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Drum ist es ihm unkundig,” sprach der Held in Gunthers Bann. (487)
“Nun wohl mir dieser Märe,” sprach Siegfried der Degen,
“Dass hier eure Hochfahrt also ist erlegen,
Und jemand lebt, der euer Meister möge sein.
Nun sollt ihr, edle Jungfrau, uns hinnen folgen an den Rhein.” (488)
Da sprach die Wohlgetane: “Das mag noch nicht geschehn:
Erst frag ich meine Vettern, und die in meinem Lehn.
Ich darf ja nicht so leichthin verlassen dieses Land:
Meine besten Freunde, die werden erst noch besandt.” (489)
Da ließ sie ihre Boten nach allen Seiten gehn:
Sie besandte ihre Freunde und die in ihrem Lehn,
Dass sie zum Isensteine kämen unverwandt;
Einem jeden lies sie geben reiches, herrliches Gewand. (490)
Da ritten alle Tage, beides, spät und früh,
Der Veste Brunhildens die Recken scharweis zu.
“Nun jadoch,” sprach da Hagen, “was haben wir getan?
Wir erwarten uns zum Schaden der schönen Brunhilde Bann. (491)
Wenn sie mit ihren Kräften kommen in dies Land,
Der Königin Gedanken, die sind uns unbekannt:
Wie, wenn sie also zürnet, dass wir sind verloren?
So ist das edle Mägdlein uns zu großen Sorgen geboren!” (492)
Da sprach der starke Siegfried: “Dem will ich widerstehn.
Was euch da Sorge schaffet, das lass ich nicht geschehn:
Ich will euch Hilfe bringen her in dieses Land
Durch auserwählte Recken: Die sind euch noch unbekannt. (493)
Ihr sollt nach mir nicht fragen, ich will von hinnen fahren;
Gott mag eure Ehre derweilen wohl bewahren.
Ich komme bald zurücke und bring euch tausend Mann
Der allerbesten Degen, deren ich Kunde je gewann.” (494)
“So bleibt auch nicht zu lange,” der König sprach da so,
“Wir sind aus guten Gründen eurer Hilfe froh.”
Er sprach: “Ich komme wieder gewiss in wenig Tagen;
Dass ihr mich weg gesendet sollt ihr der Königin sagen.” (495)
8. Abenteuer
9. Abenteuer
10. Abenteuer
“Nun wohl mir dieser Märe,” sprach Siegfried der Degen,
“Dass hier eure Hochfahrt also ist erlegen,
Und jemand lebt, der euer Meister möge sein.
Nun sollt ihr, edle Jungfrau, uns hinnen folgen an den Rhein.” (488)
Da sprach die Wohlgetane: “Das mag noch nicht geschehn:
Erst frag ich meine Vettern, und die in meinem Lehn.
Ich darf ja nicht so leichthin verlassen dieses Land:
Meine besten Freunde, die werden erst noch besandt.” (489)
Da ließ sie ihre Boten nach allen Seiten gehn:
Sie besandte ihre Freunde und die in ihrem Lehn,
Dass sie zum Isensteine kämen unverwandt;
Einem jeden lies sie geben reiches, herrliches Gewand. (490)
Da ritten alle Tage, beides, spät und früh,
Der Veste Brunhildens die Recken scharweis zu.
“Nun jadoch,” sprach da Hagen, “was haben wir getan?
Wir erwarten uns zum Schaden der schönen Brunhilde Bann. (491)
Wenn sie mit ihren Kräften kommen in dies Land,
Der Königin Gedanken, die sind uns unbekannt:
Wie, wenn sie also zürnet, dass wir sind verloren?
So ist das edle Mägdlein uns zu großen Sorgen geboren!” (492)
Da sprach der starke Siegfried: “Dem will ich widerstehn.
Was euch da Sorge schaffet, das lass ich nicht geschehn:
Ich will euch Hilfe bringen her in dieses Land
Durch auserwählte Recken: Die sind euch noch unbekannt. (493)
Ihr sollt nach mir nicht fragen, ich will von hinnen fahren;
Gott mag eure Ehre derweilen wohl bewahren.
Ich komme bald zurücke und bring euch tausend Mann
Der allerbesten Degen, deren ich Kunde je gewann.” (494)
“So bleibt auch nicht zu lange,” der König sprach da so,
“Wir sind aus guten Gründen eurer Hilfe froh.”
Er sprach: “Ich komme wieder gewiss in wenig Tagen;
Dass ihr mich weg gesendet sollt ihr der Königin sagen.” (495)
8. Abenteuer
Wie Siegfried zu den Nibelungen fuhr
Von dannen ging da Siegfried zum Hafen an den Strand
In seiner Tarnkappe, wo er ein Schifflein fand;
Darin stand ungesehn König Siegmunds Kind:
Er führt' es bald von dannen, als ob es wehte der Wind. (496)
Den Schiffmeister niemand sah: Das Schifflein lustig floss
Von Siegfriedens Kräften, die waren also groß.
Da wähnten sie, es führ es ein eigner starker Wind:
Nein! Es führt' es Siegfried, der schönen Siegelinde Kind. (497)
Nach des Tags Verlaufe und in der einen Nacht
Kam er zu einem Lande von gewaltger Macht,
Es war wohl hundert Rasten und noch darüber lang,
Das Land der Nibelungen, wo er den großen Schatz errang. (498)
Der Degen fuhr alleine nach einem Werder breit,
Sein Schifflein band er feste, der Degen allbereit.
Er kam zu einem Berge, drauf eine Burg gelegen,
Und suchte Herberge, wie die Wegemüden pflegen. (499)
Da kam er vor die Pforte, die ihm verschlossen stand:
Sie bewachten ihre Ehre, wie Sitte noch im Land.
Ans Tor begann zu klopfen der unbekannte Mann;
Das wurde wohl behütet: da traf er innerhalben an (500)
Einen Ungefügen, der da der Wache pflag,
Bei dem zu allen Zeiten seine Waffe lag.
Der sprach: “Wer pocht so heftig da draußen an das Tor?”
Da verkehrte seine Stimme der kühne Siegfried davor. (501)
Und sprach: “Ich bin ein Recke, schleuß mir auf das Tor:
Sonst erzürn ich Manchen heute noch davor,
Der gern in Ruhe läge in seinem Schlafgemach.”
Das ärgerte den Pförtner, als da Siegfried also sprach. (502)
Der kühne Riese hatte nun seine Rüstung angetan,
Den Helm aufs Haupt geschwungen, der gewaltge Mann,
Den Schild erhob er balde, so stieß er auf das Tor:
Wie lief er da so grimmig den Helden Siegfried an davor! (503)
“Wie er zu wecken wage so manchen kühnen Mann?”
Da wurden schnelle Schläge von seiner Hand getan.
Der edle Fremdling schirmte sich vor manchem Schlag:
Da hieb ihm der Pförtner in Stücke seines Schilds Beschlag (504)
Mit einer Eisenstange: Da litt der Degen Not;
Beinah begann zu fürchten der Held den grimmen Tod,
Als mit solchen Kräften der Pförtner auf ihn schlug.
Dafür war ihm gewogen sein Herre Siegfried genug. (505)
Sie stritten so gewaltig, die Burg gab Widerhall.
Da hörte man das Tosen in der Nibelungen Saal.
Er zwang zuletzt den Pförtner so, dass er ihn band;
Die Märe wurde kundig im ganzen Nibelungenland. (506)
Auch vernahm das Streiten von ferne durch den Berg
Alberich der kühne, ein wildes Gezwerg.
Er waffnete sich balde, und lief hin, wo er fand
Diesen edeln Fremdling, wie er den Riesen eben band. (507)
Alberich war grimmig, stark dazu genug:
Helm und Panzerringe er an dem Leibe trug
Und eine schwere Geisel von Gold an seiner Hand:
Da lief er hin geschwinde, wo er Siegfrieden fand. (508)
Sieben schwere Knöpfe, die hingen vorn daran,
Womit er vor der Linken den Schild dem kühnen Mann
So bitterlich zergerbte, dass er zersplittert war.
Da kam der edle Fremdling beinah in Lebensgefahr. (509)
Den Schild er ganz zerbrochen seiner Hand entschwang.
Da stieß er in die Scheide eine Waffe, die war lang:
Seinen Kammerwärter wollt er nicht schlagen tot;
Er schonte seiner Leute, wie ihm die Tugend gebot. (510)
Er lief mit starken Händen Alberichen an,
Und fing bei dem Barte den altgreisen Mann.
Er zog daran gewaltig; dass laut er schrei vor Schmerz:
Des jungen Helden Strafe ging Alberichen ans Herz. (511)
Laut rief da der Kühne: “Nun lasst mir das Leben;
Und hätt ich einem Helden mich nicht schon ergeben,
Dem ich schwören musste, ich wär ihm untertan,
Ich dient euch bis zum Tode,” so sprach der listige Mann. (512)
Er band auch Alberichen, wie den Riesen eh:
Siegfriedens Kräfte taten ihm gar weh.
Der Zwerg begann zu fragen: “Wie seid ihr genannt?”
Er sprach: “Ich heiße Siegfried: Ich wähnt ich wär euch bekannt.” (513)
Zwerg Alberich begann da: “O wohl mir dieser Mär'
Nun hab ich wohl empfunden an euern Werken hehr,
Dass ihrs verdienen möget des Landes Herr zu sein.
Ich tu was ihr gebietet: Lasst mir nur das Leben mein.” (514)
Da sprach der Degen Siegfried: “So macht euch auf geschwind,
Und bringt mir her, der Besten die im Lande sind,
Tausend Nibelungen: Ich wolle hier sie sehn:
So lass ich euch kein Leides an euerm Leben geschehn.” (515)
Da löst' er Alberichen und den Riesen von dem Band.
Hin lief der Zwerg geschwinde, wo er die Recken fand.
Er weckte wohl beflissen die in Niblungs Lehn,
Und sprach: “Wohlauf ihr Helden, ihr sollt zu Siegfrieden gehn.” (516)
Sie sprangen von den Betten und waren gleich bereit:
Tausend schnelle Ritter, die standen bald im Kleid.
Sie gingen hin zur Stelle, wo man Siegfried fand:
Der grüßte schön die Degen und gab Manchem die Hand. (517)
Viel der Kerzen brannten; man schenkt' ihm lautern Trank:
Dass sie so bald gekommen, des sagt' er Allen Dank.
Er sprach: “Ihr sollt von hinnen mir folgen über Flut.”
Sie waren alle willig, diese Helden kühn und gut. (518)
Wohl dreißig hundert Recken waren gleich gekommen:
Aus ihnen wurden tausend der Besten da genommen.
Denen brachte man die Helme und ander Rüstgewand,
Als er sie führen wollte hin zu Brunhildens Land. (519)
Er sprach: “Ihr guten Ritter, eins will ich euch sagen:
Ihr sollt mir reiche Kleider dort am Hofe tragen,
Denn uns muss da schauen manch minnigliches Weib:
Darum sollt ihr zieren mit gutem Staate den Leib.” (520)
* Nun möchten mich die Thoren vielleicht der Lüge zeihn:
“Wie könnten so viel Ritter wohl beieinander sein?
Wo nahmen sie die Speise? Wo nahmen sie Gewand?
Und besäß er dreißig Länder, er brächt es nimmer zu Stand. (521)
* Wie reich Siegfried gewesen, das ist euch wohl bekannt.
Der Hort Niblungens dient' ihm und das Königsland:
Drum gab er seinen Degen völliglich genug;
Es ward ja doch nicht minder wie viel man von dem Schatze trug. (522)
Eines Morgens frühe begannen sie die Fahrt;
Was schneller Gefährten sich Siegfried da geschart!
Sie führten gute Rosse und herrlich Gewand;
Sie kamen ungefährdet hin zu Brunhildens Land. (523)
Da stand in den Zinnen manch minnigliches Kind.
Da sprach die Königstochter: “Weiß jemand, wer die sind,
Die ich dort fließen sehe so fern auf der See?
Sie führen reiche Segel, die sind noch weißer als der Schnee.” (524)
Da sprach vom Rhein der König: “Mein Gefolg ist dies,
Das ich auf der Reise nicht weit von hier verließ:
Ich habe sie besendet: Nun sind sie, Frau, gekommen.”
Der herrlichen Gäste ward mit Züchten wahrgenommen. (525)
Da sah man Siegfrieden im Schiffe stehn voran,
In herrlichem Gewande mit manchem andern Mann.
Da sprach die Königstochter: “Herr König, wollt mir sagen:
Soll ich die Gäst empfangen oder ihnen Gruß versagen?” (526)
“Entgegen sollt ihr ihnen vor den Pallas gehn,
Ob ihr sie gerne sehet, dass sie das wohl verstehn.”
Da tat die Königstochter wir ihr der König riet:
Siegfrieden mit dem Gruße sie von den andern unterschied. (527)
Herberge gab man ihnen und wahrte ihr Gewand.
Da waren so viel Gäste gekommen in das Land,
Dass sie sich allenthalben drängten mit den Scharen:
Da wollten heim die Kühnen zu den Burgonden fahren. (528)
Da sprach die Königstochter: “Dem blieb' ich immer hold,
Der da verteilen wollte mein Silber und mein Geld
Meinen Gästen und des Königs, des ich so viel gewann.”
Zur Antwort gab ihr Dankwart, des kühnen Geiselher Mann: (529)
“Viel edle Königstochter, lasst mich der Schlüssel pflegen:
Ich will es so verteilen,” sprach der kühne Degen,
“Wenn ich mir Schand erwerbe, die treffe mich allein.”
Dass er milde wäre, das leuchtete da wohl ein. (530)
Als sich Hagens Bruder der Schlüssel unterwand,
So manche reiche Gabe bot des Helden Hand:
Wer einer Mark begehrte, dem ward so viel gegeben,
Dass die Armen alle da in Freuden mochten leben. (531)
Wohl mit hundert Pfunden gab er ohne Wahl:
Da ging in reichem Staate mancher aus dem Saal,
Der nie zuvor im Leben so hehre Kleider trug.
Die Königin erfuhr es: Da war es ihr leid genug. (532)
Da sprach die Königstochter: “Das misst ich, König, gern.
Dass nichts mir soll verbleiben vor euerm Kammerherrn
Von allem meinem Staate: er verschwendet all mein Gold.
Wer dem noch widerstände, dem wollt ich immer bleiben hold. (533)
* Er gibt so reiche Gaben: Der Degen wähnet eben,
Mich lüste nach dem Tode: Ich will noch länger leben;
Meines Vaters Erbe bring ich wohl selber hin.”
So milden Kammerherren gewann nie eine Königin. (534)
Da sprach von Tronje Hagen: “Frau, euch sei bekannt:
Der König von dem Rheine hat Gold und gut Gewand
Zu geben solche Fülle, dass er nicht nötig hat,
Dass wir von hinnen führen einen Teil von Brunhilds Staat.” (535)
“Nein, wenn ihr mich liebet,” die Königin begann,
“Zwanzig Reiseschreine fülle man mir an
Mit Gold und mit Seide: das verteile meine Hand,
So wir hinüber kommen in der Burgonden Land.” (536)
Da lud man ihr die Kisten mit edelm Gestein.
Der Frauen Kämmerlinge mussten zugegen sein:
Sie wollt es nicht vertrauen Geiselhers Untertan.
Gunther und Hagen darob zu lachen begann. (537)
Da sprach die Jungfraue: “Wem lass ich nun mein Land?”
Das soll hier erst bestimmen mein und eure Hand.”
Da sprach der edle König: “So rufet wen herbei,
Der euch dazu gefalle, dass er zum Vogt geordnet sei.” (538)
Ihrer nächsten Vettern einen die Fraue bei sich sah,
Es war ihr Mutterbruder, zu dem begann sie da:
“Nun lasst euch sein befohlen meine Burgen und das Land,
* Bis seine Amtleute der König Gunther gesandt.” (539)
Aus dem Gesinde wählte sie zweitausend Mannen gleich,
Die mit ihr fahren sollten in der Burgonden Reich,
Mit jenen tausend Recken aus Nibelungenland. *
Sie schickten sich zur Reise; man sah sie reiten nach dem Strand. (540)
Sie führte mit von dannen sechsundachtzig Fraun,
Dazu noch hundert Mägdelein, die waren schön zu schaun.
Sie säumten sich nicht länger, sie wollten bald hindann:
Die sie zurücke ließen, wie manche hub zu weinen an! (541)
In tugendlichen Züchten räumte die Frau ihr Land,
Die nächsten Freunde küssend, die sie bei sich fand.
Mit gutem Urlaube kamen sie auf das Meer;
Zu ihres Vaters Lande kam die Jungfrau nimmermehr. (542)
Auf ihrer Fahrt ertönte vielfaches Freudenspiel;
Aller Kurzweile hatten sie da viel.
Auch erhob sich zu der Reise der rechte Wasserwind:
Sie fuhren ab vom Lande; das beweinte mancher Mutter Kind. (543)
Doch wollte sie den König nicht minnen auf der Fahrt,
Ihre Kurzweil wurde bis in sein Haus gespart
Zu Wormes in der Veste, zu einem Hofgelag,
Wohin mit ihren Helden sie fröhlich kamen hernach. (544)
9. Abenteuer
Wie Siegfried nach Worms gesandt ward
Da sie gefahren waren volle neun Tage,
Da sprach von Tronje Hagen: “Nun höret, was ich sage:
Wir säumen mit der Kunde nach Wormes an den Rhein;
Nun sollten eure Boten schon bei den Burgonden sein.” (545)
Da sprach König Gunther: “Wohl sprecht ihr recht daran;
Auch hätt uns wohl niemand die Fahrt so gern getan
Als ihr Freund Hagen selber: so reitet in mein Land;
Unsre Hofreise macht niemand besser dort bekannt.” (546)
* Zur Antwort gab da Hagen: “Ich bin kein Bote gut:
Lasst mich der Kammer pflegen; bleiben auf der Flut
Will ich bei den Frauen und hüten ihr Gewand,
Bis dass wir sie bringen in der Burgonden Land. (547)
“Nein, bittet Siegfrieden um diese Botschaft,
Der mag sie wohl verrichten mit tugendreicher Kraft.
Versagt er euch die Reise, ihr sollt mit guten Sitten
Bei eurer Schwester Liebe um die Fahrt ihn freundlich bitten.” (548)
Er sandte zu dem Recken; der kam als man ihn fand.
Er sprach zu ihm: “Wir nahen uns wieder meinem Land;
Da sollt ich Boten senden der leiben Schwester mein,
Und auch meiner Mutter, dass wir kommen an den Rhein. (549)
* “Von euch begehr ich, Siegfried, dass ihr die Reise tut,
Ich wills euch immer danken,” so sprach der Degen gut.
Da weigerte sich Siegfried, der hochbeherzte Mann
Bis ihn König Gunther sehr zu bitten begann. (550)
Er sprach: “Ihr sollt reiten um den Willen mein,
Und auch um Kriemhilde, das schöne Mägdelein,
Dass es mit mir verdiene die herrliche Maid.”
Als Siegfried das hörte, da war der Recke bald bereit. (551)
“Entbietet, was ihr wollet, es soll verkündet sein:
Ich will es gerne leisten um das schöne Mägdelein.
Die ich im Herzen trage, verzichtet ich auf die?
Leisten will ich alles, was ihr gebietet, um sie.” (552)
“So saget Frau Uten, der reichen Königin,
Dass ich auf dieser Reise hohes Mutes bin.
Wie wir geworben haben sagt meinen Brüdern an;
Auch unsern Freunden werde diese Märe kund getan. (553)
Auch sollt ihr nichts verschweigen der schönen Schwester mein,
Ich will ihr mit Brunhilden stets zu Diensten sein;
So sagt auch dem Gesinde und allem meinem Bann:
Was je mein Herz sich wünschte, dass ich das Alles gewann. (554)
Und saget Orteweinen, dem lieben Neffen mein,
Dass er Gestühl errichten lasse bei dem Rhein;
Und meinen Vettern allen sei es kund getan,
Ich stelle mit Brunhilden eine große Hochzeit an. (555)
Und saget meiner Schwester, werd ihr das bekannt,
Dass ich mit meinen Gästen gekommen sei ins Land,
Dass sie dann wohl empfange die liebe Traute mein:
Dafür will ich Kriemhilden immerdar gewogen sein.” (556)
Da bat bei Brunhilden und ihrem Ingesind
Bald um seinen Urlaub Siegfried, Siegmunds Kind,
Wie ihm das wohl geziemte; da ritt er an den Rhein.
Es konnt auf dieser Erden ein bessrer Bote nicht sein. (557)
Mit vierundzwanzig Recken kam er zu Wormes an:
Der König war nicht drunter: das wurde kundgetan.
Da mühte das Gesinde sich in Jammers Not,
Besorgt, dass dort der König gefunden habe den Tod. (558)
Sie stiegen von den Rossen und trugen hohen Mut:
Da kam alsbald Herr Geiselher, der junge König gut,
Und Gernot, sein Bruder: wie hurtig sprach er da,
Als er den König Gunther nicht bei Siegfrieden sah: (559)
“Willkommen, Herr Siegfried, ich bitte, sagt mir an:
Wo habt ihr meinen Bruder den König hingetan?
Brunhildens Stärke, fürcht ich, hat ihn uns benommen:
Ihre hohe Minne wäre uns sehr zu Schaden gekommen.” (560)
“Die Sorge lasset fahren: Euch und den Freunden sein
Entbietet seine Dienste der Heergeselle mein:
Ich verließ ihn wohl geborgen; er hat mich euch gesandt,
Dass ich sein Bote würde, mit Mären her in euer Land. (561)
“Nun helfet mir es fügen, wie es auch gescheh,
Dass ich die Köngin Ute und eure Schwester seh:
Die soll ich hören lassen, was ihnen zu wissen tut
Gunther und Brunhilde: Um die Beiden steht es gut.” (562)
Da sprach der junge Geiselher: “So sprecht bei ihnen an,
Da habt ihr meiner Schwester einen Liebesdienst getan.
Sie trägt noch große Sorge um den Bruder mein;
Das Mägdlein seiht euch gerne: des will ich euch Bürge sein.” (563)
Da sprach der Degen Siegfried: “Wo ich ihr dienen kann,
Das soll immer treulich und willig sein getan.
Wer sagt nun dass ich komme den beiden Frauen an?”
Des wurde Bote Geiselher, dieser waidliche Mann. (564)
Geiselher der junge sprach zu der Mutter da,
Und auch zu seiner Schwester, als er die beiden sah:
“Siegfried ist gekommen, der Held aus Niederland,
Ihn hat mein Bruder Gunther her zu dem Rheine gesandt. (565)
“Er bringt uns die Kunde, wie's um den König steht;
Nun mögt ihr ihm erlauben, dass er zu Hofe geht:
Er bringt die rechten Mären uns her von Isenland.”
Noch war den edlen Frauen große Sorge nicht gewandt. (566)
Sie sprangen nach dem Staate und kleideten sich drei
Und luden Siegfrieden nach Hof zu kommen ein.
Das tat der Degen williglich, weil er sie gerne sah.
Kriemhild die edle sprach zu ihm in Güte da: (567)
“Willkommen, Herr Siegfried, ein Ritter ohne Gleich:
Wo ist mein Bruder Gunther, der edle König reich?
Durch Brunhilds Stärke, fürcht ich, ist er uns verloren:
O weh mir armen Mägdelein, dass ich jemals ward geboren!” (568)
Da sprach der kühne Ritter: “Gebt mir Botenbrot,
Ihr viel schönen Frauen weinet ohne Not.
Ich verließ ihn wohl geborgen: Das tu ich euch bekannt;
Sie haben mich euch Beiden mit der Märe hergesandt. (569)
“Mit freundlicher Liebe, viel edle Königin mein,
Entbeut euch seine Dienste er und die Traute sein:
Nun lasset euer Weinen, sie wollen balde kommen.”
Sie hatten lange Tage so liebe Märe nicht vernommen. (570)
* Mit schneeweißem Kleide aus Augen wohlgetan
Wischte sie die Tränen; zu danken hub sie an
Dem Boten dieser Märe, die da war gekommen;
Da war ihr große Trauer und auch ihr Weinen benommen. (571)
Sie hieß den Boten sitzen: Des war er gern bereit.
Da sprach die Minnigliche: “Es wäre mir nicht leid,
Wenn ich euch geben dürfte zum Botenlohn mein Gold:
Dazu seid ihr zu vornehm: so bleib ich sonst denn euch hold.” (572)
“Und würden dreißig Lande,” sprach er, “mein genannt,
So empfing' ich doch gerne Gab aus eurer Hand.”
Da sprach die Tugendliche: “So soll es denn geschehn.”
Da ließ sie ihren Kämmerer nach dem Botenlohne gehen. (573)
Vierundzwanzig Spangen mit Edelsteinen gut
Gab sie ihm zum Lohne. So stund des Helden Mut:
Er wollt es nicht behalten; er gab es unverwandt
Ihren schönen Maidern, die er in der Kammer fand. (574)
Die Mutter bot ihm gütlich ihre Dienste an.
“Ich will euch mehr berichten,” sprach der kühne Mann,
“Um was der König bittet, gelangt er an den Rhein.
Wenn ihr das, Fraue, leistet, er will euch stets gewogen sein. (575)
“Seine reichen Gäste, hört ich ihn begehren,
Sollt ihr wohl empfangen und sollt ihn des gewähren,
Entgegen ihm zu reiten vor Wormes ans Gestad.
Das ists warum der König mit allen Treuen euch bat.” (576)
“Das will ich gern vollbringen,” sprach die schöne Magd:
“Worin ich ihm kann dienen, das ist ihm unversagt.
Mit freundlicher Treue sei all sein Wunsch getan.”
Da mehrte sich die Farbe, die sie vor Liebe gewann. (577)
Nie sah man eines Fürsten Boten so wohl empfan:
Wenn sie ihn küssen durfte, sie hätt es gern getan;
Minniglich er anders doch von der Frauen schied.
Da taten die Burgonden wie der Bote ihnen riet. (578)
* Sindolt und Haunolt und Rumolt der Degen,
Großer Unmuße mussten sie da pflegen,
Als sie die Sitze richteten vor Wormes an dem Stand:
Die Schaffner des Königs man sehr beflissen da fand. (579)
* Ortewein und Gere säumten auch nicht mehr,
Sie sandten nach den Freunden allwärts umher,
Die Hochzeit zu verkünden, die da sollte sein;
Der zierten sich entgegen die viel schönen Mägdelein. (580)
Der Pallas und die Wände waren überall
Verziert der Gäste wegen; König Gunthers Saal
Wurde wohl gezimmert durch manchen fremden Mann;
Das große Hofgelage mit hohen Freuden begann. (581)
Da ritten allenthalben die Wege durch das Land
Der drei Könge Freunde; die hatte man besandt,
Dass sie empfangen helfen die da sollten kommen:
Da wurden aus der Lade reicher Zeuche viel genommen. (582)
Da brachte man die Kunde, dass man schon reiten sah
Brunhildens Heergesellen: Gedränge gab es da
Von des Volkes Menge in Burgondenland.
Hei! Was man kühner Degen da zu beiden Seiten fand! (583)
* Da sprach die schöne Kriemhild: “Ihr meine Mägdelein,
Die nun bei dem Empfange mit mir wollen sein,
Die suchen aus den Kisten ihr allerbest Gewand:
So wird uns Lob und Ehre von den Gästen zuerkannt.” (584)
Da kamen auch die Recken, die ließen tragen dar
Herrliche Sättel, von rotem Golde klar,
Dass drauf die Frauen ritten von Wormes an den Rhein:
Besser Pferdgeräte konnte wohl nimmer sein. (585)
Wie warf da von den Mähren das lichte Gold den Schein!
Es glänzte von den Zäumen mancher Edelstein;
Die goldnen Sattelschemel auf lichten Zeugen gut
Brachte man den Frauen; sie hatten fröhlichen Mut. (586)
* Die Frauenpferde standen auf dem Hof bereit,
Wie ich euch schon bekannte, für manche edle Maid;
Sie schmalen Brustriemen sah man die Mähren tragen
Von der besten Seide, davon man jemals hörte sagen. (587)
Sechsundachtzig Frauen zogen da heran,
Die Kopfbinden trugen; zu Kriemhilden dann
Kamen die Schönen in ihrem reichen Kleid;
Da kam auch wohl gezieret gar manche waidliche Maid. (588)
* Fünfzig und Viere aus Burgondenland:
Das waren auch die Besten, die man irgend fand;
Die sah man gelblockig unter lichten Borten gehn.
Was gewünscht der König, das sah er fleißig geschehn. (589)
Sie trugen reiche Zeuche, die besten die man fand,
Vor den fremden Rittern, und herrliches Gewand;
Zu ihrer schönen Farbe stand es ihnen gut:
Wer einer abhold wäre, litte wohl an schwachem Mut. (590)
Von Hermelin und Zobel viel Kleider man da fand.
Da schmückte sich gar manche den Arm und auch die Hand
Mit Spangen auf der Seide, die sie sollten tragen;
Es könnt euch dies Befleißen zu Ende wohl niemand sagen. (591)
Viel Gürtel kunstgeschaffen, kostbar und lang,
Über lichte Kleider die Hand der Frauen schwang
Um edle Ferransröcke von Zeuch aus Arabia.
Voll hoher Freude waren die edeln Jungfrauen da. (592)
Es ward in Brustgeschmeide manche schöne Maid
Gar minniglich geschnüret. Die mochte tragen Leid,
Deren lichte Farbe das Zeuch nicht überschien.
So schönes Ingesinde hat nun keine Königin. (593)
Als die Minniglichen nun trugen ihr Gewand,
Die sie da führen sollten, die kamen unverwandt,
Der hochgemuten Recken eine große Zahl daher:
Man trug auch dar viel Schilde und manchen eschenen Speer. (594)
10. Abenteuer
Wie Brunhilde zu Worms empfangen ward
Jenseits des Rheines sah man mit manchen Scharen
Den König ans Gestade mit seinen Gästen fahren.
Da sah man auch am Zaume leiten manche Maid:
Die sie empfangen sollten, die waren alle bereit. (595)
Als die von Island kamen bei den Schiffen an,
Und auch die Nibelungen in Siegfriedens Bann,
Sie eilten zu dem Lande; wohl fliss sich ihre Hand,
Als man des Königs Freunde jenseits am Gestade fand. (596)
Nun höret auch die Möre von der Königin,
Ute der reichen, wie sie die Mägdlein hin
Brachte von der Veste und selber ritt zum Strand.
Da wurden miteinander viel Maid' und Ritter bekannt. (597)
* Der Herzog Gere führte am Zaum Kriemhildens Pferd
Nur vor das Tor der Veste; Siegfried der Degen wert,
Der musst ihr weiter dienen; sie war so schön und hehr.
Das ward ihm wohl vergolten von der Jungfrau nachher. (598)
* Da ritt Ortwein der kühne bei Uten der Königin,
Und so gesellt viel Ritter neben den Frauen hin.
Zu festlichem Empfange, das muss man wohl gestehn
Wurden nie der Frauen so viel beisammen gesehn. (599)
Viel hohe Ritterspiele wurden da getrieben
Von preiswerten Helden (wie wär es unterblieben?)
Vor Kriemhild der schönen, die zu den Schiffen kam.
Da hob man von den Mähren viel der Frauen lobesam. (600)
Der König war gelandet mit fremder Ritterschaft;
Wie brach da vor den Frauen so mancher starke Schaft!
Da hörte man auf Schilden erklingen manchen Stoß;
Hei! Reicher Buckeln Schallen ward im Gedränge da groß! (601)
Vor dem Hafen standen die Frauen minniglich;
Gunther mit seinen Gästen hub von den Schiffen sich;
Er führte Brunhilden selber an der Hand.
Wetteifernd miteinander schien Gestein und licht Gewand. (602)
Mit viel großen Züchten Frau Kriemhilde ging,
Als sei Frau Brunhilden und ihr Gesind empfing.
Man konnte weiße Hände am Kränzlein rücken sehn,
Als sei sich beide küssten: Das war aus Liebe geschehn. (603)
Da sprach mit edler Sitte Kriemhild das Mägdelein:
“Ihr sollt in diesen Landen uns willkommen sein
Mir und meiner Mutter, und allen die uns treu
Von Mannen und von Freunden.” Da verneigten sich die zwei. (604)
Oftmals mit den Armen umfingen sich die Fraun.
So freundliches Empfangen war nie zuvor zu schaun,
Als die Frauen beide der Braut taten kund,
Frau Ute und ihre Tochter: Sie küssten oft den süßen Mund. (605)
Als Brunhilden Frauen nun standen auf dem Strand,
Von waidlichen Recken wurden da bei der Hand
Minniglich genommen viel Frauen hehr und schön.
Man sah die edeln Maide vor Frau Brunhilden stehn. (606)
Eine gute Weile währt' es, bis sie sich recht gegrüßt;
Wohl wurde da so mancher rote Mund geküsst.
Noch standen beieinander die Königstöchter reich:
Des freuten sich zu schauen viel der Recken ohne Gleich. (607)
Da spähten mit den Augen die oft gehört vorher,
Dass man also Schönes gesehen nimmermehr
Als die Frauen beide: Das fand man ohne Lug;
Man sah an ihrem Leibe auch nicht den mindesten Trug. (608)
Die Frauen schätzen konnten und minniglichen Leib,
Priesen um ihre Schöne König Gunthers Weib.
Doch sprachen da die Weisen, die es recht besehn,
Man müsse vor Brunhilden den Preis Kriemhilden zugestehn. (609)
Nun gingen zueinander Mägdlein und Fraun:
Da war in hoher Zierde manch schönes Weib zu schaun.
Da standen seidne Hütten und manches gute Zelt:
Davon war angefüllet vor Wormes das ganze Feld. (610)
*Des Königs Freunde drängten sich um sie zu sehn.
Da hieß man Brunhilden und Kriemhilden gehn,
Und all die Fraun mit ihnen, hin wo sich Schatten fand:
Dar führten sie die Degen aus der Burgonden Land. (611)
Nun waren auch die Gäste gekommen all zu Ross;
Da gab es beim Tjostieren durch Schilde manchen Stoß.
Das Feld begann zu stäuben, als ob das ganze Land
Entbrannt wär in der Lohe: Da machten Helden sich bekannt. (612)
Wes da die Recken pflagen sah manche Maid mit an.
Wohl ritt mit seinen Degen Siegfried der kühne Mann
In mancher Wiederkehre vorbei an dem Gezelt;
Der Nibelungen führte tausend Degen der Held. (613)
Da kam von Tronje Hagen, wie ihm der König riet:
Der Held mit guter Sitte die Ritterspiele schied,
Auf dass sie nicht die Frauen bestäubten mit dem Sand:
Willigen Gehorsam er bei den Gästen da fand. (614)
* Da sprach Gernot der Degen: “Die Rosse lasset stehn,
Wenn es beginnt zu kühlen, dass wir die Frauen schön
Wieder heim geleiten vor den Pallas weit:
Wenn reiten will der König, dass ihr des gewärtig seid.” (615)
Das Kampfspiel war vergangen über all dem Feld,
Da gingen kurzweilen in manches hohe Zelt
Die Ritter zu den Frauen, um hoher Lust Gewinn:
Da vertrieben sie die Stunden, bis sie weiter wollten ziehn. (616)
Vor des Abends Nahen, als sank der Sonne Licht
Und es begann zu kühlen, ließ man es länger nicht:
Da eilten zu der Veste der Helden viel und Fraun:
Mit Augen ward gekostet mancher Schönen beim Schaun. (617)
Da ward von guten Knechten um Kleider viel geritten
Vor den Hochbeherzten nach des Landes Sitten
Bis vor den weiten Pallas, wo der König sprang vom Pferd.
Da diente man den Frauen, so pflegen Helden lobenswert. (618)
Da wurden auch geschieden die Königinnen reich.
Frau Ute und ihre Tochter gingen von hinnen gleich
Mit ihrem Ingesinde in einen weiten Saal:
Da vernahm man allenthalben der Freude rauschenden Schall. (619)
Gerichtet waren Stühle: Der König wollte gehn
Zu Tische mit den Gästen: Da sah man bei ihm stehn
Die schöne Brunhilde, die da die Krone trug
In des Königs Lande: Reich war die Fürstin genug. (620)
* Da wurden schöne Tische, viel Tafeln breit und gut,
Mit Speise wohl beladen, wie man kund uns tut:
Was sie da haben sollten, davon ward nicht entbehrt.
Da sah man bei dem Könige viel der Helden kühn und wert. (621)
Des Wirtes Kämmerlinge in Becken goldesrot
Reichten da das Wasser. Das wär vergebne Not
Wollt euch jemand sagen, dass man je vorher
Bei Gelagen besser diente: Ich glaubt es doch nimmermehr. (622)
Bevor der Vogt vom Rheine nun das Wasser nahm,
Da ging der Herre Siegfried, er durft es ohne Scham,
Und mahnt' ihn seiner Treue, die er ihm gab zum Pfand,
Bevor er Brunhilden daheim gesehn in Isenland. (623)
Er sprach: “Ihr sollt gedenken, es schwur mir eure Hand,
Wenn wir Frau Brunhilden brächten in dies Land,
Ihr gäbt mir eure Schwester: Wo blieb nun euer Eid?
Ihr wisst, bei eurer Reise war keine Mühe mir Leid.” (624)
Da sprach der Wirt zum Gaste: “Ihr habt mich wohl ermahnt:
Des soll nicht meineidig werden meine Hand;
Ich wills euch fügen helfen, so gut ich immer kann.”
Da lud er Kriemhilden zu Hofe freundlich heran (625)
Mit viel schönen Maiden. Sie kamen vor den Saal;
Da sprang von einer Stiege Geiselher zu Tal:
“Heißet wiederkehren diese Mägdelein:
Meine Schwester soll alleine hier bei dem Könige sein.” (626)
Hin führten sie Kriemhilden wo man den König fand.
Da standen edle Ritter von mancher Fürsten Land
In dem weiten Saale. Man hieß sie stille stehn:
Da sah man Brunhilden eben zu den Tischen gehn. (627)
* Sie wusste nicht die Märe, was da sollt ergehn.
Da sagte König Gunther denen in seinem Lehn:
“Helft mir, dass meine Schwester Siegfrieden nimmt zum Mann.”
Sie sprachen einhellig: “Das wäre gar wohl getan.” (628)
Da sprach der König Gunther: “Schwester, hehre Maid,
Um deiner Tugend willen, löse meinen Eid.
Ich versprach dich einem Recken: Nimmst du ihn zum Mann,
So hast du meinen Willen mit aller Treue getan.” (629)
Da sprach das edle Mägdelein: “Lieber Bruder mein,
Ihr sollt mich nicht bitten, ich will euch folgsam sein;
Wie ihr mir gebietet, so soll es sein getan:
Dem will ich mich verloben, den ihr, Herr, mir gebt zum Mann.” (630)
Vor Freuden und vor Liebe wurde Siegfried rot:
Zu Diensten sich der Recke Frau Kriemhilden bot.
Man ließ sie miteinander in einem Kreise stehn,
Und frug sie, ob sie wolle diesen Recken ausersehn? (631)
Mit mädchenhafter Scheue schämte sie sich ein Teil;
Doch war Siegfrieden so günstig Glück und Hell,
Dass sie ganz nicht wollte verschmähen seine Hand.
Auch versprach sich ihr zum Manne der edle Fürst von Niederland. (632)
Da er sich ihr verlobte und sich ihm die Maid,
Ein gütliches Umfangen war da gleich bereit
Von Siegfriedens Armen dem schönen Mägdlein zart:
Die edle Königin küsst' er in der Helden Gegenwart. (633)
Sich teilte das Gesinde, als das vor ihm geschah;
Auf dem Ehrenplatze man Siegfrieden sah
Bei Kriemhilden sitzen: Ihm diente mancher Mann;
Man sah die Nibelungen Siegfrieden auch untertan. (634)
Der König saß am Tische bei Brunhild der Maid:
Da sah sie Kriemhilden (wie war ihr das so leid!)
Bei Siegfrieden sitzen; zu weinen hub sie an,
Dass ihr manche Träne über lichte Wangen rann. (635)
Da sprach der Wirt des Landes: “Was ist euch, Fraue mein,
Dass ihr so trüben lasset der lichten Augen Schein?
Nun solltet ihr euch freuen, euch ist untertan
Mein Land und meine Burgen und mancher waidliche Mann.” (636)
“Wohl hab ich Grund zu weinen,” sprach die schöne Maid:
“Deiner Schwester wegen trag ich Herzeleid;
Ich sehe sie da sitzen bei dem Eigenholden dein:
Wohl muss ich immer weinen, soll sie so verderbet sein.” (637)
Da sprach der König Gunther: “Das mögt ihr still ertragen:
Ich will euch diese Märe zu andern Zeiten sagen,
Warum ich meine Schwester an Siegfrieden gegeben;
Wohl mag sie mit dem Recken immer in Freuden leben.” (638)
Sie sprach: “Mich reuet immer ihre Schöne und Sittsamkeit;
Wüsst ich wohin ich sollte, ich flöhe gerne weit,
Und wollt euch eher nimmer nahe liegen bei,
Bis ich wüsste weshalb Kriemhild die Braut von Siegfrieden sei.” (639)
Da sprach der König Gunther: “Ich mach es euch bekannt:
Er hat wohl wie ich selber Burgen und weites Land,
Das dürft ihr sicher glauben, er ist ein König reich:
Drum geb ich ihm zum Weibe die schöne Magd ohne Gleich.” (640)
Was ihr der König sagte, traurig blieb ihr Mut.
Da eilte von den Tischen mancher Ritter gut:
Das Kampfspiel ward so mächtig, dass rings die Burg erklang,
Dem Wirt bei seinen Gästen währte das viel zu lang. (641)
Er dacht: “Ich läge sanfter der schönen Fraue bei.”
Da war er des Gedankens nicht gar im Herzen frei,
Von ihrer Minne müsse viel Liebes ihm geschehn.
Da begann er freundlich Frau Brunhilden anzusehn. (642)
Vom Ritterspiel die Gäste hat man abzustehn:
Mit seinem Weib der König zu Bette wollte gehn.
Vor des Saales Stiege kam einander nah
Kriemhild und Brunhilde: kein Hass noch regte sich da. (643)
Da kam ihr Ingesinde: Sie säumten länger nicht,
Ihre reichen Kämmerlinge brachten ihnen Licht.
Da teilten sich die Recken in der zwei Könge Lehn:
Da sah man viel der Degen hinweg mit Siegfrieden gehn. (644)
Die Helden kamen beide hin wo sie sollten liegen:
Da dachten alle beide mit Minnen abzusiegen
Den waidlichen Frauen; das sänftete ihren Mut.
Siegfriedens Kurzweil, die wurde herrlich und gut. (645)
* Als Siegfried der Degen bei Kriemhilden lag
Und er der Jungfrauen so minniglich pflag
Mit seiner edeln Minne, sie war ihm wie sein Leben:
Er hätte nicht die eine für tausend Frauen gegeben. (646)
Ich sag euch nicht weiter wie er der Fraue pflag;
Nun höret diese Märe, wie König Gunther lag
Bei Brunhild seiner Frauen: zierlicher Degen
Haben manche sanfter bei andern Frauen gelegen. (647)
* Das Volk hatt ihn verlassen, die Frauen und sein Bann:
Da ward die Kemenate balde zugetan.
Er wähnt', er solle kosen ihren minniglichen Leib:
Da währt' es noch gar lange, bevor sie wurde sein Weib. (648)
Im weißen Linnenhemde ging sie ins Bett hinein.
Der edle Ritter dachte: “Nun ist das alles mein,
Wes mich je verlangte in allen meinen Tagen.”
Sie musst ob ihrer Schöne mit großem Recht ihm behagen. (649)
Das Licht begann zu bergen des edeln Königs Hand.
Da ging der kühne Degen, wo er die Fraue fand;
Er legte sich ihr nahe, seine Freude die war groß,
Als die Minnigliche der Held mit Armen umschloss. (650)
* Minnigliches Kosen mocht er das viel begehn,
Wenn die edle Fraue solches ließ geschehn;
Doch zürnte sie gewaltig; den Herrn betrübte das.
Er wähnt', er finde Freude, da fand er feindliches Hass. (651)
Sie sprach: “Edler Ritter, das lasst euch nur vergehn:
Was ihr da habt im Sinne, das kann noch nicht geschehn.
Ich will noch Mägdlein bleiben, Herr König, merkt euch das,
Bis ich die Mär erfahre.” Da fasste Gunther ihr Hass. (652)
Er rang nach ihrer Minne und zerriss ihr Kleid.
Da griff nach einem Gürtel die herrliche Maid,
Einer starken Borte, die sie zur Seite trug:
Da tat sie dem Könige großen Leides genug. (653)
Die Füß und auch die Hände sie ihm zusammenband,
Zu einem Nagel trug sie ihn und hing ihn an die Wand.
Als er im Schlaf sie störte, das Kosen sie ihm verbot:
Von ihrer Stärke hätt er beinah gewonnen den Tod. (654)
Da begann zu flehen der Meister sollte sein:
“Löset meine Bande, viel edle Königin mein.
Ich getreu euch, schöne Fraue, nimmer obzusiegen,
Und will auch wahrlich selten so nahe neben euch liegen.” (655)
* Sie frug nicht, wie ihm wäre, da sie in Ruhe lag.
Da musst er hangen bleiben die Nacht bis an den Tag,
Bis der lichte Morgen durchs Fenster warf den Schein:
Hatt er je Kraft besessen, die ward an seinem Leibe klein. (656)
“Nun sagt mir, Herr Gunther, ist euch das etwas leid,
Wenn euch gebunden finden,” sprach die schöne Maid,
“Eure Kämmerlinge von einer Frauen Hand?”
Da sprach der edle Ritter: “Das würd euch übel gewandt. (657)
Auch wär mirs wenig Ehre,” sprach der edle Mann:
“Um eurer Tugend willen, nehmt mich nun bei euch an.
Ist euch meine Minne denn so mächtig leid,
Ich will mit meinen Händen selten rühren euer Kleid.” (658)
Sie löste seine Bande: Er ging, da er befreit,
Wieder an das Bette zu der edeln Maid;
Er legte sich so ferne, dass er ihr Hemde fein
Selten mehr berührte; auch wollte sie des ledig sein. (659)
Nun kam auch ihre Gesinde, das brachte neu Gewand;
Des war heute Morgen genug für sie zur Hand.
Wie froh man da gebahrte, traurig war sein Mut;
Der König des Landes, ihre Freude däucht ihn nicht gut. (660)
Nach des Landes Sitte, die man mir Recht beging,
Gunter und Brunhilde nicht länger das verhing:
Sie gingen nach dem Münster, wo man die Messe sang.
Dahin auch kam Herr Siegfried: Da hob sich mächtiger Drang. (661)
Nach königlichen Ehren war da für sie bereit
Was sie haben sollten, die Krone wie das Kleid.
Da wurden sie geweiht: Als das war geschehn,
Da sah man unter Krone alle viere herrlich stehn. (662)
Viel Knappen wurden Ritter, sechshundert oder mehr,
Das sollt ihr sicher glauben, den Königen zur Ehr.
Da hob sich große Freude in Burgondenland;
Man hörte Schäfte hallen an der Schwertdegen Hand. (663)
Da saßen in den Fenstern die schönen Mägdelein;
Sie sahen vor sich leuchten manches Schildes Schein.
Da hatte sich der König getrennt von seinem Bann:
Was jemand da begonnte, er sah es trauernd mit an. (664)
Ihm und Siegfrieden ungleich stand der Mut;
Wohl wusste was ihm fehlte der edle Ritter gut.
Da ging es zu dem Könige, zu fragen er begann:
“Wie ists euch heunt gelungen? Das sagt, Herr Gunther, mir an.” (665)
Da sprach der Wirt zum Gaste: “Den Spott zu dem Schaden
Hab ich an meiner Frauen in mein Haus geladen.
Ich wähnte sie zu minnen, als sie mich mächtig band:
Zu einem Nagel trug sie mich, und hing mich hoch an die Wand. (666)
“Da hing ich sehr in Ängsten die Nacht bis an den Tag
Eh sie mich wieder löste: Wie sanft sie da lag!
Das sei dir in der Stille geklagt in Freundlichkeit.”
Da sprach der starke Siegfried: “Das ist mir sicherlich leid.” (667)
“Das will ich euch beweisen, verschmerzt ihr den Verdruss.
Ich schaffe, dass sie heunte so nah euch liegen muss,
Dass sie euch ihre Minne nicht länger vorenthält.”
Die Rede hörte gerne nach seinem Leide der Held. (668)
* “Nun schau meine Hände, wie die geschwollen sind:
Die drückte sie so mächtig, als wär ich ein Kind,
Dass das Blut mir allwärts aus den Nägeln drang.
Ich hegte keinen Zweifel, mein Leben währe nicht lang. (669)