
und schicken nach Euch.

Gotz. Ich komme.

Gerichtsdiener. Ich werde Euch begleiten.

Gotz. Viel Ehre.

Elisabeth. Ma?igt Euch.

Gotz. Sei au?er Sorgen. (Ab.)


Rathaus
Kaiserliche Rate. Hauptmann. Ratsherren von Heilbronn.

Ratsherr. Wir haben auf Euern Befehl die starksten und tapfersten
Burger versammelt; sie warten hier in der Nahe auf Euern Wink, um sich
Berlichingens zu bemeistern.

Erster Rat. Wir werden Ihro Kaiserlichen Majestat Eure
Bereitwilligkeit, Ihrem hochsten Befehl zu gehorchen, mit vielem Vergnugen
zu ruhmen wissen. - Es sind Handwerker?

Ratsherr. Schmiede, Weinschroter, Zimmerleute, Manner mit geubten
Fausten und hier wohl beschlagen (auf die Brust deutend).

Rat. Wohl.

(Gerichtsdiener kommt.)

Gerichtsdiener. Gotz von Berlichingen wartet vor der Tur.

Rat. La?t ihn herein.

(Gotz kommt.)

Gotz. Gott gru? euch, ihr Herrn, was wollt ihr mit mir?

Rat. Zuerst, da? Ihr bedenkt: wo Ihr seid? und vor wem?

Gotz. Bei meinem Eid, ich verkenn euch nicht, meine Herrn.

Rat. Ihr tut Eure Schuldigkeit.

Gotz. Von ganzem Herzen.

Rat. Setzt Euch.

Gotz. Da unten hin? Ich kann stehn. Das Stuhlchen riecht so nach armen
Sundern, wie uberhaupt die ganze Stube.

Rat. So steht!

Gotz. Zur Sache, wenn's gefallig ist.

Rat. Wir werden in der Ordnung verfahren.

Gotz. Bin's wohl zufrieden, wollt, es war von jeher geschehen.

Rat. Ihr wi?t, wie Ihr auf Gnad und Ungnad in unsere Hande kamt.

Gotz. Was gebt Ihr mir, wenn ich's vergesse?

Rat. Wenn ich Euch Bescheidenheit geben konnte, wurd ich Eure Sache gut
machen.

Gotz. Gut machen! Wenn Ihr das konntet! Dazu gehort freilich mehr als
zum Verderben.

Schreiber. Soll ich das alles protokollieren?

Rat. Was zur Handlung gehort.

Gotz. Meinetwegen durft Ihr's drucken lassen.

Rat. Ihr wart in der Gewalt des Kaisers, dessen vaterliche Gnade an den
Platz der majestatischen Gerechtigkeit trat, Euch anstatt eines Kerkers
Heilbronn, eine seiner geliebten Stadte, zum Aufenthalt anwies. Ihr
verspracht mit einem Eid, Euch, wie es einem Ritter geziemt, zu stellen und
das Weitere demutig zu erwarten.

Gotz. Wohl, und ich bin hier und warte.

Rat. Und wir sind hier, Euch Ihro Kaiserlichen Majestat Gnade und Huld
zu verkundigen. Sie verzeiht Euch Eure Ubertretungen, spricht Euch von der
Acht und aller wohlverdienten Strafe los, welches Ihr mit untertanigem Dank
erkennen und dagegen die Urfehde abschworen werdet, welche Euch hiermit
vorgelesen werden soll.

Gotz. Ich bin Ihro Majestat treuer Knecht wie immer. Noch ein Wort, eh
Ihr weitergeht: Meine Leute, wo sind die? Was soll mit ihnen werden?

Rat. Das geht Euch nichts an.

Gotz. So wende der Kaiser sein Angesicht von Euch, wenn Ihr in Not
steckt! Sie waren meine Gesellen, und sind's. Wo habt Ihr sie hingebracht?

Rat. Wir sind Euch davon keine Rechnung schuldig.

Gotz. Ah! Ich dachte nicht, da? Ihr nicht einmal zu dem verbunden seid,
was Ihr versprecht, geschweige -

Rat. Unsere Kommission ist, Euch die Urfehde vorzulegen. Unterwerft
Euch dem Kaiser, und Ihr werdet einen Weg finden, um Eurer Gesellen Leben
und Freiheit zu flehen.

Gotz. Euern Zettel.

Rat. Schreiber, leset!

Schreiber. >Ich Gotz von Berlichingen bekenne offentlich durch diesen
Brief: Da?, da ich mich neulich gegen Kaiser und Reich rebellischerweise
aufgelehnt< -

Gotz. Das ist nicht wahr. Ich bin kein Rebell, habe gegen Ihro
Kaiserliche Majestat nichts verbrochen, und das Reich geht mich nichts an.

Rat. Ma?igt Euch und hort weiter.

Gotz. Ich will nichts weiter horen. Tret einer auf und zeuge! Hab ich
wider den Kaiser, wider das Haus Osterreich nur einen Schritt getan? Hab ich
nicht von jeher durch alle Handlungen bewiesen, da? ich besser als einer
fuhle, was Deutschland seinen Regenten schuldig ist? und besonders was die
Kleinen, die Ritter und Freien, ihrem Kaiser schuldig sind? Ich mu?te ein
Schurke sein, wenn ich mich konnte bereden lassen, das zu unterschreiben.

Rat. Und doch haben wir gemessene Ordre, Euch in der Gute zu uberreden,
oder im Entstehungsfall Euch in den Turn zu werfen.

Gotz. In Turn? mich?

Rat. Und daselbst konnt Ihr Euer Schicksal von der Gerechtigkeit
erwarten, wenn Ihr es nicht aus den Handen der Gnade empfangen wollt.

Gotz. In Turn! Ihr mi?braucht die Kaiserliche Gewalt. In Turn! Das ist
sein Befehl nicht. Was! mir erst, die Verrater! eine Falle zu stellen, und
ihren Eid, ihr ritterlich Wort zum Speck drin aufzuhangen! Mir dann
ritterlich Gefangnis zusagen, und die Zusage wieder brechen.

Rat. Einem Rauber sind wir keine Treue schuldig.

Gotz. Trugst du nicht das Ebenbild des Kaisers, das ich in dem