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Auf reichem Stuhlgewande; der Markgraf hatte das
So herrlich schaffen lassen, sie fanden schön und gut
Das Gestühl Kriemhildens: Des freute sich Etzels Mut. (1402)
Was da Etzel redete, das ist mir unbekannt:
In seiner Rechten ruhte ihre weiße Hand.
So saßen sie in Minne, als Rüdiger der Degen
Dem König nicht gestattete Kriemhildens heimlich zu pflegen. (1403)
Da ließ man unterbleiben das Kampfspiel überall;
Mit Ehren ward beendet der laute Freudenschall.
Da gingen zu den Hütten die in Etzels Bann;
Herberge wies man ihnen ringsum allenthalben an. (1404)
Der Tag war zu Ende, sie fanden Ruhe da
Bis man den lichten Morgen von neuem scheinen sah.
Da eilte zu den Rossen wieder mancher Mann:
Hei! Was man Kurzweile zu des Königs Ehren begann! (1405)
Nach Würden es zu schaffen der Fürst die Heunen bat.
Da ritten sie von Tulne nach Wien in die Stadt.
Da fand man hold gezieret mancher Frauen Leib;
Sie empfingen wohl mit Ehren des Königes Etzel Weib. (1406)
In Überfluss und Fülle war da für sie bereit
Was jeder haben sollte: Viel Degen allbereit
Sahn froh dem Fest entgegen. Herbergen wies man an;
Die Hochzeit des Königs mit hohen Freuden begann. (1407)
Man konnte sie nicht alle herbergen in der Stadt:
Die nicht Gäste waren, Rüdiger die bat
Dass sie Herberge nähmen auf dem Land:
Wohl weiß ich, dass man immer den König bei Kriemhilden fand. (1408)
Dieterich der Degen und mancher andre Held,
Die hatten ihre Muße mit Arbeit eingestellt,
Damit sie ihren Gästen trösteten den Mut;
Rüdger und seine Freunde hatten Kurzweile gut. (1409)
Die Hochzeit war gefallen auf einen Pfingstentag,
Wo der König Etzel bei Kriemhilden lag
In der Stadt zu Wiene. Fürwahr, so manchen Mann
Bei ihrem ersten Manne sie nicht zu Diensten gewann. (1410)
Durch Gabe ward sie manchem, der sie nicht kannte, kund.
Darüber zu den Gästen hub mancher an zur Stund:
“Wir wähnten Kriemhilden benommen sei ihr Gut,
Die doch mit ihren Gaben hier so große Wunder tut.” (1411)
Diese Hochzeit währte siebzehn Tage.
Wohl weiß ich, dass man nimmer von einem König sage,
Der solch ein Fest gehalten: Uns ist es unbekannt.
Alle die da waren, die trugen neues Gewand. (1412)
Sie sah sich nie bedienet vordem im Niederland
Von so manchem Degen; auch ist mir wohlbekannt,
War Siegfried reich an Gute, dass er doch nie gewann
So viel der edeln Recken, als Etzeln waren untertan. (1413)
Auch hat wohl nie ein König bei seiner Hochzeit
So manchen reichen Mantel gegeben, tief und weit,
Noch so gute Kleider als man hier gewann,
Die Kriemhildens willen alle wurden vertan. (1414)
Ihre Freunde wie die Gäste hatten einen Mut:
Sie wollten nichts verschonen und wärs das beste Gut.
Was einer wünschen mochte, man war dazu bereit;
Da stand wohl mancher Degen vor Milde bloß und ohne Kleid. (1415)
Wenn sie daran gedachte, wie sie am Rheine saß
Bei ihrem edeln Manne, ihre Augen wurden nass;
Doch musste sie's verhehlen, dass es niemand sah,
Da ihr nach manchem Leide so viel der Ehre geschah. (1416)
Was einer tat aus Milde, das war doch gar ein Wind
Gegen Dietrichen; was Botlungens Kind
Ihm gegeben hatte, das wurde gar verwandt;
Da tat auch große Wunder des milden Rüdiger Hand. (1417)
Auch aus Ungerlande der Degen Blödelein
Ließ da ledig machen manchen Reiseschrein
Von Silber und von Golde: Das ward dahin gegeben.
Man sah des Königs Helden so recht fröhlich alle leben. (1418)
Des Königs Spielleute Werbel und Schwemmelein,
Wohl an tausend Marken nahm jedweder ein
Bei dem Hofgelage (oder mehr als das),
Als die schöne Kriemhild bei Etzeln unter Krone saß. (1419)
Am achtzehnten Morgen sie von Wiene ritten:
In Ritterspielen wurden der Schilde viel verschnitten
Von Speeren, so da führten die Recken an der Hand:
So kam der König Etzel bis in das heunische Land. (1420)
In der alten Heimburg verblieb man über Nacht.
Da konnte niemand wissen von des Volkes Macht,
Mit welchen Heerkräften sie zogen durch das Land.
Hei! Was schöner Frauen man in seiner Heimat fand! (1421)
In Misenburg der reichen fing man zu schiffen an.
Verdeckt ward das Wasser von Ross und auch von Mann
Als ob es Erde wäre, was man doch fließen sah:
Die wegemüden Frauen fanden gute Ruhe da. (1422)
Zusammen ward gebunden manches Schifflein gut,
Dass ihnen wenig schadete die Woge noch die Flut;
Darüber ausgebreitet manch köstliches Gezelt,
Als ob sie noch immer beides hätten, Land und Feld. (1423)
Es ward in Etzels Hofburg die Märe kundgetan:
Da freute sich darinnen beides, Weib und Mann.
Eztels Ingesinde, des einst Frau Helke pflag,
Erlebte bei Kriemhilden noch manchen fröhlichen Tag. (1424)
Da stand auch ihrer harrend manche edel Maid,
Die seit Helkens Tode getragen Herzeleid.
Sieben Königstöchter Kriemhilde noch da fand;
Durch die so ward gezieret König Etzels ganzes Land. (1425)
Herrat die Jungfrau noch des Gesindes pflag,
Helkens Schwestertochter, in der viel Tugend lag,
Dieterichs Verlobte, eines edeln Königs Spross,
Die Tochter Nentweinens, die noch viel Ehren genoss. (1426)
Auf der Gäste Kommen freute sich ihr Mut;
Auch ward dazu verwendet viel kostbares Gut.
Wer könnt euch des bescheiden, wie der König saß forthin?
Es lebten nie die Heunen so gut bei einer Königin. (1427)
Als der Fürst mit seinem Weibe geritten kam vom Strand,
Wer eine jede führe, das ward da wohl benannt
Der edeln Kriemhilde: Sie grüßte desto mehr:
Wie saß an Helkens Stelle sie so gewaltig und hehr! (1428)
Getreulichen Dienstes ward ihr viel bekannt.
Die Königin verteilte Gold und auch Gewand,
Silber und Gesteine: Was sie des überrhein
Zum Heunenlande brachte, das musste gar vergeben sein. (1429)
Auch wurden ihr mit Diensten später untertan
All des Königs Freunde und die in seinem Bann,
Dass nie die Königin Helke so gewaltiglich gebot,
Als sie ihr dienen mussten bis an Kriemhildens Tod. (1430)
Da stand in solchen Ehren der Hof und auch das Land,
Dass man zu allen Zeiten die Kurzweile fand,
Wonach einem jeden verlangte Herz und Mut:
Das schuf des Königs Liebe, das schuf der Königin Gut. (1431)
23. Abenteuer
24. Abenteuer
25. Abenteuer
So herrlich schaffen lassen, sie fanden schön und gut
Das Gestühl Kriemhildens: Des freute sich Etzels Mut. (1402)
Was da Etzel redete, das ist mir unbekannt:
In seiner Rechten ruhte ihre weiße Hand.
So saßen sie in Minne, als Rüdiger der Degen
Dem König nicht gestattete Kriemhildens heimlich zu pflegen. (1403)
Da ließ man unterbleiben das Kampfspiel überall;
Mit Ehren ward beendet der laute Freudenschall.
Da gingen zu den Hütten die in Etzels Bann;
Herberge wies man ihnen ringsum allenthalben an. (1404)
Der Tag war zu Ende, sie fanden Ruhe da
Bis man den lichten Morgen von neuem scheinen sah.
Da eilte zu den Rossen wieder mancher Mann:
Hei! Was man Kurzweile zu des Königs Ehren begann! (1405)
Nach Würden es zu schaffen der Fürst die Heunen bat.
Da ritten sie von Tulne nach Wien in die Stadt.
Da fand man hold gezieret mancher Frauen Leib;
Sie empfingen wohl mit Ehren des Königes Etzel Weib. (1406)
In Überfluss und Fülle war da für sie bereit
Was jeder haben sollte: Viel Degen allbereit
Sahn froh dem Fest entgegen. Herbergen wies man an;
Die Hochzeit des Königs mit hohen Freuden begann. (1407)
Man konnte sie nicht alle herbergen in der Stadt:
Die nicht Gäste waren, Rüdiger die bat
Dass sie Herberge nähmen auf dem Land:
Wohl weiß ich, dass man immer den König bei Kriemhilden fand. (1408)
Dieterich der Degen und mancher andre Held,
Die hatten ihre Muße mit Arbeit eingestellt,
Damit sie ihren Gästen trösteten den Mut;
Rüdger und seine Freunde hatten Kurzweile gut. (1409)
Die Hochzeit war gefallen auf einen Pfingstentag,
Wo der König Etzel bei Kriemhilden lag
In der Stadt zu Wiene. Fürwahr, so manchen Mann
Bei ihrem ersten Manne sie nicht zu Diensten gewann. (1410)
Durch Gabe ward sie manchem, der sie nicht kannte, kund.
Darüber zu den Gästen hub mancher an zur Stund:
“Wir wähnten Kriemhilden benommen sei ihr Gut,
Die doch mit ihren Gaben hier so große Wunder tut.” (1411)
Diese Hochzeit währte siebzehn Tage.
Wohl weiß ich, dass man nimmer von einem König sage,
Der solch ein Fest gehalten: Uns ist es unbekannt.
Alle die da waren, die trugen neues Gewand. (1412)
Sie sah sich nie bedienet vordem im Niederland
Von so manchem Degen; auch ist mir wohlbekannt,
War Siegfried reich an Gute, dass er doch nie gewann
So viel der edeln Recken, als Etzeln waren untertan. (1413)
Auch hat wohl nie ein König bei seiner Hochzeit
So manchen reichen Mantel gegeben, tief und weit,
Noch so gute Kleider als man hier gewann,
Die Kriemhildens willen alle wurden vertan. (1414)
Ihre Freunde wie die Gäste hatten einen Mut:
Sie wollten nichts verschonen und wärs das beste Gut.
Was einer wünschen mochte, man war dazu bereit;
Da stand wohl mancher Degen vor Milde bloß und ohne Kleid. (1415)
Wenn sie daran gedachte, wie sie am Rheine saß
Bei ihrem edeln Manne, ihre Augen wurden nass;
Doch musste sie's verhehlen, dass es niemand sah,
Da ihr nach manchem Leide so viel der Ehre geschah. (1416)
Was einer tat aus Milde, das war doch gar ein Wind
Gegen Dietrichen; was Botlungens Kind
Ihm gegeben hatte, das wurde gar verwandt;
Da tat auch große Wunder des milden Rüdiger Hand. (1417)
Auch aus Ungerlande der Degen Blödelein
Ließ da ledig machen manchen Reiseschrein
Von Silber und von Golde: Das ward dahin gegeben.
Man sah des Königs Helden so recht fröhlich alle leben. (1418)
Des Königs Spielleute Werbel und Schwemmelein,
Wohl an tausend Marken nahm jedweder ein
Bei dem Hofgelage (oder mehr als das),
Als die schöne Kriemhild bei Etzeln unter Krone saß. (1419)
Am achtzehnten Morgen sie von Wiene ritten:
In Ritterspielen wurden der Schilde viel verschnitten
Von Speeren, so da führten die Recken an der Hand:
So kam der König Etzel bis in das heunische Land. (1420)
In der alten Heimburg verblieb man über Nacht.
Da konnte niemand wissen von des Volkes Macht,
Mit welchen Heerkräften sie zogen durch das Land.
Hei! Was schöner Frauen man in seiner Heimat fand! (1421)
In Misenburg der reichen fing man zu schiffen an.
Verdeckt ward das Wasser von Ross und auch von Mann
Als ob es Erde wäre, was man doch fließen sah:
Die wegemüden Frauen fanden gute Ruhe da. (1422)
Zusammen ward gebunden manches Schifflein gut,
Dass ihnen wenig schadete die Woge noch die Flut;
Darüber ausgebreitet manch köstliches Gezelt,
Als ob sie noch immer beides hätten, Land und Feld. (1423)
Es ward in Etzels Hofburg die Märe kundgetan:
Da freute sich darinnen beides, Weib und Mann.
Eztels Ingesinde, des einst Frau Helke pflag,
Erlebte bei Kriemhilden noch manchen fröhlichen Tag. (1424)
Da stand auch ihrer harrend manche edel Maid,
Die seit Helkens Tode getragen Herzeleid.
Sieben Königstöchter Kriemhilde noch da fand;
Durch die so ward gezieret König Etzels ganzes Land. (1425)
Herrat die Jungfrau noch des Gesindes pflag,
Helkens Schwestertochter, in der viel Tugend lag,
Dieterichs Verlobte, eines edeln Königs Spross,
Die Tochter Nentweinens, die noch viel Ehren genoss. (1426)
Auf der Gäste Kommen freute sich ihr Mut;
Auch ward dazu verwendet viel kostbares Gut.
Wer könnt euch des bescheiden, wie der König saß forthin?
Es lebten nie die Heunen so gut bei einer Königin. (1427)
Als der Fürst mit seinem Weibe geritten kam vom Strand,
Wer eine jede führe, das ward da wohl benannt
Der edeln Kriemhilde: Sie grüßte desto mehr:
Wie saß an Helkens Stelle sie so gewaltig und hehr! (1428)
Getreulichen Dienstes ward ihr viel bekannt.
Die Königin verteilte Gold und auch Gewand,
Silber und Gesteine: Was sie des überrhein
Zum Heunenlande brachte, das musste gar vergeben sein. (1429)
Auch wurden ihr mit Diensten später untertan
All des Königs Freunde und die in seinem Bann,
Dass nie die Königin Helke so gewaltiglich gebot,
Als sie ihr dienen mussten bis an Kriemhildens Tod. (1430)
Da stand in solchen Ehren der Hof und auch das Land,
Dass man zu allen Zeiten die Kurzweile fand,
Wonach einem jeden verlangte Herz und Mut:
Das schuf des Königs Liebe, das schuf der Königin Gut. (1431)
23. Abenteuer
Wie Kriemhilde ihr Leid zu rächen gedachte
Unter hohen Ehren, das ist alles wahr,
Wohnten sie beisammen bis in das siebte Jahr.
Die Königin derweile gebar ein Söhnelein,
Worüber König Etzel nicht mochte fröhlicher sein. (1432)
Bis sie es erlangte ließ sie nicht ab davon,
Die Taufe musst empfangen König Etzels Sohn
Nach der Christen Sitte: Ortlieb ward er genannt.
Das brachte große Freude über Etzels ganzes Land. (1433)
Der Zucht, deren jemals zuvor Frau Helke pflag,
Befliss sich Kriemhilde darauf gar manchen Tag.
Es lehrte sie die Sitte Herrat die fremde Maid;
Dei trug noch in der Stille um Helke großes Herzeleid. (1434)
Vor Heimischen und Fremden war sie wohlbekannt;
Es hieß, so gut und milde hab eines Königs Land
Nie eine Frau besessen: Das hielten sie für wahr;
Des rühmten sie die Heunen bis an das dreizehnte Jahr. (1435)
Nun wusste sie, dass niemand ihr feindlich sei gesinnt,
Wie heut noch Königinnen der Fürsten Recken sind,
Und dass sie täglich mochte zwölf Könge vor sich sehn.
Sie vergaß auch nicht des Leides, das ihr zu Hause geschehn. (1436)
Sie gedacht auch noch der Ehren in Nibelungenland,
Die man ihr geboten und die ihr Hagens Hand
Mit Siegfriedens Tode für alle Zeit benommen,
Und ob ihm das wohl jemals noch zu Leide möchte kommen. (1437)
“Es geschäh, wenn ich den Degen brächt in dieses Land.”
Ihr träumte wohl, ihr ginge gar manchmal an der Hand
Geiselher ihr Bruder; sie küsst' ihn allezeit
In ihrem sanften Schlafe: Das ward zu schmerzlichem Leid. (1438)
Ich glaube dass Kriemhilden der böse Feind es riet,
Dass sie in guter Freundschaft von König Gunthern schied,
Den sie zur Sühne küsste in Burgondenland.
Aufs neu begann zu triefen von heißen Tränen ihr Gewand. (1439)
Es lag ihr an dem Herzen, beides, spät und früh,
Wie man mit Widerstreben sie doch gebracht dazu,
Dass sie minnen musste einen heidnischen Mann:
Die Not, die hatt ihr Hagen und König Gunther angetan. (1440)
Es schwand ihr aus dem Herzen selten dieser Mut.
Sie gedacht: “Ich bin so mächtig und habe solches Gut,
Ich mag wohl meinen Feinden noch schaffen Herzeleid:
Dazu wär ich dem Hagen von Tronje gerne bereit. (1441)
“Nach den Getreuen jammert noch oft die Seele mein:
Doch die mir Leides taten, möcht ich bei denen sein,
So würde wohl gerochen meines Freundes Leib!
Kaum kann ich es erwarten,” also sprach das Königsweib. (1442)
Hold waren ihr die Degen all in des Königs Bann,
Die Recken Kriemhildens; das war wohlgetan.
Ihr Kämmerer war Eckwart: Drum war er gern gesehn:
Kriemhildens Willen konnte niemand widerstehn. (1443)
Sie gedacht auch alle Tage: “Ich will den König bitten,
Er solle mir vergönnen mit gütlichen Sitten,
Dass man meine Freunde lädt in der Heunen Land.”
Den argen Willen niemand an der Königin erfand. (1444)
Als eines Nachts Kriemhilde bei dem König lag,
Umfangen mit den Armen hielt er sie, wie er pflag
Der edeln Frau zu kosen; sie war ihm wie sein Leib:
Da gedachte ihrer Feinde dieses waidliche Weib. (1445)
Sie sprach zu dem Könige: “Viel lieber Herre mein,
Ich wollt euch gerne bitten, möcht es mit Hulden sein,
Dass ihr mich sehen ließet, ob ich verdient den Sold,
Dass ihr auch meinen Freunden wäret inniglich hold.” (1446)
Da sprach der reiche König, arglos war sein Mut:
“Des sollt ihr inne werden: Was man den Recken tut
Liebes und Gutes, das nehm ich freudig an,
Da ich von Weibesminne nie bessre Freunde gewann.” (1447)
Da sprach die Königin wieder: “Euch ist das wohlbewusst,
Ich habe hohe Freunde, drum schmerzt mich der Verlust,
Dass mich die so selten besuchen hier im Land:
Ich bin bei allen Leuten nur als verwaiset bekannt.” (1448)
Da sprach der König Etzel: “Viel liebe Fraue mein,
Däucht es sie nicht zu ferne, so lüd ich überrhein
Die ihr wünscht zu sehen hieher in dieses Land.”
Da freute sich die Fraue, als ihr sein Wille ward bekannt. (1449)
Sie sprach: “Wollt ihr mir Treue leisten, Herre mein,
So sollt ihr Boten senden nach Wormes über Rhein:
So entbiet ich meinen Freunden meinen Sinn und Mut:
So kommen uns zu Lande viel Ritter edel und gut.” (1450)
Er sprach: “Wenn ihr gebietet, so lass ich es geschehn.
Ihr könntet eure Freunde nicht so gerne sehn,
Der edeln Ute Kinder, als ich sie sähe gern:
Es tut mir innig wehe, dass sie so fremd uns sind und fern. (1451)
“Wenn es dir wohl gefiele, viel liebe Fraue mein,
So wollt ich gerne senden zu den Freunden dein
Meine Fiedelspieler nach Burgondenland.”
Die guten Spielleute, die brachte man gleich zur Hand. (1452)
Sie kamen hin in Eile, wo sie den König sahn
Bei der Köngin sitzen. Da sagt' er ihnen an,
Sie sollten Boten werden nach Burgondenland.
Auch ließ er ihnen schaffen schönes, herrliches Gewand. (1453)
Vierundzwanzig Recken schuf man da das Kleid.
Ihnen ward auch von dem König gegeben der Bescheid,
Wie sie laden sollten Gunthern und seinen Bann.
Frau Kriemhild mit ihnen geheim zu sprechen begann. (1454)
Da sprach der reiche König: “Nun höret, was ihr tut:
Ich entbiete meinen Freunden alles was lieb und gut,
Und lade sie zu fahren hieher in dieses Land:
Ich habe wohl noch selten so liebe Gäste gekannt. (1455)
Und wenn sie meinen Willen gesonnen sind zu tun,
Kriemhilds Verwandte, so mögen sie nicht ruhn
Und diesen Sommer kommen zu meiner Lustbarkeit,
Da mir so hohe Wonne meiner Schwäger Freundschaft beut.” (1456)
Da sprach der Fiedelspieler, der stolze Schwemmelein:
“Wann soll das Hofgelage in diesen Landen sein?
Dass wirs euern Freunden am Rheine mögen sagen.”
Da sprach der König Etzel: “In der nächsten Sonnenwende Tagen.” (1457)
“Wir tun, was ihr gebietet,” sprach da Werbelein.
Kriemhilde ließ die Boten zu ihrem Kämmerlein
Führen in der Stille und besprach mit ihnen da,
Wodurch noch manchem Degen bald wenig Liebes geschah. (1458)
Sie sprach zu beiden Boten: “Nun verdient ihr großes Gut,
Wenn ihr mit rechter Treue meinen Willen tut
Und sagt was ich entbiete heim in unser Land:
Ich mach euch reich an Gute und geb euch herrlich Gewand. (1459)
“Wen ihr von meinen Freunden immer möget sehn,
Zu Wormes an dem Rheine, so sollt ihrs nie gestehn,
Dass ihr mich immer sahet betrübt in meinem Mut;
Und entbietet meine Grüße diesen Helden kühn und gut. (1460)
Bittet sie zu leisten was der König entbot,
Und mich dadurch zu scheiden von aller meiner Not.
Ich scheine vor den Heunen freundelos zu sein;
Wenn ich ein Ritter wäre, ich käme manchmal an den Rhein. (1461)
Und sagt auch Gernoten, dem edeln Bruder mein,
Dass ihm auf Erden niemand holder möge sein:
Bittet, dass er mir bringe hieher in dieses Land
Unsre besten Freunde: So wird uns Ehre bekannt. (1462)
Und sagt auch Geiselheren, ich mahn ihn daran,
Dass ich mit seinem Willen nie ein Leid gewann:
Drum sähn ihn hier im Lande gern die Augen mein;
Ich hätt ihn hier gar gerne um die große Treue sein. (1463)
Und sagt auch meiner Mutter, was mir für Ehr geschieht;
Und wenn von Tronje Hagen der Reise sich entzieht,
Wer ihnen zeigen solle die Straßen durch das Land?
Die Wege zu den Heunen sind ihm von Jugend auf bekannt.” (1464)
Es wunderte die Boten, warum das möge sein,
Dass sie diesen Hagen von Tronje nicht am Rhein
Weilen lassen sollten; bald ward es ihnen Leid:
Durch ihn war manchem Degen mit dem grimmen Tode gedräut. (1465)
Botenbrief und Siegel ward ihnen nun gegeben;
Sie fuhren reich an Gute und mochten herrlich leben.
Urlaub gab ihnen Etzel und sein schönes Weib,
Ihnen war auch wohl gezieret mit gutem Staate der Leib. (1466)
24. Abenteuer
Wie Werbel und Schwemmel die Botschaft brachten
Als Etzel seine Boten an den Rhein gesandt,
Da flogen diese Mären geschwind von Land zu Land:
Mit schnellen Abgesandten lud er und entbot
Zu seinem Hofgelage; da holte mancher sich den Tod. (1467)
Die Boten ritten hinnen aus der Heunen Land
Zu den Burgonden, wohin man sie gesandt
Zu drei edeln Königen und ihrem Heeresbann,
Dass sie zu Etzeln kämen: Zu eilen hub man da an. (1468)
Zu Bechlaren kamen die Boten angeritten;
Ihnen diente man da gerne, dass sie nicht Mangel litten.
Ihre Grüße sandten Rüdger und Gotelind
Den Degen an dem Rheine und auch dieser Beiden Kind. (1469)
Sie ließen ohne Gaben sie nicht von hinnen gehn,
Dass desto sanfter führen die in Etzels Lehn.
Uten und ihren Söhnen entbot da Rüdiger,
Es wär kein andrer Markgraf ihnen so gewogen mehr. (1470)
Sie entboten auch Brunhilden alles was lieb und gut,
Ihre stete Treue und dienstbereiten Mut.
Da wollten nach der Rede die Boten weiter ziehn;
Gott bat sie zu bewahren Gotlind die edle Markgräfin. (1471)
Eh noch die Boten völlig durchzogen Bayerland,
Werbelein der schnelle den guten Bischof fand:
Was der seinen Freunden hin an den Rhein entbot
Weiß ich nicht zu sagen; von seinem Golde so rot (1472)
Schenkt' er den Boten Gaben. Als sie wollten ziehn,
“Sollt ich sie bei mir schauen,” sprach Bischof Pilgerin,
“So wär mir wohl zu Mute, die Schwestersöhne mein:
Mag ich doch selber selten zu ihnen kommen an den Rhein.” (1473)
Was sie für Wege fuhren vom Rheine durch das Land
Kann ich euch nicht bescheiden. Ihr Silber und Gewand
Blieb ihnen unbenommen, man scheute Etzels Zorn:
So vielgewaltig herrschte der edle König wohlgeborn. (1474)
Binnen zwölf Tagen kamen sie an den Rhein
Zu Wormes in dem Lande, Werbel und Schwemmelein;
Da sagte mans dem König und seinen Degen an,
Es kämen fremde Boten: Gunther zu fragen begann. (1475)
Da sprach der Vogt vom Rheine: “Wer macht mir nun bekannt
Von wannen diese Fremden ritten in das Land?”
Das konnte niemand sagen bis die Boten sah
Hagen von Tronje: Zu dem König sprach er da: (1476)
“Man bringt uns neues heute, dafür will ich euch stehn:
Etzels Spielleute, die hab ich hier gesehn.
Die hat eure Schwester gesendet an den Rhein:
Ihrer Herren willen sollen sie willkommen sein.” (1477)
Sie ritten unverweilt zu dem Saal heran:
So herrlich fuhr wohl nimmer eines Fürsten Fiedelmann.
Des Königs Ingesinde empfing sie gleich zur Hand;
Herberge gab man ihnen und bewahrte ihr Gewand. (1478)
Ihre Reisekleider waren reich und wohlgetan,
Sie mochten wohl mit Ehren sich so dem König nahn;
Doch wollten sie nicht länger sie am Hofe tragen:
“Ob jemand sie begehre?”, das ließen die Boten fragen. (1479)
Da waren auch zur Stunde Leute bei der Hand,
Die sie gerne nahmen: Denen wurden sie gesandt.
Da schmückten sich die Boten mit besserm Gewand,
Wie es Königsboten zu tragen schön und herrlich stand. (1480)
Da ging mit Urlaube hin wo der König saß
Etzels Ingesinde: Gerne sah man das.
Herr Hagen den Boten mit Zucht entgegen sprang,
Sie minniglich begrüßend: Das sagten ihm die Knappen Dank. (1481)
Da hub er um die Kunde sie zu befragen an,
Wie Etzel sich gehabe und die ihm untertan.
Da sprach der Fiedelspieler: “Nie besser stands im Land,
Das Volk war niemals froher, das sei euch wahrlich bekannt.” (1482)
Sie gingen zu dem Wirte. Der Königssaal war voll;
Da empfing man die Gäste, wie man immer soll
Boten freundlich grüßen aus fremder Könge Land.
Werbel der Recken viel bei König Gunthern fand. (1483)
Der König wohlgezogen zu grüßen sie begann:
“Willkommen, beide Fiedler in König Etzels Bann
Mit euern Heergesellen: Weshalb hat euch gesandt
Etzel der reiche zu der Burgonden Land?” (1484)
Sie neigten sich dem Könige. Da sprach Werbelein:
“Dir entbietet holde Dienste der liebe Herre mein,
Und Kriemhild deine Schwester hieher in dieses Land:
Sie haben uns euch Recken auf gute Treue hergesandt.” (1485)
Da sprach der reiche König: “Der Märe bin ich froh.
Wie gehabt sich König Etzel,” der Degen fragte so,
“Und Kriemhild meine Schwester in der Heunen Land?”
Da sprach der Fiedelspieler: “Das mach ich gern euch bekannt. (1486)
Besser wohl gehabten sich Leute nimmermehr,
Das glaubet uns in Wahrheit, als die Fürsten hehr
Und ihre Degen alle, die Freunde wie ihr Bann:
Sie freuten sich der Reise, da wir schieden hindann.” (1487)
“Nun Dank ihm für die Dienste, die er mir entbot,
Ihm und meiner Schwester, geliebt es also Gott,
Dass sie in Freuden leben, der König und sein Bann;
Fragt ich doch sehr in Sorgen um diese Märe bei euch an.” (1488)
Die beiden jungen Könige waren auch gekommen,
Die hatten diese Märe jetzt erst vernommen.
Geiselher der junge die Boten gerne sah
Aus Liebe zu der Schwester; gar minniglich sprach er da: (1489)
“Ihr Boten sollt uns Degen hier willkommen sein;
Kämet ihr nur öfter geritten an den Rhein,
Ihr fändet hier der Freunde, die ihr gerne möchtet sehn:
Euch sollte wenig Leides in diesen Landen geschehn.” (1490)
“Mir versehn uns aller Ehren zu euch;” sprach Schwemmelein,
“Ihr könnt euch nicht bedeuten mit den Worten mein,
Wie Etzel euch so minniglich in sein Land entbot,
Und eure edle Schwester; sie leidet keinerlei Not. (1491)
“An eure Lieb und Treue mahnt euch die Königin
Und dass ihr stets gewogen war euer Herz und Sinn.
Zuvörderst an den König sein wir hieher gesandt,
Dass ihr zu reiten möget geruhn in König Etzels Land. (1492)
Dass wir euch darum bäten gar dringend er gebot.
Etzel der reiche euch allen das entbot,
Wenn ihr nicht kommen wolltet, eure Schwester sehn,
So möcht er doch wohl wissen, was euch von ihm wär geschehn, (1493)
Dass ihr ihn also meidet und auch sein Reich und Land?
Wär euch auch die Königin fremd und unbekannt,
So möcht er selbst verdienen, dass ihr kämet ihn zu sehn:
Wenn ihr das leisten wolltet, so wär ihm Liebes geschehn.” (1494)
Da sprach der König Gunther: “Nach der siebenten Nacht
Will ich euch verkünden, wes ich mich bedacht
Im Rate meiner Freunde; der weilen gehet hin
Zu eurer Herberge und findet gute Ruh darin.” (1495)
Da sprach wieder Werbel: “Könnt es nicht geschehn,
Dass wir unsre Fraue, die reiche Ute, sehn,
Eh wir müden Degen frügen nach der Ruh?”
Da sprach mit Rittersitten der edle Geiselher dazu: (1496)
“das soll euch niemand wehren; wollt ihr vor sie gehn,
So ist auch meiner Mutter Lieb daran geschehn,
Denn sie sieht euch gerne um die Schwester mein,
Kriemhild die Fraue: Ihr sollt ihr willkommen sein.” (1497)
Geiselher sie brachte hin wo er Uten fand.
Die sah die Boten gerne aus der Heunen Land;
Sie empfing sie freundlich mit tugendreichem Mut:
Da sagten ihr die Märe die Boten höfisch und gut. (1498)
“Meine Frau lässt euch entbieten,” sprach da Schwemmelein,
“Dienst und stete Treue, und wenn es möchte sein,
Dass sie euch öfter sähe, so glaubet sicherlich,
Wohl keine andre Freude auf Erden wünschte sie sich.” (1499)
Da sprach die Königswitwe: “Leider kanns nicht sein:
So gern ich öfter sähe die liebe Tochter mein,
So wohnt uns doch zu ferne die edle Königin:
Nun geh ihr immer selig die Zeit bei Etzeln dahin. (1500)
“Ihr sollt mich wissen lassen eh ihr zieht davon,
Wann ihr reiten wollet: Ich sah nun lange schon
Boten nicht so gerne als ich euch gesehn.”
Da gelobten ihr die Knappen, ihr Wunsch der solle geschehn. (1501)
Zu den Herbergen gingen die von Heunenland.
Der reiche König hatte zu den Freunden gesandt:
Gunther der reiche fragte seinen Bann
Was sie darüber dächten? Wohl manche huben da an: (1502)
“Er möge fahrlos reiten in König Etzels Land.”
Das rieten ihm die Besten, die er darunter fand.
Hagen nur alleine, dem war es grimmig leid;
Er sprach zu dem Könige: “Mit euch selber seid ihr im Streit. (1503)
Ihr habt doch nicht vergessen was ihr von uns geschehn?
Wir müssen vor Kriemhilden in steter Sorge stehn:
Ich schlug ihr zu Tode den Mann mit meiner Hand;
Wie dürften wir wohl reiten hin in König Etzels Land?” (1504)
Da sprach der reiche König: “Meiner Schwester Zürnen schwand:
Mit minniglichem Kusse, eh sie verließ dies Land,
Hat sie uns verziehen was wir an ihr getan:
Es wäre denn sie stände bei euch, Herr Hagen, noch an.” (1505)
“Nun lasst euch nicht betrügen, was sie auch sagen,
Diese Heunenboten: Wollt ihrs mit Kriemhild wagen,
Da verliert ihr zu der Ehre Leben leicht und Leib;
Sie weiß wohl nachzutragen, des Königs Etzel Weib.” (1506)
Da sprach zu dem Rate der Degen Gerenot:
“Ihr mögt aus guten Gründen fürchten dort den Tod
In den heunischen Reichen: Ständen wir drum an
Und mieden unsre Schwester, das wär gar übel getan.” (1507)
Da hub der junge Geiselher zu dem Degen an:
“Wisst ihr euch schuldig, Hagen, dass ihr ihr Leid getan,
So bleibet hier im Lande euer Heil zu wahren;
Nur lasst, die sichs getrauen, mit uns zu meiner Schwester fahren.” (1508)
Darob begann zu zürnen von Tronje der Degen:
“Ich will nicht dass euch jemand begleitet auf den Wegen,
Der sich mehr getraue zu dieser Fahrt als ich:
Wollt ihrs nicht bleiben lassen, so schaut ihr das sicherlich.” (1509)
Da sprach der Küchenmeister Rumolt der Degen:
“Der Heimischen und Fremden mögt ihr zu Hause pflegen
Nach euerm Wohlgefallen: Da habt ihr volle Macht:
Euch hat doch, dünkt mich, niemand dahin zu Pfande gebracht. (1510)
Wollt ihr nicht Hagen folgen, so rät euch Rumolt,
Weil ich euch in Treue gewogen bin und hold,
Dass ihr im Lande bleibet nach dem Willen mein
Und lasst den König Etzel nur dort bei Kriemhilden sein. (1511)
Wo könntet ihr auf Erden so gut als hier gedeihn?
Ihr mögt vor euern Feinden hier wohl geborgen sein,
Ihr könnt mit guten Kleidern zieren euern Leib,
Des besten Weines trinken und minnen manches schöne Weib. (1512)
Dazu gibt man euch Speise, so gut sie je gewann
Ein König auf der Erde. Liegt euch das nicht an,
So mögt ihr hier verbleiben um euer schönes Weib,
Eh ihr so unbesonnen verwaget Leben und Leib. (1513)
Drum rat ich euch zu bleiben: Reich ist euer Land:
Ihr könnt hier besser lösen was ihr gabt zu Pfand
Als dort bei den Heunen: Wer weiß, wie es da steht?
Verbleibt bei uns, Herr König, das ist was Rumolt euch rät.” (1514)
“Wir wollen nun nicht bleiben,” sprach da Gernot,
“Da uns meine Schwester so Freundliches entbot
Und Etzel der reiche, was sollten wir nicht gehn?
Die nicht mit uns wollen, die mögen daheim bestehn.” (1515)
Zur Antwort sprach da Hagen: “Lasst euch zum Verdruss
Meine Rede nicht gereichen: Was auch geschehn muss,
Das rat ich euch in Treuen, wenn ihr euch gern bewahrt,
Dass ihr nur wohl gerüstet zu dem Heunenlande fahrt. (1516)
“Wenn ihrs euch unterwindet, so entbietet euern Bann,
Die Besten, die ihr findet und die euch untertan;
Daraus will ich erwählen tausend Ritter gut:
So mag euch nicht gefährden der argen Kriemhilde Mut.” (1517)
“Dem Rate will ich folgen,” sprach der König gleich.
Da sandt er seine Boten umher in seinem Reich;
Bald brachte man der Helden dreitausend oder mehr;
Sie dachten nicht zu finden so großes Leid und Beschwer. (1518)
Sie ritten wohl gemutet in König Gunthers Land:
Da gab man ihnen allen Ross und auch Gewand,
Die da räumen sollten der Burgonden Land.
Der König reiselustig manchen werten Ritter fand. (1519)
Da ließ von Tronje Hagen Dankwart den Bruder sein
Achtzig ihrer Recken führen an den Rhein.
Sie kamen stolz gezogen, Harnisch und Gewand
Brachten die Schnellen König Gunthern in das Land. (1520)
Da kam der kühne Volker, der edle Fiedelmann,
Mit dreißig seiner Degen zu der Fahrt heran;
Ihr Gewand war herrlich, ein König mocht es tragen:
Er wollte zu den Heunen, das ließ der König Gunthern sagen. (1521)
Wer Volker sei gewesen, das sei euch kund getan:
Es war ein edler Herre, ihm waren untertan
Viel der guten Recken in Burgondenland;
Weil er fiedeln konnte war er der Spielmann genannt. (1522)
Hagen wählte tausend, die waren ihm bekannt;
Was sie in starken Stürmen gefrommt mit ihrer Hand
Und sonst begangen hatten, das hatt er oft gesehn:
Es konnte niemand anders als ihnen Ehre zugestehn. (1523)
Die Boten Kriemhildens der Aufenthalt verdross.
Die Furcht vor ihrem Herren war gewaltig groß:
Sie hielten alle Tage um den Urlaub an;
Den missgönnt' ihnen Hagen: Das war aus Arglist getan. (1524)
Er sprach zu seinem Herren: “Wir wollen uns bewahren,
Dass wir sie reiten lassen bevor wir selber fahren
Sieben Tage später in König Etzels Land:
Trägt man uns argen Willen, so wird es besser abgewandt. (1525)
So mag sich auch Kriemhilde bereiten nicht dazu,
Dass uns nach ihrem Rate jemand Schaden tu;
Will sie es doch versuchen, so kommt sie übel an:
Wir führen zu den Heunen so manchen auserwählten Mann.” (1526)
Die Sättel und die Schilde und all ihr Rüstgewand,
Das sie führen wollten in König Etzels Land,
War nun wohlbereitet für manchen kühnen Mann.
Die Boten Kriemhildens lud man zu Gunthern heran. (1527)
Als die Boten kamen, sprach Degen Gernot:
“Der König will leisten was Etzel uns entbot.
Wir wollen gerne kommen zu seiner Lustbarkeit
Und unsre Schwester sehen: Dass ihr des außer Zweifel seid.” (1528)
Da sprach König Gunther: “Wisst ihr uns zu sagen
Wann das Fest beginne? Oder zu welchen Tagen
Wir erwartet werden?” Da sprach Schwemmelein:
“Zur nächsten Sonnenwende, da soll es in Wahrheit sein.” (1529)
Der König erlaubte, das war noch nicht geschehn,
Wenn sie Frau Brunhilden wünschten noch zu sehn,
Dass sie mit seinem Willen sprächen bei ihr an.
Dem widerstrebte Volker: Da war ihr Liebes getan. (1530)
“Es ist meine Grau Brunhilde nun nicht so wohlgemut,
Dass ihr sie schauen könntet,” sprach der Ritter gut,
“Wartet bis Morgen, so lässt man sie euch sehn.”
Sie wähnten sie zu schauen, da konnt es doch nicht geschehn. (1531)
Da ließ der reiche König, er war den Boten hold,
In seiner hohen Milde von seinem roten Gold
Auf breiten Schilden bringen: Wohl war er reich daran;
Auch boten seine Freunde ihnen große Gaben an. (1532)
Geiselher und Gernot, Gere und Ortewein,
Wie sie milde waren, das leuchtete wohl ein:
So reiche Gaben boten sie den Boten an,
Dass sie's vor ihrem Herren nicht getrauten zu empfahn. (1533)
Da sprach zu dem Könige der Bote Schwemmelein:
“Herr König, lasst die Gaben nur hier im Lande sein.
Wir könnens nicht verführen, weil uns der Herr verbot,
Dass wir Geschenke nähmen: Auch tut es uns wenig Not.” (1534)
Da ward der Vogt vom Rheine darüber ungemut,
Dass sie verschmähen wollten so reichen Königs Gut.
Da mussten sie empfahen sein Gold und sein Gewand
Und es mit sich führen heim in König Etzels Land. (1535)
Sie wollten Ute schauen vor ihrer Wiederkehr
Die Spielleute brachte der junge Geiselher
Zu Uten seiner Mutter; sie entbot der Königin,
Wenn man ihr Ehre biete, es sei ihr hoher Gewinn. (1536)
Da ließ die Königswitwe ihre Borten und ihr Gold
Verteilen um Kriemhildens, denn der war sie hold,
Und König Etzels Willen an das Botenpaar.
Sie mochtens wohl empfahn: Getreulich bot sie es dar. (1537)
Nun hatten sich beurlaubt die beiden Boten gut
Von Männern und von Frauen. Sie fuhren wohlgemut
Bis zum Schwabenlande: Dahin ließ Gerenot
Seine Degen sie begleiten, dass sie nirgend litten Not. (1538)
Als die von ihnen schieden, die sie sollten pflegen,
Gab ihnen Etzels Herrschaft Frieden auf den Wegen,
Dass ihnen niemand raubte ihr Ross noch ihr Gewand:
Sie ritten sehr in eile heim in König Etzels Land. (1539)
Wo sie Freunde fanden, da machten sie es kund,
In wenig Tagen kämen die Helden von Burgund
Vom Rheine hergezogen in der Heunen Land:
Pilgerin dem Bischof ward auch die Märe bekannt. (1540)
Als sie vor Bechlaren die Straße niederzogen,
Da ward auch um die Märe Rüdger nicht betrogen,
Noch Frau Gotelinde, die Markgräfin hehr:
Dass sie sie schauen sollte, des freute diese sich sehr. (1541)
Die Spielleute spornten die Rosse mächtig an.
Sie fanden König Etzeln in seiner Stadt zu Gran.
Grüße über Grüße, die man ihm her entbot,
Brachten sie dem Könige: Vor Liebe ward er freudenrot. (1542)
Als da Kriemhilden die Märe ward bekannt,
Dass ihre Brüder wollten kommen in ihr Land,
Da ward ihr wohl zu Mute: Sie gab den Boten Lohn
Mit reichlichen Geschenken; sie hatte Ehre davon. (1543)
Sie sprach: “Nun sagt mir beide, Werbel und Schwemmelein,
Wer will von meinen Freunden bei dem Hofgelage sein,
Von den Besten, die wir luden hieher in dieses Land?
Sagt, was sprach Hagen, als ihm die Märe ward bekannt?” (1544)
“Er kam zu ihrem Rate an einem Morgen fruh;
Wenig gute Sprüche redet' er dazu,
Als sie die Fahrt beschlossen nach dem Heunenland:
Die hat der grimme Hagen die Todesreise genannt. (1545)
Es kommen eure Brüder, die Könge alle drei
In herrlichem Mute. Wer mehr mit ihnen sei,
Darüber ich des weitern euch nicht bescheiden kann;
Es will mit ihnen kommen Volker auch, der Fiedelmann.” (1546)
“Des mag ich leicht entbehren,” sprach die Königin,
“Will der Degen Volker zum dem Hofgelage ziehn;
Hagen bin ich gewogen, der ist ein Degen gut:
Dass wir ihn schauen sollen, des hab ich fröhlichen Mut.” (1547)
Hin ging die Königstochter wo sie den König sah.
Wie sprach mit holden Worten Frau Kriemhilde da:
“Wie gefallen euch die Mären, viel lieber Herre mein?
Wes mich je verlangte, das soll nun bald vollendet sein.” (1548)
“Dein Will ist meine Freude:”, der König sprach da so,
“Ich wär der eignen Freunde nicht so von Herzen froh,
Wenn sie kommen sollten hieher in unser Land:
Durch deiner Freunde Liebe viel meiner Sorge verschwand.” (1549)
Des Königs Amtleute befahlen überall
Mit Sitzen zu erfüllen Pallas und Saal
Für die lieben Gäste, die da sollten kommen.
Durch die ward bald dem König die hohe Freude benommen. (1550)
25. Abenteuer
Wie die Herren alle zu den Heunen fuhren
Wie man dort gebahrte vernahmt ihr nun genug.
Wohl kamen nie gefahren in solchem stolzen Zug
So viel beherzte Degen in eines Königs Land;
Sie hatten was sie wollten, beides, Waffen und Gewand. (1551)
Der Vogt von dem Rheine erhob aus seinem Bann
Der Degen tausend sechzig, so ward uns kundgetan,
Und neuntausend Knechte zu dem Hofgelag;
Die sie zu Hause ließen beweinten es wohl hernach. (1552)
Da trug man ihr Geräte zu Wormes übern Hof.
Wohl sprach da von Speyer ein alter Bischof
Zu der schönen Ute: “Unsre Freunde wollen fahren
Zu dem Hofgelage; möge Gott sie da bewahren.” (1553)
Da sprach zu ihren Söhnen Ute die Fraue gut:
“Ihr solltet hier verbleiben, Helden hochgemut;
Mir hat geträumet heunte von großer Angst und Not,
Wie alles das Gevögel in diesem Lande wäre tot.” (1554)
“Wer sich an Träume kehret,” sprach dawider Hagen,
“Der weiß noch die rechte Kunde nicht zu sagen,
Wie es mög am Besten um seine Ehre stehn:
Es mag mein König immer mit Urlaub hin nach Hofe gehn. (1555)
“Wir wollen gerne reiten in König Etzels Land,
Da mag wohl Köngen dienen guter Helden Hand,
So wir da schauen sollen Kriemhildens Hochzeit.”
Hagen riet die Reise, doch ward es später ihm leid. (1556)
Er hätt es widerraten, nur dass Gerenot
Mit großem Ungestüme ihm Spott entgegenbot.
Er mahnt' ihn an Siegfried, der Kriemhilde Mann,
Er sprach: “Darum steht Hagen die große Reise nicht an.” (1557)
Da sprach von Tronje Hagen: “Nicht Furcht ists, dass ichs tu;
Gebietet ihr es, Helden, so greifet immer zu:
Wohl will ich mit euch reiten in König Etzels Land.”
Bald ward von ihm verhauen mancher Helm und Schildesrand. (1558)
Die Schiffe standen fertig: Da war gar mancher Mann.
Was sie an Kleidern hatten trug man an Bord heran;
Sie waren sehr beflissen bis zur Abendzeit:
Sie huben sich von Hause bald in hoher Fröhlichkeit. (1559)
Sie bauten überm Grase sich Hütten und Gezelt
Jenseits des Rheines, wo Obdach war bestellt.
Da bat noch zu verweilen Gunthern sein schönes Weib;
Sei herzte Nachts noch einmal des Mannes waidlichen Leib. (1560)
Flöten und Posaunen erschollen morgens früh
Den Aufbruch zu verkünden: da griff man rasch dazu.
Wem Liebes lag im Arme, der kos'te Freundes Leib;
Mit Leide schied bald manche des Königs Etzel Weib. (1561)
Der schönen Ute Söhne, die hatten einen Mann,
Der war getreu und bieder; als man die Fahrt begann
Sprach er zu dem Könige geheim nach seinem Mut;
Er sprach: “Ich muss wohl trauern, dass ihr die Hofreise tut.” (1562)
Er war geheißen Rumolt, ein Degen auserkannt.
Er sprach: “Wem wollt ihr lassen die Leute und das Land?
Dass niemand doch euch Recken wenden mag den Mut!
Die Märe Kriemhildens däuchte mich niemals gut.” (1563)
“Das Land sei dir befohlen und auch mein Söhnelein,
Und diene wohl den Frauen: Das ist der Wille mein;
Wen du weinen siehest, dem tröste Herz und Sinn:
Es wird uns nichts zu Leide Kriemhilde tun, die Königin.” (1564)
Die Rosse standen fertig den Köngen und dem Bann:
Mit minniglichem Kusse schied da mancher Mann,
Dem noch in hohem Mute prangte Seel und Leib:
Das musste bald beweinen manches waidliche Weib. (1565)
Als man die schnellen Recken sah zu den Rossen gehn,
Fand man viel der Frauen in hoher Trauer stehn.
Dass sie auf ewig schieden sagt' ihnen wohl der Mut:
In großem Schaden kommen, das tut niemanden gut. (1566)
Die schnellen Burgonden begannen ihren Zug:
Da ward im ganzen Lande das Treiben groß genug;
Beiderseits der Berge weinte Weib und Mann.
Wie auch das Volk gebahrte, sie fuhren fröhlich hindann. (1567)
Niblungens Helden zogen mit ihnen aus
In tausend Halsbergen: Die hatten dort zu Haus
Viel schöne Fraun gelassen und sahn sie nimmermehr.
Siegfriedens Wunden, die schmerzten Kriemhilden sehr. (1568)
Da lenken mit der Reise auf dem Mainstrom an
Hinauf durch Ostfranken die in Gunthers Bann.
Hagen war ihr Führer, der war da wohlbekannt;
Ihr Marschall war Dankwart, der Held von Burgundenland. (1569)
Da sie von Ostfranken nach Schwanefelde ritten,
Da konnte man sie kennen an den stolzen Sitten,
Die Fürsten und die Freunde, die Helden lobesam!
An dem zwölften Morgen der König an die Donau kam. (1570)
Es ritt von Tronje Hagen den andern all zuvor;
Er hielt den Nibelungen wohl den Mut empor.
Da schwang der kühne Degen sich nieder auf den Sand,
Wo er sein Ross in Eile fest an einem Baume band. (1571)
Die Flut war ausgetreten, die Schiff' verborgen:
Die Nibelungen kamen in große Sorgen
Wie sie hinüber sollten? Das Wasser war zu breit.
Da schwang sich zu der Erde mancher Ritter allbereit. (1572)
“Übel,” sprach da Hagen, “mag dir hier geschehn,
König an dem Rheine: Du magst es selber sehn,
Das Wasser ist ergossen, zu stark ist keine Flut;
Ich fürchte wir verlieren noch heute manchen Recken gut.” (1573)
“Hagen, was verweis't ihr mit?”, sprach der König hehr,
“Um eurer Tugend willen, erschreckt uns nicht noch mehr.
Ihr sollt die Furt uns suchen hinüber in das Land,
Dass wir von hinnen bringen beides Ross und Gewand.” (1574)
“Mir ist ja noch,” sprach Hagen, “mein Leben nicht so leid,
Dass ich mich möcht ertränken in diesen Wellen breit:
Es soll von meinen Händen ersterben mancher Mann
In König Etzels Landen; wozu ich gute Lust gewann. (1575)
“Bleibet bei dem Wasser, ihr stolzen Ritter gut.
Ich selber will die Fergen suchen bei der Flut,
Die uns hinüberbringen in Gelfratens Land.”
Da nahm der starke Hagen seinen guten Schildesrand. (1576)
Er war wohl gewaffnet: Den Schild er mit sich trug,
Den Helm aufgebunden: Der glänzte licht genug;
Überm Harnisch führt' er eine breite Waffe mit,
Die an beiden Schärfen aufs allergrimmigste schnitt. (1577)
Er suchte hin und wieder nach einem Schiffersmann.
Er hörte Wasser gießen: Zu lauschen hub er an:
In einem schönen Brunnen tat das manch weises Weib;
Die wollten sich da kühlen und badeten ihren Leib. (1578)
Hagen sie gewahrend wollt ihnen heimlich nahn:
Sie stürzten in die Wellen, als sie sich des versahn.
Dass sie ihm so entrannen des freuten sie sich sehr;
Da nahm er ihre Kleider und schadet' ihnen nicht mehr. (1579)
Da sprach das eine Meerweib, Habburg war sie genannt:
“Hagen, edler Ritter, wir machen euch bekannt,
Wenn ihr uns zum Lohne die Kleider wiedergebt,
Was ihr bei den Heunen auf dieser Hoffahrt erlebt.” (1580)
Sie schwebten wie die Vögel vor ihm auf der Flut.
Den Helden dächt ihr Wissen von den Dingen gut:
Da glaubt' er um so lieber was sie ihm wollten sagen.
Sie beschieden ihn darüber was er begann sie zu fragen: (1581)
Sie sprach: “Ihr mögt wohl reiten in König Etzels Land;
Ich setz euch meine Treue dafür zum Unterpfand:
Es fuhren niemals Helden noch in ein fremdes Reich
Zu solchen hohen Ehren, in Wahrheit, das sag ich euch.” (1582)
Die Rede freute Hagen in seinem Herzen sehr;
Die Kleider gab er ihnen und säumte sich nicht mehr.
Als sie umgeschlagen hatten ihr wunderbar Gewand,
Vernahm er erst die Wahrheit von der Fahrt in Etzels Land. (1583)
Da sprach das andre Meerweib mit Namen Siegelind:
“Ich will dich warnen, Hagen, Aldrianens Kind.
Es hat der Kleider willen meine Muhm gelogen:
Und kommst du zu den Heunen, so bist du schmählich betrogen. (1584)
“Wieder umzukehren, wohl wär es an der Zeit,
Dieweil ihr kühnen Helden also geladen seid,
Dass ihr müsst ersterben in König Etzels Land:
Die da hinreiten, haben den Tod an der Hand.” (1585)
Da sprach wieder Hagen: “Ihr trügt mich ohne Not: