reißen. Er wußte viele Anekdoten, Geschichten, Streiche, war
nicht boshaft. Und das Wesentliche - seine Entgegenkommen und Aufrichtigkeit
wirkten bezaubernd auf Umgebung, beim Umgang mit ihm zum erstenmal entstand
buchstublich in zehn Minuten die Empfindung, daß Du ihn von der
Offiziersschulerszeit kennst. Und dabei war er kein Schmarotzer, kein
Nichtstuer. Er sturzte als erster dorthin, wo es schwer war, kam zu Hilfe
dem Nahen, und deshalb sowohl die Offiziere als auch die Soldaten in ihm
einen Narren gefressen hatten. Er konnte sowohl in Wort als auch in Tat
helfen, konnte auch mit dem dreigeschossigen unflutigen Fluchen zu
beschimpfen - schimpfte er virtuos, und konnte sich fur den
Mechaniker-Fahrer auch zu setzen und BMP zu fuhren, konnte im Motor auf dem
Frost kramen und gescheit den Unterricht durchzufuhren. Mit einem Wort,
derselbe Typ des Offizieres, den uns die Massenmedien eintrichterten.
Hassend den Feind, seine Gefuhle nicht verbergend, immer fertig, zu Hilfe
kommen, ohne Widerrede. Manchmal war er wirklich zu laut, aber dazu konnte
man schnell gewuhnen. Es ist so Saschka Pachomenko, der bat, damit ihn
"einfach Ilitsch" nannten. Es ist merkwurdig, aber auf dem Krieg
tauchen irgendwie augenblicklich im Geduchtnis seit langem vergessene
Kleinigkeiten in den Beziehungen mit den Leuten auf. Und da liegt jetzt
dieser Possenreißer im Keller des halbzersturten Hauses mit dem Loch
in der Brust. Gott, gib ihm die Krufte.
-Na gut, Arcadiy Nikolaevitsch, gehe ich auf den Bericht zu San
Sanytsch, - mit dem Kopf genickt, bin ich weiter nach dem Korridor gegangen.
- Bei ihm sitzt dort der Vertreter des vereinigten Kommandos. Bachel
ist in der Ausreise im dritten Bataillon, da ruckt dieser peinlich sauberer
Mensch zu Sanytsch den Kopf zurecht. Wieder, wahrscheinlich, wirft man uns
irgendwohin auf den Durchbruch, wo sich ubrige Elitetruppen bescheißt
haben. Bei uns ist es immer so, wie Orden und Medaillen zu bekommen, und in
Moskau das Parlament zu erschießen - das sind die Elitetruppen, und
wie im Winter am Asphalt zu nagen - das ist sibirische "Machra". Dafur
aber sputer wird man uns weggefuhrt, und diese Fruhgeburte werden unter
Blitzlichte der Fotoapparate den schunen Mudchen uber seine Heldentaten
erzuhlen, - er spuckte aus und, mit der Hand zuwinkend, ist zum Ausgang
gegangen.
Im Korridor saßen Soldaten, Offiziere, wer rauchte, wer
schlummerte, sich an von den Kugeln und den Splittern bedeckt en Wunden
angelehnt, , hin und wieder den Kopf auf den Laut der nahen Schusse und der
Explosionen hebend.
Teuer wurde uns dieser Kindergarten zugefallen. Dudajev hat in seine
Zeit erklurt, daß ihm keine Gelehrten nutig sind, aber die Krieger,
deshalb sollten Jungen in der Schule drei Klassen, und Mudchen nur eine
Klasse lernen. Und da die Frauen zu Hause sitzen, so sind auch die
Kindergurten nicht nutig, da ergriffen die an der Regierung nahen Leute die
Kindergurten fur das Schmiergeld, und wo einfach mit der Kraft. Und dieser
auch, neu ausgerustete fur die Villa, gehurte irgendwelchem Bandit. Der
Besitzer und seine Wache schlugen sich fur diesen Gurten mit der Wut.
Ein halber Tag ruucherten wir die Scheusale aus diesem Gebuude aus und
als wir endlich hineingesturmt haben, so haben wir uns uberzeugt, daß
er ganz gut lebte: alles ist in den Teppichen, und nicht fur den
Massenbedarf, aber der Handarbeit, teuere Mubel, Kristall, Porzellan,
Apparatur, die wir nur in der Werbung sahen. Auf den Fotografien haben wir
den Besitzer des Hauses und seine Hausangehurigen aufmerksam erkannt. Wie
sehr auch fehlte es uns an den Frauen, aber niemals sah ich bei ihnen die
Schunheiten, weder auf den Fotografien, noch im Leben. Alle mit den kleinen
Gesichtern, den kleinen uuglein, die Nasen sind irgendwelche Habichtsnasen,
die Munde sind klein, meiner Meinung nach, erinnern sie allzusehr an die
Ratten. uber den Geschmack lußt sich nicht streiten, aber, wie man
sagt, "es gibt keine unschune Frauen, es gibt nur wenig Wodka, aber
ich werde soviel nicht austrinken..."
Mit diesen Gedanken beschuftigt, bin ich in den im Keller liegende Raum
gegangen, dort war der Brigadestab ausgestattet. Die Soldaten-Zeltbahn
zuruckgeschlagen, die den Eingang schloß, habe ich die Tur
gestoßen, und sofort wurde mit Wurme geweht, im Ecke flammte der
heiße kleine Feldkanonenofen . Wahrscheinlich, sind sie nur in der
Armee erhalten geblieben, und vorluufig die russische Armee lebend sein
wird, solange wird dieser Ofen ihre Soldaten auf den Kriegsubungen und auf
den Kriegen erwurmen.
- Genosse Oberstleutnant, Kapitun Mironov ist von der Erfullung der
Aufgabe angekommen, - habe ich berichtet, auf hebenden den Kopf von der
Karte Bilitsch schauend. Neben ihm uber der Karte haben der Oberoffizier des
Stabes - mein Partner, oder, wie wir einander nannten,
"Sachenpartner", Major Ryzhov Jurij Nikolaevitsch, und irgendeiner
unbekannte Major geneigt.
- Seit langem erwartete ich Dich sehnsuchtig, Wiatscheslav
Nikolaevitsch. Wie hat man den Scharfschutzen abgeholt? - hat der Stableiter
gefragt , mir in die Augen forschend schauend. - Sonst stritt Dein Freund, -
hat er auf Ryzhov genickt, - auf den Kasten des Kognaks, daß Du ihn
nicht mitbringst.
- Wenn ich wußte, Alexander Aleksandrovitsch, daß es um den
Kognak geht, so bruchte seinen Kopf immerhin mit. Aber er ist gestorben, der
Hund, von den Wunden und, wahrscheinlich, von der herzlichen
Mangelhaftigkeit. Er war, der Hund, nach seinen Wurtern, unser Landsmann,
aus Sibirien. Auf dem Kolben des Gewehres gibt es zweiunddreißig
Einkerbungen, das Visier ist sehr gutes - japanisches.
- Wo ist das Gewehr? - hat sich Ryzhov interessiert.
- Habe dem Bataillonskommandeur mit Iluin gelassen, als werden sie das
ihren Untergeordneten aufzeigen, so werden jene wutend. Und ihnen selbst ist
das befriedigende Einspeisung.
- Also gut, luge nicht, "Einspeisung". Jetzt brauchen wir nur
eine Einspeisung - Luftstreitkrufte von der Luft, die ungefuhre Anordnung
des Gegners und woher sie, Hurensuhne, die Unterstutzung bekommen. Doch
waren sie zum Krieg nicht fertig und Lager folglich haben sie nicht
bereitgestellt. Weder Waffen, noch Munitionen, noch Lebensmittel.
Das ist noch nicht alles, - habe ich Bilitsch unterbrochen, - bei der
Ruckkehr waren wir beschossen, haben den Gegenkampf angenommen, im
Gegenstoß angegriffen, den Gegner zersturt und auf der Leiche des
Gespenstes entdeckt - da... - habe ich den Wehrpaß des ermordeten
Soldaten Semenov gereicht. - Unser Kumpfer. Semenov ist sein Nachname.
In der Kehle begann wieder das Globusgefuhl, sturend zu sprechen und zu
atmen. Ich habe die Zigaretten herausgezogen, und obwohl Bilitsch nicht
rauchte, entgegnete er aber nicht, mein Zustand verstanden. Nachdem ich
mehrmals auf Lungen geraucht habe und habe gefuhlt, daß dieses
Globusgefuhl zurucktritt, habe ich fortgesetzt:
- Diese Luder folterten ihn wahrscheinlich lange, dann haben sie ihm
noch lebendem das Penis abgeschnitten. Haben, wie Jesus, zum Kreuz
angenagelt. Das Penis haben sie in den Mund hineingesteckt. Wir haben ihn
mitgebracht, die Kumpfer, wahrscheinlich, haben ihn schon ausgeladen. Ja, da
noch, - habe ich die ubrigen Wehrpusse gereicht, - diese habe ich auch auf
dem Gespenst genommen. Unsere gibt es mehr nicht.
San Sanytsch hat mich aufmerksam angehurt, geradeaus in die Augen
schauend, dann, die gereichten Wehrpusse genommen, hat fließend sie
durchgesehen, nur auf die Nummern der Truppenteile beachtend, hat
geschlossen, vom Stoß zusammengelegt und dem unbekannten Offizier
gereicht.
- ubrigens, lerne kennen, - hat er sich zum Major gewendet, - Major
Karpov Wiatscheslav Viktorovitsch, der Vertreter des vereinigten Kommandos,
der Offizier des Generalstabes. Und es, - auf mich gezeigt, - Kapitun
Mironov, der Oberoffizier des Stabes, der Abenteuerer, immer zieht man ihn
in den Kampf, er kann sich nicht entwuhnen, daß er schon nicht der
Kompaniekommandeur, aber Stabsoffizier ist, - irgendwie vuterlich hat mich
San Sanytsch gerugt.
Vom Erstaunen wurde ich ein wenig stutzig, da erwartete ich auf keine
Weise, daß so warm mein Leiter uber mich sagen wird. Ich habe die Hand
gereicht, Major als Antwort hat die Handfluche auch gereicht:
- Wiatscheslav, - wurde er vorgestellt.
Also, der Namensbruder. Werden wir schauen, was fur ein Vogel und zu
welchem Zweck du hierher angekommen bist. Wie es scheint, ist er sehr
großes Tier, wenn man zu uns geschickt hat. Kann sein, daß man
uns vor der tudlichen Aufgabe gutig stimmen will, oder anschauen, was fur
Atmosphure im Kollektiv ist, um sputer den Kommandeur zu entlassen. Diese
Moskauer fetten Kater lieben solche Tricks.
Aufmerksamer habe ich ihn betrachtet, die Fresse ist bekannt, aber wo
ich ihn sah, konnte sich vorluufig nicht erinnern. Gut, sputer werden wir
uns klarwerden. Aber daß er der Moskauer ist, um so mehr aus dem
Generalstab, hat sofort bei mir, wie bei einem beliebigen Truppenoffizier,
Frontkumpfer, die Antipathie erregt. Alle Nute sind von den Moskauern, und
sie alle sind Scheißkerle, Habgierige und Knauser. Dieses Axiom
wußte ein beliebiger Soldat, zu schauend, wie sie auf die Prufungen
ankamen, und beschuftigten sich mit nichts, außer der Trunksucht. Und
sputer nahmen die großen ausgiebigen Geschenke mit. Fruhgeburte, mit
einem Wort, sind diese Moskauer. Wir befinden uns hier teilweise
seinetwegen. Moskau plante sowohl ersten, als auch diesen Sturm Grosnys. Der
25. November und der erste Januar werden von den schwarzen Tagen in Annalen
der russischen Armee eingehen.
Das alles hat augenblicklich im Kopf vorubergezogen, solange ich die
Hand des Moskauers schuttelte und von sich die uhnlichkeit des Luchelns
auspreßte. Ich denke, daß sich meine Gedanken auf meiner
geruucherten Fresse sehr gut widergespiegelt wurden. Aber ich konnte
unmittelbar jetzt nicht, in Anwesenheit von San Sanytsch, den ich stark
respektiere, diesen Geck zum Teufel schicken.
- Wiatscheslav, - als Antwort wurde ich dem Moskauer Geck vorgestellt.
- Major Karpov, bringen Sie diese Wehrpusse in den Hauptquartierstab,
sollen sie sich dort klarwerden, wessen Soldaten sind das, und die
Verwandten in Kenntnis setzen werden, - hat San Sanytsch ihm die Dokumente
gereicht.
Der Moskauer hat einverstanden mit dem Kopf genickt und, die Wehrpusse
genommen, sie nicht betrachtend, nicht nachzuhlend, hat sogar nicht in die
innere Tasche, wie es der normale Offizier immerhin aus der Achtung zu
Abgestorbenen gemacht hutte, aber in die uußerliche Tasche der
Matrosenjacke gesteckt, die auf der Lehne des Stuhles hing.
Mich hat es tuchtig am wunden Punkt getroffen, mit dem schlecht
verborgenen urger in der Stimme habe ich bei diesem Huhrensohn gefragt:
- Sehr geehrter, ob du die Wehrpusse verlieren wirst, doch sind die
Leben hinter ihnen?
Sowohl San Sanytsch als auch Ryzhov, den Zorn in meiner Stimme bemerkt,
haben auf diesen hineingeflogenen Vogel wie auf den Feind des Volkes
angeschaut. Jener hat, seinen Fehler wahrscheinlich verstanden, etwas in den
Bart gebrummt und die Dokumente krampfhaft zu sich in die innere Tasche der
Jacke umgelegt. Dabei hat er, Scheusal, sehr ausdrucksvoll mich angeschaut,
als wollte mich zu Pulver zerreiben. Also, also, Bube, schaue an, ich kann
mit dem Blick den betrunkenen Kumpfer bundigen, und dich, geschniegelte
Laffe, werde ich mit dem Blick und mit dem MPi auf die Knie stellen. Ich
habe den Blick seiner wusserigen wenig ausdrucksvollen Augen ertragen. Und
er selbst sah als Jammerlappen aus. Von der Gruße irgendwo ein Meter
siebzig, und vielleicht, sogar kleiner, mager, mit dem kleinen Kopf. Ganz
weiß - weiß, fast der Albino, nur die Augen sind nicht rote,
aber irgendeine farblose. Er machte irgendwie sofort den abstoßenden
Eindruck, und noch sein langer Pony, den er stundig in Ordnung brachte, gab
zu seinem uußere irgendwelchen unmerklichen weiblichen Anfang dazu.
Und vielleicht, ist er "schwul", hat im Kopf ein toller ungezogener
Gedanke vorubergezogen. Der Offizier des Generalstabes - Schwule. Da wird
Bambule entstehen. Und was, man sagt, in Moskau ist es jetzt modisch - die
sexuelle Orientierung zu undern. Nein, ich werde mit ihm nebenan nicht
schlafen. Obwohl, aller Wahrscheinlichkeit nach, ist er einfach farblos, wie
der Fisch, wie die Meduse. Man muß diesem "Hinterlader"
anbieten, in irgendeine Muhrenfarbe zu furben, es wird lustiger sein. Und
dem Scharfschutzen wird es die Arbeit auch erleichtern.
Ich habe mich auf eine Sekunde Major Karpov vorgestellt, in die rote
Farbe gefurbt, und das Lucheln hat meine Lippen ausgedehnt. Karpov begann
nervus sich anzusehen - vielleicht, ist etwas bei ihm mit der Kleidung nicht
in Ordnung? uberzeugt, daß mit der Form bei ihm alles in der Norm ist,
und verstanden, daß ich frech uber ihm lache, hat er als Antwort buse
auf mich angestarrt.
San Sanytsch, mein Explosionscharakter wissend, um die Atmosphure zu
entspannen, hat gesagt, zu allen Anwesenden wendend:
- Genug jetzt Runke gegeneinander schmieden, jetzt gehen wir die Leiche
von Semenov anzuschauen, machen die Papiere auf, und Sie, Wiatscheslav
Viktorovitsch, - hat er auf Karpov angeschaut, - mussen ihn in den Flughafen
fur die Befurderung nach Hause bringen.
Wir zogen uns zum Ausgang. Im Hof standen schon sowohl die Soldaten als
auch die Offiziere. Die Leiche von Semenov war auf die ausbreitete Zeltplane
akkurat gelegt, die Hunde waren auf der Brust zusammengelegt, auf dem
Handrucken waren klar die Spuren von den Nugel sichtbar, das Gesicht hat
jemand vom Soldatentaschentuch sorgsam bedeckt. Stehende ringsum, die Mutzen
abgenommen, standen einfach und bewahrten das trauervolle Schweigen, und nur
nach den gespannten Figuren und den Gesichtern konnte man vermuten, was in
der Seele bei jedem gescheht. Das Gluck des Scharfschutzen, daß man
ihm dort den Garaus gemacht hat, sonst lebte er hier lange noch, zu seinem
Verdruß.
Bilitsch ist zum Verstorbenen gekommen, hat das Tuch gehoben, in das
schmutzige Gesicht mit der auf ewig starren auf ihm Maske des Schreckens
angeschaut, geseufzt und, umgedreht zu stehenden nebenan Klejmenov, hat
befohlen:
- Arcadiy Nikolaevitsch, fertigen Sie Erkennung der Leiche aus und
bereiten Sie zur Absendung vor. Der Vertreter des Hauptquartiers nimmt ihn
mit, wenn fahren wird.
- Gut, Alexander Aleksandrovitsch, - und schon zu umgebenden Kumpfern,
- Nehmen Sie den Helden und bringen ins Gebuude, dort ist wurmer, da
schnuren wir zu, und rufen Sie den Schreiber, soll er die Akte der
Erkennung, die Benachrichtigung vom Tod und alles, was es dort notwendig
ist, vorbereiten.
Alle haben gleichzeitig begonnen, zu hasten, sich zu bewegen. Bilitsch
hat gesagt, zu mir, Ryzhov und Moskauer Geck zu wendend:
- Gehen wir zu Abend essen.
Ich hatte, naturlich, nichts dagegen, etwas zu mir nehmen und hundert
Gramme zu trinken, aber nicht in der Gesellschaft dieser farblosen Fresse,
deshalb habe mich huflich abgesagt:
- Danke, Genosse Oberstleutnant, aber ich sputer, man muß von der
Weg mich sauber waschen, den Rapport uber den Scharfschutzen und Semenov
vorbereiten, und es gibt viel laufende Geschufte, man muß machen.
- Wie Du willst, aber um 21.00 sollst Du zu mir auf den Bericht, und
der Brigadekommandeur soll zu dieser Zeit zuruckkehren, - aufmerksam auf
mich schauend, hat San Sanytsch gesagt. Es scheint, hat er verstanden, worin
wahrhafter Grund meiner Absage vom gemeinsamen Abendessen liegt.
Sie sind in das Gebuude gekommen, ich habe angeschaut, wie die Kumpfer
auf der Plane alles in das Gebuude forttrugen, was von Semenov blieb, habe
gewendet und bin zu meinem Auto gegangen.
Jeder Offizier des Stabes hat sein Auto. Wir mit Jurka Ryzhov hatten
einen GAS-66 mit Furnierhuuschen. Obwohl viele Offiziere die wenigen Minuten
der Erholung in den Kellern durchzufuhren vorzogen, liebten wir mit Ryzhov
unseres Huuschen. Es war bei uns auch der Fahrer Harin Paschka, die
Gruße der Meter siebzig, weit in den Knochen, die Fresse breit, fast
immer luchelnd, die uuglein klein, dafur die Haare rot, nach der
Soldatenmode der fast abrasierte Nacken und der flatternde Schopf. Nach
seiner Natur war Paschka Spitzbube, Gauner, Schleicher, aber ich beobachtete
ihn mehrfach im Kampf, er fuhrte oftmals von der Beschießung das Auto
mit uns zusammen hinaus, und deshalb liebten wir ihn und vertrauten ihm. Und
im friedlichen Leben war dieser Paschka eigenmuchtig, buseste Verletzer der
Disziplin, Liebhaber eins hinter die Binde gießen, Schurzenjuger.
Dort, woher wir kamen, erwartete ihn die schwangere Braut. Bis zur
Beurlaubung blieb ihm ein Jahr. Paschka wußte buchstublich alles, was
in der Brigade geschah, die warmen freundschaftlichen Beziehungen mit allen
Kumpfern des Stabes, des Verbindungszentrums, der Gaststutte unterstutzend.
Er versorgte uns mit allen Neuigkeiten, einige Sachen erfuhr er fruher uns,
die Information von den Nachrichtensoldaten bekommend, was uns die Zeit gab,
sich vorzubereiten und bei der Erurterung beim Kommandeur oder Sanytsch die
gescheiten Antworten und Vorschluge zu geben, wuhrend andere die bekommene
Information nur noch durchdachten. Das Kommando schutzte uns fur diese
Ratschlage und achtete, wie die sachkundigen Offiziere. Naturlich, sind wir
selbst nicht von gestern, aber sturte es auch nicht.
Zum Auto gekommen, habe ich mit der Befriedigung bei mir gedacht,
daß Paschka an diesen Tag dazugekommen ist, die Papiersucke mit Sand
anzufullen und mit ihnen das Auto zu bedecken. Jetzt kann man ruhiger atmen,
und aus dem Rohr uber dem Eingang wirbelt die Rauchfahne auf, das bedeutet,
daß es Wurme, heiße Wasser, trocknen Zigaretten gibt. Ich bin
zur Tur gekommen und, die nicht uffnend, habe gerufen:
- Paschka! Wo bist Du?
- Ich bin hier, Genosse Kapitun. Ich bewache.
Aus der Dummerung ist die Figur von Paschka aufgetaucht, ich habe die
Stelle angeschaut, die er fur die Wache gewuhlt hat, und habe bei mir
gedacht, daß es gescheit gemacht ist.
- Also was, mein unehlicher Sohn, womit wirst Du den Vater erfreuen?
Wie benahm Du Dich? - habe ich mich zu Paschka scherzhaft gewendet.
- Alles ist gut, Wiatscheslav Nikolaevitsch. Da, habe das Auto mit dem
Sand bedeckt, Eßwaren besorgt.
Mit den Eßwaren war das Problem, so wie auch mit den Matratzen,
der Leibwusche, der Bekleidung. Ruckwurtige Kolonnen sind noch auf
"Nurdlich" zuruckgeblieben, hatte keinen Sinn, sie unter den
zahlreichen Beschießungen zu schleppen. Nur fuhrten uns die
gießende Soldaten mit der Wache unter den Beschießungen den
Brennstoff fur Autos und Dieselstromaggregate zu. Naturlich, war immer bei
jedem Soldaten, Offizier in jedem Auto, BMP, Panzer der Vorrat an
Schmorfleisch, konservierten Grutzen mit dem Fleisch, aber ist es denn
Essen? So, der direkte Weg zum Magengeschwur. Deshalb beschuftigten sich
alle ausnahmslos stundig mit der Beschaffung des Lebensunterhaltes fur sich.
Da waren beim Sturm dieses netten ehemaligen Kindergartens in den
Kellern die auskummlichen Vorrute der Lebensmittel und der alkoholischen
Getrunke entdeckt. Vieles haben wir schon aufgegessen und ausgetrunken, aber
wir wußten auch, wer am meisten Lebensmittel und alkoholischen
Getrunke zusammengeschaufelt hat, und, mal den persunlichen Reiz, mal die
Gewandtheit und die Frechheit von Paschka benutzend, entkulakisierten
periodisch die Nachrichtensoldaten.
- Suhnchen, - zu Paschka wendend und in Huuschen kletternd, - mit
welchen mannigfaltigen Delikatessen und uberseeischen Likuren wirst Du
Deinen alten, kranken Vater erfreuen?
- Der hollundische Schinken, das geruucherte Hammelfleisch, die
Sardinen, meiner Meinung nach, franzusische, und zwei Fluschchen Kognak,
laut dem Etikett auch franzusische, - berichtete er.
- Gibt es heißes Wasser? - habe ich mich interessiert, von mich
Waffen, Matrosenjacke und ubrige Ausrustung ausgezogen.
- Gibt es, der volle Teekessel, - hat Paschka berichtet, die MPi hinter
den Rucken werfend.
- Gehen wir, wirst Du begießen, und dann zu Abend essen, - ich
bin schon dazugekommen, die Wurme in Huuschen zu genießen und jetzt
habe mit der großen Unlust einen Schritt in den Dummerungsfrost getan,
um so mehr, daß man mich ausziehen mußte.
Ich habe begonnen, mich lange und fleißig zu waschen, wie der
Kater zu fauchend, und den zugenagelten die Nasenlucher und den Mund Staub
auszuspuckend. Es war noch kein Badehaus, und deshalb haben wir im Flughafen
die erfrischenden Servietten und irgendwelches billige polnische
Kulnischwasser mitgenommen und, periodisch splitternackt auszuziehend,
rieben uns mit ihnen ab. Die Unterwusche warfen wir einfach weg, neue
anziehend.
Wuhrend ich mich von neuem bekleidete, in Huuschen zuruckgekehrt, und
putzte die MPi mit den Lumpen, hat Paschka den Schinken und stinkende
geruucherte Hammelrippchen geschnitten, Buchse der Sardinen geuffnet. Im
Zentrum des Tisches hat er die ungeuffnete Flasche Kognaks mit der
Aufschrift "Henessi" aufgerichtet. Ich habe die Flasche geuffnet und
am Inhalt gerochen, es duftete befriedigend. Habe nach Plastikbecher
eingeschenkt. Mich mehr, dem Paschka weniger. Habe das Glas gehoben, auf das
Licht gesehen, geschuttelt, noch einmal gerochen, das Geruchs gefiel mir
bestimmt.
- Also, Pavel, fur den Erfolg.
Anzustoßend, haben wir ausgetrunken.
- Wiatscheslav Nikolaevitsch, und warum haben Sie den Scharfschutzen
nicht mitgenommen?
- Weißt Du selbst, wahrscheinlich. Sind schon Klebestoff, Semjon,
Amerikaner, und andere dazugekommen, zu erzuhlen? Er ist von der herzlichen
Mangelhaftigkeit und von den bekommenen Wunden gestorben, und ubriges ist
fur Dich zu hoch. Erzuhle, welche Neuigkeiten. Ist der Krieg noch nicht
beendet?
- Ni-i-icht, - hat Paschka gedehnt gesagt, - ist nicht beendet, aber es
ist der Befehl da gegeben, die Einnahme Hotels "Kaukasus" zu
forcieren. Verspricht man mit der Luftfahrt zu unterstutzen. Und sputer
wirft man ganze Brigade, den Platz Minutka mit dem Dudaev-Palast zu sturmen.
- Da fallen wir dort, weil mit einer Brigade solchen Komplex zu sturmen
Selbstmord ist. Was noch?
- Im zweiten Bataillon ist der Stableiter verwundet. Und sitzt dort
zusammen mit ihnen der Sunger Schevtschuk aus "DDT". Haben Sie daruber
gehurt?






    Russ
    English version
    ---------------------------------------------------------------




    Vjatscheslav Mironov - wurde 1966 in Kemerovo, in der Familie eines
    Militurangehurigen geboren. Er wollte sich an dem „Marijski
    Politechnisches Institut" bewerben, beendete aber die „Kemerovo
    Militurkommandantenschule der Nachrichtentruppen". Seinen Dienst leistete er
    in Kischinev, Kemerovo, Novosibirsk, momentan dient er (nicht in den
    Streitkruften) in Krasnojarsk. Er war in verschiedenen Dienstgraden im
    Einsatz in Baku, Zhinvali, Kutaisi, Pridnestrovje, Tschetschenien. Mironov
    war zweimal verwundet, hatte unzuhlige Kontusionen (vorubergehender
    Gehurverlust). Er ist verheiratet, erzieht einen Sohn. Zuhause hat er zwei
    Hunde. Studiert an dem „Sibirischen Juristischen Institut".


    In diesem Buch spielen sich die Ereignisse im Januar 1995 in der Stadt
    Grozny ab. Der Verfasser war unmittelbarer Zeuge und Teilnehmer der
    beschriebenen Geschehnisse.









































      * Teil 1 *





      1




    Ich renne. Die Lungen explodieren. Das Atmen hat mich fertig gemacht.
    Man ist gezwungen zick-zack zu laufen, oder wie man bei uns in der Brigade
    sagt, „Schraubenartig".
    Gott, hilf mir... Hilf. Hilf mir dieses wahnsinnige Tempo auszuhalten.
    Es reicht, wenn ich hier raus komme, gebe ich das Rauchen auf. Zink, zink.
    Ein Heckenschutze? Ich wirf mich auf den Boden und krieche, krieche aus der
    Schusszone.
    Ich bleibe liegen und denke, dass ich noch mal Gluck gehabt habe - kein
    Heckenschutze, nur eine „verirrte Kugel".
    So, einwenig zu Atem kommen, orientieren und vorwurts - den
    Kommandopunkt des ersten Bataillons der eigenen Brigade suchen. Nur ein paar
    Stunden zuvor kam von dort ein Bericht daruber, dass sie einen
    Heckenschutzen gefangen genommen haben. Aus dem Bericht geht hervor, dass er
    Russe sei, nach seinen eigenen Angaben, sogar aus Novosibirsk. Scheiß
    Landsmann. Gemeinsam mit den Aufklurern, auf zwei BMPus (Schutzenpanzer),
    brach ich auf, um den Gefangenen zu holen, mein Partner blieb im
    Hauptquartier der Brigade.
    Beim Annuhern an den Bahnhof trafen wir immer ufter auf verbrannte,
    verstummelte Technik (Fahrzeuge, Panzer) und viele Leichen. Die Leichen
    unserer Bruder-Slawen, - das ist alles was von der Majkopskaja Brigade ubrig
    geblieben ist, die die Duhi (russ. Geister - Tschetschenen) in der
    Silvesternacht 94-95 erschossen, verbrennt haben. Oh Gott, hilf mir hier
    rauszukommen... Man erzuhlte, als das erste Bataillon die „Teufel" aus
    dem Bahnhofsgebuude rausschlug, einer der Soldaten, nachdem er die Umgebung
    genau angeschaut hat, anfing wie ein Wolf zu heulen. Und seitdem hielten
    alle Abstand von ihm - ein Wahnsinniger. Geht nach vorne, wie verhext,
    nichts furchtet er und nichts jagt ihm Angst ein. Und solche verzweifelte
    gibt es in jeder Truppenabteilung - auch bei uns, und bei dem Feind. Ah
    Russland, was machst du den mit deinen Suhnen?! Man wollte den Burschen in
    ein Krankenhaus schicken, aber wie den - nicht mal die Verletzten kunnen wir
    rausfuhren, und dieser ist zwar verruckt, aber der kumpft. Auf dem
    „Festland" kann er ganz den Verstand verlieren.
    Gerade mal ein paar Huuserblocks weiter gerieten wir unter einen
    wahnsinnigen Beschuss. Die Duhi schossen von oben, das Feuer war heftig -
    ca. 20 Gewuhre - aber unkoordiniert. Wir mussten den BMP stehen lassen und
    mit ein paar Soldaten zu Fuß zu unseren Stellungen vorrucken. Gut,
    dass die Leute einwenig erfahrener geworden sind, haben sich etwas gewuhnt.
    Am Anfang war es so, dass man wie dieser Soldat, wie ein Wolf heulen musste.
    Die Soldaten sind noch unerfahren, einige kriechen nach vorne, und die
    anderen muss man mit Arschtritten und Geschrei aus den Schutzengruben und
    den Fahrzeugen herausprugeln. Ich selbst, na gut, hab Baku, Kutaisi,
    Zhinvali, Pridnestrovje hinter mir, und jetzt noch dieses Tschetschenien.
    Schau ma mal, nur aus dieser Hulle herauskommen. Nur unversehrt. Wenn ich
    ein Kruppel werden sollte, dann habe ich ein nettes Spielzeug in meiner
    Tasche - eine Granate RDG-5. Fur mich wird's reichen. Hab schon genug
    gesehen wie die verkruppelten Helden der vergangenen Kriege zu Friedenszeit
    leben, die die Befehle des Vaterlandes, der Partei, der Regierung und was
    weis ich noch wessen ausfuhrten, fur die „Wiederherstellung der
    Verfassungsordnung" in sumtlichen Gebieten der ehemaligen Union. Und jetzt
    wieder einmal zersturen wir unsere, russische Erde auf den geheimen Befehl
    von Irgendjemanden...
    Das alles blitzte in sekundenschnelle im Kopf auf. Umgeschaut - druben,
    nicht weit haben sich meine Kumpfer verschanzt, schauen herum. Die Fressen
    sind schwarz, nur die Augen und die Zuhne leuchten. Ich selber bin
    wahrscheinlich auch nicht besser. Ich zeige dem einen mit dem Kopf, den
    anderen mit der Hand die Bewegungsrichtung - vorwurts, vorwurts zick-zack,
    „Schraubenartig", rollen. In der Winterjacke kommt man nicht sehr weit
    mit dem Rollen. Der Schweiß uberschwummt die Augen, von den Kleidern
    steigt Dampf auf, im Mund der Blutgeschmack, in den Schlufen donnert es. Man
    hat Adrenalin im Blut bis zum umfallen. Wir sprinten auf kurze Distanzen
    uber zerbrochene Ziegeln, Beton, Glas, versuchen offene Stellen der Strasse
    zu meiden. Sind bisher noch am Leben, Gott sei dank.
    Zink, zink! Verdammte Scheiße, wirklich ein Heckenschutze? Wir
    schlupfen in einen naheliegenden Keller. Die Granaten sind bereit - was oder
    wer erwartet uns dort? Ein paar Leichen. Der Uniform nach sindus unsere -
    Slawen. Mit einem Kopfnicken zeige ich das einer aus dem Fenster beobachten
    soll, selber stelle mich beim Eingang hin. Der zweite Soldat kniet uber
    einen der Getuteten nieder, nimmt seine Papiere, reißt ihm seine
    Erkennungsmarke vom Hals. Das selbe macht er mit dem zweiten. Den Burschen
    ist es schon egal, aber die Familien mussen unbedingt verstundigt werden.
    Ansonsten werden diese „Klugscheißer" von der Regierung ihnen
    keine Pension zahlen, mit der Begrundung, dass die Soldaten verschollen,
    oder gar zum Feind ubergelaufen sind.
    - Und hast du die Papiere? - frage ich.
    - Habus, - antwortet Gefreiter Semenov, auch als „Semen" bekannt.
    - Wie werden wir weiter gehen?
    - Jetzt uber den Keller kommen wir auf die andere Straße, dort
    ist schon das erste Bataillon. Haben wir Verbindung zu ihnen? - frage ich
    den Funker, Gefreiter Harlamov. Spitzname „Kleber". Riesige Hunde hat
    der, schauen aus den urmeln heraus, wenn man ihn zum ersten mal sieht,
    glaubt man das diese Hunde einem Gorilla rausgerissen und einem Menschen
    angenuht wurden. Aber warum er den Spitznamen „Kleber" bekommen hat,
    weis niemand mehr.
    Unsere Soldaten sind alle aus Sibirien. Und alle gemeinsam sind wir
    „MACHRA", vom Wort Machorka (selbstgezuchtetes, billiges Tabak). Nur
    in den Buchern uber den zweiten Weltkrieg und in den Filmen nennt man die
    Infanterie „die Kunigin der Felder", im wirklichen Leben nennt man sie
    - „MACHRA". Und ein einzelner Infanterist ist ein „MACHOR". So
    istus.
    - Und nimm Verbindung mit den „Schachteln" (Panzer) auf, - das
    sind unsere BMPus die wir in der Nuhe des Bahnhofs gelassen haben, - frag,
    wie es bei ihnen steht.
    „Kleber" ging vom Fenster weg und fing an in das Funkgerut zu
    nuscheln, zuerst mit der Kommandozentrale des ersten Bataillons und
    anschließend mit unseren BMP`s.
    - Alles klar, Herr Hauptmann - berichtet der Funker. - „Hugel"
    wartet auf uns, die „Schachteln" wurden beschossen, sie haben sich um
    ein Huuserblock zuruckgezogen.
    - Gut, gehen wir, sonst erfrieren wir noch, - huste ich. Endlich atme
    ich wieder normal, ich spuke einen gelb-grunen Schleim auf den Boden -
    Folgen des jahrelangen Rauchens. - Ah, sagte doch die Mama zu mir:
    „lern Englisch".
    - Und zu mir sagte sie: „Du sollst nicht in den Brunnen
    herumkriechen", - meldet auch der Semen.

    Nachdem wir aus dem Fenster auf der anderen Seite des Hauses
    rausschauten und keine Spuren der Anwesenheit des Gegners entdeckten,
    rannten wir, fast vierfach geduckt, in kurzen Sprinten richtung Bahnhof.
    uber der Stadt donnern die Flieger, lassen Bomben fallen und
    beschießen aus unerreichbarer Huhe Positionen von Irgendwem. Hier gibt
    es keine einzige Frontlinie. Die Gefechte werden stellenweise gefuhrt, und
    manchmal sieht es wie ein Blutterteigkuchen aus: Duhi, unsere, wieder duhi
    usw. Kurzgesagt - ein Irrenhaus, Zusammenarbeit gibt es so gut wie keine.
    Besonders schwierig ist es mit den Streitkruften des Innenministeriums zu
    arbeiten. Eigentlich ist es ihre Operation, uns wir - machra - machen fur
    sie die ganze Arbeit. Nicht selten passiert es das wir gleichzeitig ein und
    dasselbe Objekt sturmen, nichts von einander wissend. Manchmal leiten wir
    die Flieger und die Artillerie auf sie, und sie auf uns. In der Dunkelheit
    fangen wir miteinander Gefechte an, nehmen eigene Soldaten gefangen.
    Und jetzt wiedereinmal gehen wir richtung Bahnhof, wo fast die ganze
    Majkopskaja Brigade verreckt ist. Verschwand in der Silvesternacht, ohne
    vorher die Zugunge, die Zusammensetzung und die Anzahl der Duhi genau zu
    erkundigen. Als die Majkopzi nach dem Gefecht sicht zu entspannen anfingen
    und einzuschlafen begannen - kein Wunder, mehr als eine Woche kein Schlaf,
    die Soldaten hielten sich nur dank Wodka und Adrenalin wach - kamen die Duhi
    ganz nah und erschossen sie aus kurzer Distanz. Alles wie beim Chapajev, der
    die Wachposten zu postieren vergessen hat. Und hier sind die Wachleute
    eingeschlafen, so schlitzte man sie leise auf. Es brannte alles was brennen
    konnte. Von dem rausgeschuttetem Treibstoff brannte die Erde, der Asphalt,
    die Huuserwunde. Die Menschen rannten in diesem Hullenfeuer umher: einige
    schossen zuruck, manche halfen den Verwundeten, manche haben sich selbst
    erschossen, um nur nicht in die Hunde der Duhi zu geraten, manche rannten
    davon - man darf sie nicht deswegen verurteilen. Und wie huttest du dich,
    Leser, in dieser Hulle verhalten? Weist es nicht? Na also, und deswegen hast
    du kein Recht uber sie zu urteilen.
    Niemand weis wie sie starben. Der Kommandeur der Brigade hatte beide
    Beine mehrmals gebrochen, und gab bis zum Schluss Befehle, obwohl er sich in
    ein sicheres Gebiet zuruckziehen konnte. Gott, bewahre ihre Seelen und
    unsere Leben...
    Als unsere Brigade, mit schwuren Gefechten, zu den Majkopzi
    durchgedrungen ist, mussten sich die Panzer durch Haufen von Leichen
    durchbrechen, durch die Leichen unserer Bruder-Slawen... Und wenn du siehst,
    wie die Ketten der Panzer und der BMPus die Leibe zerbrechen, zermalen, die
    Eingeweide auf die Ruder aufrollen, die Eingeweide jener, die genauso sind
    wie du; wenn mit einem Knirschen ein Kopf unter der Panzerkette zerplatzt,
    und alles herum furbt sich mit einer grau-roten Hirnmasse, - einer
    Hirnmasse, eines vielleicht nicht zustandegekommenen Genies, Poeten,
    Wissenschaftlers oder einfach eines guten Kerls, Vaters, Bruders, Sohnes,
    Freundes, der nicht feige war, nicht davongerannt ist, sondern in dieses
    verschissene Tschetschenien fuhr, der vielleicht bis zum Schluss nicht ganz
    begriffen hat was uberhaupt passiert ist; wenn die Stiefel auf einer
    blutigen Masse ausrutschen - dann ist das wichtigste uber nichts
    nachzudenken, sich nur auf eins zu konzentrieren: vorwurts und uberleben,
    vorwurts und uberleben, die Leute heil zuruckbringen, weil die Soldaten die
    du verlierst in deinem Schlaf wiederkommen werden. Und dann wirst du
    Beerdigungsbriefe und Leichenidentifikationsberichte schreiben mussen.
    Dem schlimmsten Feind wunsche ich so eine Arbeit nicht. Lieber, in
    einer Attacke ersaufen, mit herausdruckenden Augen, mit dem lieben AKS von
    links nach rechts herumballern, als in einem Feldbunker diese schrecklichen
    Dokumente zu schreiben. Wozu alle diese Kriege? Aber, ehrlich gesagt, keiner
    von uns hat bis zum Ende begriffen was hier geschieht und was hier geschah.
    Es gibt nur ein Ziel - uberleben und die Aufgabe ausfuhren, mit den
    minimalen Verlusten. Wenn du es nicht ausfuhrst - schicken die andere her,
    die vielleicht wegen deiner Unfuhigkeit, Feigheit, deines Wunsches Nachhause
    zuruckzukehren, unter dem Maschienengewehrfeuer zusammenbrechen, von den
    Granaten- und Minensplittern auseinandergerissen werden oder in
    Gefangenschaft geraten. Und alles wegen dir. Ein ungutes Gefuhl eine solchen
    Verantwortung zu tragen? Find ich auch.

    „Kleber" bemerkte eine Bewegung in dem Fenster eines
    funfstuckigen Hauses, das an den Bahnhofsplatz anschloss, und konnte noch
    herausschreien: „DUHI!!" bevor er wegrollte. Ich und Semen
    verschanzten uns hinter einem Betonhaufen. „Kleber" fing an, hinter
    der Ecke auf das Fenster zu ballern, und wir machten wie verruckt die
    Granatenwerfer zum schießen bereit.
    Ah, was fur ein wunderbares Stuckchen dieser Granatenwerfer ist, auch
    liebevoll „podstvoljnik" oder „podstvoljnitschek" genannt. Wiegt
    aber nicht wenig - ca. 500g. Er wird unter dem Gewehr befestigt. Man kann
    direkt oder unter einem Winkel feuern. Er Stellt ein kleines Rohr mit einem
    Abzug und einer Sicherung dar. Es gibt auch ein Visier, aber in den ersten
    Tagen der Kumpfe, haben wir uns so antrainiert, dass wir auch ohne ihn
    auskommen. Aus dem Granatenwerfer, Marke GP-25, kann man eine Granate in ein
    beliebiges Fenster reinwerfen, oder wenn nutig uber jedes Gebuude
    druberschmeißen. Geradeaus schießt er auf ca. 400m Entfernung,
    Splitterradius - 14m. Toll! Wie viele Leben der schon in Grozny gerettet
    hat, kann man nicht mehr nachzuhlen. Wie soll man in einem rasanten Gefecht
    die Hecken- und die Scharfschutzen aus den obersten Stockwerken eines
    Gebuudes in der Stadt rausschlagen? Keine Ahnung. Bis du die Flieger,
    Artillerie erreichst, bis du dich zuruckziehst, oder bis du deine
    „Schachteln" geholt hast, die ubrigens von den Grenadieren verbrannt
    werden kunnen... Aber so hat jeder Soldat einen eigenen Granatenwerfer, und
    ruuchert den Gegner allein aus. Es gibt noch einen unbestrittenen Vorteil
    der Granaten der Granatenwerfer, und der wure: sie explodieren beim
    Aufprall. In einem Huuserkampf, wenn sich der Gegner in den oberen
    Stockwerken befindet, schmeißt man eine gewuhnliche Handgranate hin,
    die aber, nachdem du den Ring rausgezogen hast, eine Verzugerung von 3-4
    Sekunden hat. Du ziehst den Ring raus, schmeißt sie nach oben, und die
    scheiß Granate schlugt irgendwo auf und fliegt zu dir zuruck. Erst
    sputer, am 15-17 Junner, brachte man uns die „Berg"- oder wie wir sie
    nannten „AfganGranaten". Dieses Teil explodiert nur dann, wenn es auf
    etwas hartes aufschlugt. Und noch vor dem, ist jemand auf eine Idee
    draufgekommen: wenn man eine Granate von dem Granatenwerfer gegen die
    Stiefelsohle aufschlagt, wird die Granate scharf - und dann schmeißt
    man die Kleine weit weg. Und wenn sie auf einen Wiederstand aufstußt,
    explodiert sie und luscht alles Leben in der Umgebung aus.
    So fingen wir mit dem Semen an die Granaten mit dem Granatenwerfer in
    das Fenster zu schießen, in dem „Kleber" eine Bewegung bemerkte.
    Semen schaffte es beim ersten Versuch, ich beim zweiten. Die erste, Hure,
    prallte gegen die Mauer und explodierte. Ein Teil der Wand fiel runter und
    wirbelte eine riesige Staubwolke auf.
    Wir nutzten dies und uberquerten zu dritt, auf das Haus blickend, die
    offene Stelle. Laufend und Kriechend schafften wir es, nach zwei Huusern,
    endlich bis zu den Eigenen.
    Diese Vollidioten haben uns vor Schreck fast niedergeschossen, da sie
    uns am Anfang fur die Duhi hielten.
    Sie begleiteten uns bis zur Kommandostelle, wo wir den Kombat
    (Kommandeur eines Bataillons) fanden.

    Ein harter Hund ist der Kombat. Besonders groß ist er nicht, aber
    als Kommandeur, als Mensch - eine Gruße. Na ja, was soll man sagen,
    unsere Brigade hatte echtes Gluck mit den Kommandeuren. Ich werde nicht lang
    die guten und die schlechten Seiten jedes einzelnen beschreiben, sag nur
    eins - echte Munner. Der gedient, gekumpft hat, der wird verstehen was das
    bedeutet.
    Der Kommandopunkt des ersten Bataillons befand sich in dem Keller des
    Bahnhofes. Als wir hereinkamen, beschimpfte der Kombat jemanden uber das
    Feldtelefon.
    - Teufel noch mal, wo willst du hin, du Idiot! Sie locken dich,
    Trottel, heraus und du, mit deinen „Muchtegernkumpfern", rennst ihnen
    entgegen. Fuhr eine Suuberung durch, alles rund um dich, mach sauber! Sodas
    es keinen einzigen Duh in deiner Zustundigkeitszone gibt! - schrie der
    Kombat in den Hurer. - Die „Schachteln" ziehst du zuruck, die machra
    soll arbeiten! Selber bleibst du auf dem Beobachtungsposten und schaust
    nicht mal raus!
    Er schmiss den Telefonhurer und sah mich.
    - Servus, - luchelte er.
    - Stets zur Hilfe, - sagte ich und gab ihm die Hand.
    - Was gibt's neues im Stab? Las uns essen gehen, - schlug der Kombat
    vor und schaute mich mit Freude an. Ein bekanntes Gesicht in dem Krieg zu
    sehen - das ist eine Freude. Das bedeutet, dass nicht nur du Gluck hast,
    auch deine Kameraden.
    Noch vom Gefecht, der Rennerei und der Schießerei mitgenommen,
    wusste ich - wenn man jetzt nichts trinkt, wenn man sich nicht beruhigt,
    bekommt man ein Nervenzittern im ganzen Kurper. Oder umgekehrt, man versetzt
    sich in einen halbhysterischen Zustand, man will reden, reden... Deshalb
    nahm ich dieses Angebot zu Tisch, dankend an.
    Der Kombat setzte sich auf die Munitionskisten und hat rief leise:
    „Ivan wir haben Guste, komm essen". Aus dem benachbarten Kellerraum
    kam der Stabsleiter des ersten Bataillons, Hauptmann Iljin. Dunn, wenn nicht
    mager, ein begeisterter Volleyballspieler, aber bei der Arbeit ein Pedant,
    Akkuratest. Im normalen Leben immer gepflegt, gebugelt, glunzend,
    unterschied er sich jetzt kaum von allen anderen. Genauso durchruuchert,
    unrasiert, nicht ausgeschlafen.
    - Servus, Slawa, - sagte er, und seine Augen blitzten einwenig auf. Wir