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“Lasst die Klage bleiben, viel hehre Königin.
Was hilft eurer Weinen? Mein Leben muss dahin
Schwinden aus den Wunden, die an mir offen stehn:
Der Tod will mich nicht länger euch und Etzeln dienen sehn.” (2134)
Zu Thüringern und Dänen sprach er hingewandt:
“Die Gaben, so die Königin euch beut, soll eure Hand
Nicht zu erwerben trachten, ihr lichtes Gold so rot:
Und besteht ihr Hagen, so müsst ihr schauen den Tod.” (2135)
Seine Farbe war erblichen, des Todes Zeichen trug
Iring der kühne; ihnen war es leid genug.
Er konnte nicht gefunden der Held in Hawarts Lehn:
Da musst es an ein Streiten von den Dänenhelden gehn. (2136)
Irnfried und Hawart sprangen vor den Saal
Wohl mit tausend Helden: einen ungestümen Schall
Vernahm man allenthalben, kräftig und groß.
Hei! Was man scharfer Speere auf zu den Burgonden schoss! (2137)
Irnfried der Kühne lief den Spielmann an,
Daher er großen Schaden von seiner Hand gewann:
Der edle Fiedelspieler den Landgrafen schlug
Durch den Helm den festen: Wohl war er grimmig genug. (2138)
Da schlug dem kühnen Spielmann Irnfried einen Schlag,
Dass er des Panzers Ringe dem Helden zerbrach,
Und sich sein Harnisch färbte von Funken feuerrot:
Dennoch fiel der Landgraf von dem Spielmann in den Tod. (2139)
Zusammen waren Hagen und Hawart gekommen.
Da mochte Wunder schauen wer es wahrgenommen.
Die Schwerter fielen kräftig den Helden an der Hand:
Da musste Hawart sterben vor dem aus Burgondenland. (2140)
Die Thüringer und Dänen sahn ihres Herren Tod:
Da hob sich vor dem Hause eine furchtbare Not;
Eh sie die Tür gewannen mit kraftreicher Hand,
Da ward noch verhauen mancher Helm und Schildesrand. (2141)
“Weichet,” sprach da Volker, “lasst sie zum Saale gehn;
Was sie im Sinne haben kann dennoch nicht geschehn.
Sie müssen all ersterben hier in kurzer Zeit:
Sie ernten mit dem Tode was ihnen Kriemhilde beut.” (2142)
Als die Übermütigen drangen in den Saal,
Da wurde manchem Helden das Haupt geneigt zu Tal,
Dass er ersterben musste von ihren starken Schlägen.
Wohl stritt der kühne Gernot, so tat auch Geiselher der Degen. (2143)
Tausend und Viere, die kamen in das Haus:
Da hörte man erklingen den hellen Schwertersaus.
Bald wurden doch die Recken alle drin erschlagen:
Man mochte große Wunder von den Burgonden sagen. (2144)
Da gab es eine Stille, als der Lärm verscholl!
Das Blut allenthalben durch die Lücken quoll
Zu den Rinnsteinen von den toten Degen:
Das taten die vom Rheine mit ihren kräftigen Schlägen. (2145)
Da saßen wieder ruhend die aus Burgondenland;
Sie legten mit den Waffen die Schilde von der Hand.
Da stand noch vor dem Hause der kühne Fiedelmann,
Erwartend ob noch jemand zum Streite zöge heran. (2146)
Der König klagte heftig, dazu die Königin;
Mägdelein und Frauen härmten sich den Sinn.
Der Tod, wähn ich, hatte sich wider sei verschworen;
Drum gingen durch die Gäste noch viel der Recken verloren. (2147)
36. Abenteuer
Wie die Königin den Saal verbrennen ließ
“Nun bindet ab die Helme;” sprach Hagen der Degen,
“Ich und mein Geselle der Wache wollen pflegen:
Versuchen es noch einmal die in Etzels Bann,
So warn ich meine Herren so schnell als ich immer kann.” (2148)
Da band den Helm vom Haupte mancher Ritter gut;
Sie setzten auf die Wunden sich nieder, die ins Blut
Waren zum Tode von ihrer Hand gekommen:
Da ward der edeln Gäste mit Erbittrung wahrgenommen. (2149)
Noch vor dem Abend schuf der König hehr
Und Kriemhild die Königin, dass es der Helden mehr
Von Heunland noch versuchten; man sah vor ihnen stehn
Wohl noch zwanzigtausend: Die mussten nun zum Streite gehn. (2150)
Da hob ein hartes Stürmen auf zu den Gästen an.
Dankwart, Hagens Bruder, dieser schnelle Mann,
Sprang von seinen Herren zu den Feinden vor die Tür:
Man wähnt', er sei erstorben, doch kam er heil noch hinfür. (2151)
Das harte Streiten währte bis es die Nacht benahm.
Da wehrten sich die Gäste wie Helden lobesam
Wider Etzels Recken den sommerlangen Tag:
Hei! Wie da vor ihnen manch guter Degen erlag! (2152)
Zu einer Sonnenwende geschah der große Mord:
Ihres Herzens Jammer rächte Kriemhild dort
An ihren nächsten Freunden und noch an manchem Mann,
Wodurch der König Etzel nie wieder Freude gewann. (2153)
* Sie hatte nicht gesonnnen auf solche Mörderschlacht:
Als sie den Streit begonnen hatte sie gedacht,
Hagen sollt alleine dabei sein Ende sehn;
Da schuf der böse Teufel, über alle musst es ergehn. (2154)
Der Tag war zerronnen; ihnen schuf die Sorge Not.
Sie gedachten, wie doch besser wär ein kurzer Tod
Als sich so lang zu quälen in ungefügem Leid:
Da wünschten einen Frieden die stolzen Ritter allbereit. (2155)
Sie hatten, dass der König zu ihnen würd gebracht.
Die Helden, rot von Blute, schwarz von der Eisentracht,
Traten aus dem Hause und die drei Könge hehr.
Sie wussten nicht, wem klagen ihres großen Leids Beschwer. (2156)
Etzel und Kriemhilde, die kamen beide hek;
Das Land war ihnen eigen, drum mehrte sich ihr Heer.
Er sprach zu den Gästen: “Sprecht, was begehrt ihr mein?
Wollt ihr Frieden haben? Das könnte nun schwerlich sein (2157)
Nach so großem Schaden als ihr mir habt getan.
Ihr sollt es nicht genießen so lang ich atmen kann:
Mein Kind, das ihr erschluget und viel der Freunde mein;
Frieden und Sühne soll euch dafür geweigert sein.” (2158)
Antwort gab ihm Gunther: “Uns zwang die große Not;
All mein Gesinde lag von dem deinen tot
An der Herberge: Verdient ich solchen Sold?
Ich kam zu dir auf Treue und wähnte, du wärst mir hold.” (2159)
Da sprach von Burgonden Geiselher das Kind:
“Ihr Helden König Etzels, die noch am Leben sind,
Wes zeiht ihr mich, ihr Recken? Was hat ich euch getan,
Der ich die Fahrt so gütlich zu diesem Lande begann?” (2160)
Sie sprachen: “Deiner Güte ist all die Veste voll
Mit Jammer, gleich dem Lande; wir gönnten dir es wohl,
Wärst du nie gekommen von Wormes überrhein:
Durch dich ist ganz verwaiset das Land und durch die Brüder dein.” (2161)
Da sprach zu dem Könige Gernot der Degen gut:
“So soll euch Gott gebieten, dass ihr die Lieb uns tut:
Erschlagt uns Heimatlose, und lasst uns zu euch gehn
Hinunter ins Freie, gewiss, das würd euch löblich stehn. (2162)
“Was uns geschehn könne, das lasst bald ergehn:
Ihr habt so viel Gesunde, die dürfen uns bestehn
Und geben uns vom Streite Müden leicht den Tod:
Wie lange sollen wir Recken bleiben in so grimmer Not?” (2163)
Von König Etzels Recken wär es fast geschehn,
Dass sie die Helden ließen vor den Pallas gehn.
Als das Kriemhild hörte, es war ihr grimmig leid;
Da war den Heimatlosen mit Nichten Friede bereit. (2164)
“Nicht doch, ziere Recken, worauf euch sinnt der Mut,
Ich will euch treulich raten, dass ihr das nimmer tut,
Dass ihr die Mordgiergen lasst vor den Saal;
Sonst müssen eure Freunde vor ihnen sterben zumal. (2165)
Und lebten nur alleine die Utens Söhne sind,
Und kämen meine edeln Brüder an den Wind,
Dass sie die Panzer kühlten, ihr alle wärt verloren:
Es wurden kühnre Degen noch nie auf Erden geboren.” (2166)
Da sprach der junge Geiselher: “Viel schöne Schwester mein,
Wie mocht ich mich versehn, dass du mich überrhein
Hieher geladen hättest zu so großer Not?
Wodurch wohl verdient' ich hier bei den Heunen den Tod? (2167)
Getreu war ich dir immer, tat Leid dir nimmermehr:
Ich ritt auch in dem Wahne zu diesem Hofe her,
Du wärest mir gewogen, viel liebe Schwester mein.
Nun schenk uns deine Gnade: Es kann doch anders nicht sein.” (2168)
“Ich schenk euch keine Gnade, Ungnad ich selbst gewann:
Mir hat von Tronje Hagen so großes Leid getan
Daheim, und hier zu lande erschlug er mir mein Kind:
Sie sollens all entgelten, die mit euch hergekommen sind. (2169)
Wollt ihr mir aber Hagen allein zum Geisel geben,
So will ichs nicht versagen, dass ich euch lasse leben,
Denn eure Schwester bin ich, der gleichen Mutter Kind:
So red ich um die Sühne mit den Helden, die hier sind.” (2170)
“Verhüt es Gott vom Himmel,” sprach da Gernot,
“Und wären unser tausend, wir wollten alle tot
Vor deinen Freunden liegen eh wir den einen Mann
Dir als Geisel gäben: Das wird nimmer getan.” (2171)
“Wir müssen doch ersterben,” sprach da Geiselher,
“So soll uns niemand scheiden von ritterlicher Wehr.
Wer gerne mit uns föchte, wir sind noch immer hie:
Verriet ich meine Treue an einem Freunde doch nie.” (2172)
Da sprach der kühne Dankwart: “Wie ziemte Schweigen mir?
Es steht mein Bruder Hagen noch nicht alleine hier.
Die uns Frieden weigern, mögens noch beklagen:
Ihr sollt es inne werden: Das will ich wahrlich euch sagen.” (2173)
Da sprach die Königstochter: “Ihr Helden allbereit,
Nun geht der Stiege näher und rächet unser Leid,
Das will ich euch vergelten wie ich billig soll:
Den Übermut Hagens, den benehm ich ihm wohl. (2174)
“Lässt keinen aus dem Hause der Degen allzumal.
So lass ich an vier Enden zünden an den Saal:
So wird noch wohl gerochen all mein Herzeleid.”
König Etzels Recken sah man bald dazu bereit. (2175)
Dir noch draußen standen trieb man in den Saal
Mit Schlägen und mit Schüssen; da gab es lauten Schall
Doch wollten sich nicht scheiden die Fürsten und ihr Heer:
Sie ließen von der Treue zueinander nun nicht mehr. (2176)
Den Saal in Brand zu stecken gebot da Etzels Weib.
Da quälte man den Helden mit Feuersglut den Leib.
Das Haus vom Wind ergriffen geriet in hohen Brand:
Solcher Schrecken wurde wohl niemals Helden bekannt. (2177)
Darinnen riefen viele: “O weh dieser Not!
Da möchten wir ja lieber im Sturme liegen tot.
Das möge Gott erbarmen; wie verlieren wir den Leib!
Wie grimmig rächt ihr Zürnen an uns des Königes Weib!” (2178)
Da sprach darinnen einer: “Wir finden hier den Tod.
Was hat der Gruß geholfen, den uns der König bot?
Mir tut vor starker Hitze der Durst so grimmig weh,
Ich fürchte, mein Leben in diesen Nöten zergeh!” (2179)
Da begann von Tronje Hagen, der Ritter gut:
“Wen der Durst bezwingen will, der trinke hier das Blut,
Das ist in solcher Hitze besser noch als Wein;
Zu essen und zu trinken kann hier nichts anderes sein.” (2180)
Hinging der Recken einer, wo er einen Toten fand,
Er kniet' ihm zu der Wunde, den Helm er nieder band;
Da hub er an zu trinken das fließende Blut:
So wenig ers gewohnt war, er fand es köstlich und gut. (2181)
“Nun lohn euch Gott, Herr Hagen,” sprach der müde Mann,
“Dass ich durch eure Lehre so guten Trunk gewann:
Man schenkte mir noch selten einen bessern Wein.
Leb ich noch eine Weile, ich will euch stets gewogen sein.” (2182)
Als das die andern hörten, es dünkte ihn so gut,
Da kamen ihrer viele und tranken auch das Blut.
Davon gewann viel Kräfte der guten Helden Leib:
Das entgalt an lieben Freunden bald manches waidliche Weib. (2183)
Das Feuer fiel gewaltig auf sie in den Saal:
Sie wandten mit den Schilden es von sich ab im Fall.
Der Rauch und auch die Hitze schmerzten sie gar sehr:
Also großer Jammer geschieht wohl Helden nimmer mehr. (2184)
Da sprach von Tronje Hagen: “Stellt euch an die Wand;
Lasst nicht die Brände fallen auf eurer Helme Band,
Und tretet mit den Füßen sie tiefer in das Blut:
Eine üble Hochzeit ist es, zu der die Königin uns lud.” (2185)
Unter solchen Nöten zerronnen war die Nacht:
Noch hielt vor dem Hause der kühne Spielmann Wacht
Und Hagen sein Geselle, gelehnt auf Schildesrand,
Noch größern Leids gewärtig vor denen aus Etzels Land. (2186)
* Dass der Saal gewölbt war, half den Gästen sehr.
Dadurch bleiben ihrer am Leben desto mehr;
Nur dass sie an den Fenstern vom Feuer litten Not.
Da wehrten sich die Degen wie Mut und Ehre gebot. (2187)
Da sprach der Fiedelspieler: “Nun lasst uns in den Saal,
So wähnen wohl die Heunen, wir seien allzumal
Von der Qual erstorben, die sie uns angetan:
Dann kommen doch noch manche zum Streit mit ihnen heran.” (2188)
Da sprach von Burgonden Geiselher das Kind:
“Mich dünkt, es wolle tagen, sich hebt ein kühler Wind.
Nun lass uns Gott vom Himmel noch liebre Zeit erleben!
Eine arge Hochzeit hat uns meine Schwester Kriemhild gegeben.” (2189)
Da sprach wieder einer: “Ich fühle schon den Tag.
Wenn es denn uns Degen nicht besser werden mag,
So waffnet euch, ihr Recken, und wahret euern Leib:
Wohl naht uns ehstens wieder hier des König Etzel Weib.” (2190)
Der Wirt mochte wähnen, die Gäste wären tot
Von ihren Drangsalen und von des Feuers Not:
Da lebten drin so kühner noch sechshundert Mann,
Dass wohl nie ein König bessre Degen gewann. (2191)
Der Heimatlosen Hüter hatten wohl gesehn,
Dass noch die Gäste lebten, was ihnen auch geschehn
Zu Schaden war und Leibe, den Herrn und ihrem Lehn:
Man sah sie wohl geborgen im Saale auf und nieder gehn. (2192)
Man sagte Kriemhilden, noch viele lebten drin.
“Wie wäre das möglich,” sprach die Königin,
“Dass noch einer lebte nach solcher Feuersnot?
Lieber will ich glauben, sie starben alle den Tod.” (2193)
Noch wünschten zu entkommen die Fürsten und ihr Lehn,
Wenn noch jemand Gnade an ihnen ließ ergehn.
Die konnten sie nicht finden in der Heunen Land:
Da rächten sie ihr Sterben mit gar williger Hand. (2194)
Noch früh am selben Morgen man ihnen Grüße bot
Mit lautem Kriegsrufe: Wohl schuf das Helden Not.
Zu ihnen aufgeschossen ward mancher starke Speer:
Wie ritterlich sich wehrten diese Recken kühn und hehr! (2195)
Dem Heergesinde Etzels war erregt der Mut,
Dass sie verdienen wollten Frau Kriemhildens Gut
Und alles willig leisten was der Fürst gebot:
Da musste mancher balde von ihnen schauen den Tod. (2196)
Man mochte von Verheißen und Gaben Wunder sagen.
Sie ließ ihr Gold, das rote, auf Schilden vor sie tragen:
Sie gab es jedem willig, der es wollt empfahn.
Nie wurden wider Feinde so große Schätze vertan. (2197)
Da traten in den Waffen viel Recken vor die Tür.
Da sprach der kühne Volker: “Wir sind noch immer hier:
So gerne sah ich Helden zum Streite nimmer kommen
Als die das Gold des Königs und zu verderben genommen.” (2198)
Was soll ich weiter sagen? Wohl zwölfhundert Degen
Versuchtens hin und wieder mit starken Schwertesschlägen.
Da kühlten mit den Wunden die Gäste wohl den Mut.
Kein Friede war zu hoffen, drum sah man fließen das Blut (2199)
Aus tiefen Todeswunden, deren wurden viel geschlagen.
Nach seinen Freunden hörte man jeglichen klagen;
Die Kühnen starben alle dem reichen König hehr:
Da hatten liebe Freunde nach ihnen Leid und Beschwer. (2200)
37. Abenteuer
Wie Rüdiger erschlagen ward
Die Heimatlosen hatten am Morgen viel getan.
Der Gemahl Gotlindens kam zu Hof heran
Und sah auf beiden Seiten des großen Leids Beschwer:
Darüber weinte inniglich der vielgetreue Rüdiger. (2201)
“O weh, dass ich das Leben,” sprach der Held, “gewann,
Und diesem großen Jammer nun niemand wehren kann.
So gern ich Frieden schüfe, der König gehts nicht ein,
Da ihm das Unheil stärker, immer stärker bricht herein.” (2202)
Zu Dietrichen sandte der gute Rüdiger,
Ob sie's noch könnten wenden bei dem König hehr?
Da entbot ihm der von Berne: “Wer möchte widerstehn?
Es will der König Etzel keine Sühne mehr sehn.” (2203)
Da sah ein Heunenrecke Rüdigern da stehn
Mit weinenden Augen, wie er ihn oft gesehn.
Er sprach zu der Königin: “Nun seht doch, wie er steht,
Den der König Etzel vor allen andern hat erhöht, (2204)
“Und dem doch alles dienet, die Leute wie das Land.
Wie sind so viel der Burgen an Rüdiger gewandt,
Deren er so manche von dem König haben mag!
Er schlug in diesem Sturme noch keinen löblichen Schlag. (2205)
“Mich dünkt, ihn kümmert wenig was uns hier geschieht,
Wenn er nach seinem Willen bei sich die Fülle sieht.
Man rühmt, er wäre kühner als jemand möge sein:
Das hat uns schlecht bewiesen in dieser Not der Augenschein.” (2206)
Mit traurigem Mute der vielgetreue Mann,
Als er die Rede hörte, sah er den Heunen an.
Er dachte: “Des entgiltst du; du sagst ich sei verzagt:
Da hast du deine Märe zu laut bei Hofe gesagt.” (2207)
Er zwang die Faust zusammen, da lief er ihn an,
Und schlug mit solchen Kräften den heunischen Mann,
Dass er ihm vor die Füße niederstürzte tot.
Da war nur gemehrt noch dem König Etzel die Not. (2208)
“Fahr hin, verzagter Bösewicht,” sprach da Rüdiger,
“Ich hatte doch des Leides genug und der Beschwer:
Dass ich hier nicht fechte, was rügst du mir das?
Wohl trüg auch in den Gästen mit Grunde feindlichen Hass, (2209)
“Und alles was ich könnte tät ich ihnen an,
Hätt ich nicht hieher geführt die in Gunthers Bann;
Doch war ich ihr Geleite in meines Herren Land:
Drum darf sie nicht bestreiten meine unselge Hand.” (2210)
Da sprach zum Markgrafen Etzel der König hehr:
“Wie habt ihr uns geholfen, viel edler Rüdiger!
Wir hatten doch der Toten so viel in diesem Land,
Dass wir nicht mehr bedurften: Mit Unrecht schlug ihn eure Hand.” (2211)
Da sprach der edle Ritter: “Er beschwerte mir den Mut,
Und hat mir bescholten die Ehre wie das Gut,
Des ich aus deinen Händen so große Gaben nahm,
Was nun dem Lügenbolde gar übel zustatten kam.” (2212)
Du kam die Königstochter, die hat es auch gesehn
Was von des Helden Zorne dem Heunen war geschehn:
Sie beklagt' es schmerzlich, ihre Augen wurden nass.
Sie sprach zu Rüdigeren: “Womit verdienten wir das, (2213)
Dass ihr mir und dem König noch mehrt unser Leid?
Ihr habt uns, edler Rüdiger, gelobt allezeit
Ihr wolltet für uns wagen die Ehre wie das Leben;
Auch hört ich viel der Recken den Preis des Mutes euch geben. (2214)
Ich mahn euch nun der Treue, die mir schwur eure Hand
Als ihr für Etzeln warbet, Ritter auserkannt:
Dass ihr mir dienen wolltet, bis an unsern Tod;
Des war mir armen Weibe noch nie so bitterlich Not.” (2215)
“Das ist ungelogen, ich schwur euch, edel Weib,
Ich wolle für euch wagen die Ehre wie den Leib;
Die Seele zu verlieren hab ich nicht geschworen.
Zu diesem Hofgelage bracht ich die Fürsten wohlgeboren.” (2216)
Sie sprach: “Gedenke, Rüdiger, der hohen Eide dein
Von deiner steten Treue, wie du den Schaden mein
Immer wolltest rächen und wenden all mein Leid.”
Da sprach der Markgraf: “Ich war euch immer dienstbereit.” (2217)
Etzel der Reiche hub auch zu flehen an.
Sie boten sich zu Füßen beide vor den Mann,
Dass man den guten Markgraf in großem Unmut sah;
Der vielgetreue Recke, jammervoll begann er da: (2218)
“O weh mir Gottesarmen, dass ich erlebt den Tag!
Wo aller meiner Ehren ich mich begeben mag,
Aller Zucht und Treue, die Gott mir angebot;
O weh Gott vom Himmel, dass mirs nicht wenden will der Tod! (2219)
Welches ich nun lasse das andre zu begehn,
So ist doch immer böslich und arg von mir geschehn:
Und wenn ich beides lasse, so schilt mich alle Welt.
Nun möge mich erleuchten der mich dem Leben gesellt!” (2220)
Da baten ihn so lange der König und sein Weib,
Dass bald viel Degen mussten verlieren den Leib
Unter Rüdgers Händen und selbst der Held erstarb.
Nun mögt ihr bald vernehmen, welchen Jammer er erwarb. (2221)
Er wusste, dass nur Schaden und Unheil sein Gewinn.
Er hätt es auch dem König und der Königin
Gern versagen mögen: Der Held besorgte sehr,
Schlüg er ihr einen, dass er der Welt ein Gräuel wär. (2222)
Da sprach zu dem Könige der hochbeherzte Mann:
“Herr König, nehmet wieder was ich von euch gewann,
Das Land mit den Burgen; bei mir soll nichts bestehn:
Ich will auf meinen Füßen hinaus in das Elend gehn. (2223)
* “Ledig alles gutes räum ich euer Land,
Mein Weib und meine Tochter nehm ich an die Hand,
Eh ich so ohne Treue entgegen ging' dem Tod:
Das hieß auf üble Weise verdienen euer Gold so rot.” (2224)
Da sprach der König Etzel: “Wer aber helfe mir?
Mein Land samt den Leuten, das alles geb ich dir,
Dass du mich rächest, Rüdiger, an den Feinden mein:
Du sollst an meiner Seiten ein gewaltger König sein.” (2225)
Da sprach wieder Rüdiger: “Wie darf ich ihnen schaden?
Heim zu meinem Hause hab ich sie geladen;
Pflege, Trank und Speise ich ihnen gütlich bot,
Dazu meine Gabe; und soll ich sie nun schlagen tot? (2226)
Die Leute mögen wähnen, ich sei zu verzagt.
Keiner meiner Dienste war ihnen je versagt,
Den Fürsten wohlgeboren und ihrem ganzen Bann:
Nun reut mich die Freundschaft, die ich an ihnen gewann. (2227)
“Geiselher dem Degen gab ich die Tochter mein.
Sie konnt auf Erden nimmer besser verwendet sein,
Seh ich auf Zucht und Ehre, auf Treue oder Gut:
Nie war ein junger König von so tugendreichem Mut.” (2228)
Da sprach wieder Kriemhild: “Viel edler Rüdiger,
Nun lass dich erbarmen unsres Leids Beschwer,
Mein und auch des Königs: Gedenke wohl daran,
Dass kein Wirt auf Erden so leide Gäste noch gewann.” (2229)
Da sprach der Markgraf zu der Königin hehr:
“Heut muss mit dem Leben entgelten Rüdiger
Was ihr und auch der König mir Liebes habt getan.
Dafür muss ich nun sterben: Es steht nicht länger mehr an. (2230)
“Ich weiß wohl, dass noch heute meine Burgen und mein Land
Euch ledig werden müssen von dieser Helden Hand:
So befehl ich eurer Gnade mein Weib und auch mein Kind
Und all die Heimatlosen, die dort zu Bechlaren sind.” (2231)
“Nun lohne Gott dir, Rüdiger!”, der König sprach da so:
Er und auch die Königin, sie wurden beide froh.
“Uns sollen deine Leute wohl befohlen sein;
Auch trau ich meinem Heile, du werdest selber glücklich sein.” (2232)
Da setzt' er auf die Waage die Seele wie den Leib:
Da begann zu weinen König Etzels Weib.
Er sprach: “Ich muss euch halten den Eid, den ich getan:
O weh meiner Freunde! Gar ungern greif ich sie an.” (2233)
Man sah ihn von dem König in großem Kummer gehn.
Da fand er in der Nähe seine Recken stehn;
Er sprach: “Ihr sollt euch waffnen, ihr all in meinem Lehn:
Die kühnen Burgonden, die muss ich leider bestehn.” (2234)
Sie geboten hin zu eilen, wo man die Waffen fand:
Da wurden ihre Helme und mancher Schildesrand
Von dem Ingesinde alsbald herbei getragen:
Bald hörten leide Märe die stolzen Fremdlinge sagen. (2235)
Gewaffnet ward da Rüdiger mit fünfhundert Mann;
Zwölf Recken noch darüber zogen mit ihm heran.
Sie wollten Preis erwerben in des Sturmes Not:
Sie wussten nicht die Märe, dass ihnen nahe der Tod. (2236)
Man sah den Markgrafen unterm Helme gehn.
Scharfe Schwerter trugen die in Rüdgers Lehn,
Dazu vor ihren Händen die lichten Schilde breit:
Das sah der Fiedelspieler; dem war es unsäglich leid. (2237)
Da sah der junge Geiselher seinen Schwäher gehn
Mit aufgebundnem Helme. Wie mocht er da verstehn,
Wie er damit es meine, es sei denn treu und gut?
Da gewann der edle König einen fröhlichen Mut. (2238)
“Nun wohl mir solcher Freunde!”, sprach da Geiselher,
“Wie wir gewonnen haben auf der Fahrt hieher.
Meines Weibes willen ist uns Hilfe nah:
Lieb ist mir, meiner Treue, dass diese Heirat geschah.” (2239)
“Weiß nicht, wes ihr euch tröstet,” sprach der Fiedelmann,
“Wann saht ihr wohl zur Sühne so viel der Helden nahn
Mit aufgebundnem Helme, die Schwerter in der Hand?
Er will an uns verdienen seine Burgen und sein Land.” (2240)
Bevor der Fiedelspieler das Wort gesprochen gar,
Rüdiger der edle schon vor dem Hause war.
Seinen Schild den guten setzt' er vor den Fuß:
Da musst er seinen Freunden versagen dienstbereiten Gruß. (2241)
Da rief der edle Markgraf hinüber in den Saal:
“Ihr kühnen Nibelungen, nun wehrt euch allzumal.
Ihr solltet mein genießen, ihr entgeltet mein:
Einst waren wir befreundet: Der Treue will ich ledig sein.” (2242)
Da erschraken dieser Märe die Notbedrängten sehr.
Es ward davon der Freude bei niemanden mehr,
Dass sie bestreiten wollte, dem jeder Liebe trug:
Sie hatten von den Feinden schon Leid erfahren genug. (2243)
“Das verhüte Gott vom Himmel!”, sprach Gunther der Degen.
“Dass ihr eurer Freundschaft also tut entgegen
Und der großen Treue, worauf uns sann der Mut:
Ich will euch wohl vertrauen, dass ihr das nimmermehr tut.” (2244)
“Es ist nicht mehr zu wenden,” sprach der kühne Mann,
“Ich muss mit euch streiten, wie ich den Schwur getan.
Nun wehrt euch, kühne Helden, so lieb euch seid er Leib:
Mir wollt es nicht erlassen des Königs Etzel Weib.” (2245)
“Ihr widersagt uns allzu spät,” sprach der König hehr.
“Nun mög euch Gott vergelten, viel edler Rüdiger,
Die Treue und die Liebe, die ihr uns habt getan,
Wenn ihr bis an das Ende auch halten wolltet daran. (2246)
“Wir wolltens immer danken was ihr uns habt gegeben,
Ich und meine Freunde, ließet ihr uns leben:
Ihr gabt uns hehre Gaben, als ihr uns führet her
Ins Heunenland zu Etzeln: Bedenket das, edler Rüdiger.” (2247)
“Wie gern ich euch das gönnte!”, sprach Rüdiger der Degen,
“Wenn ich euch meiner Gabe die Fülle dürfte wägen
Nach meinem Wohlgefallen; wie gerne tät ich das,
So mir es nicht erwürbe der edeln Königin Hass!” (2248)
“Lasst ab, edler Rüdiger,” sprach da Gernot,
“Nie ward ein Wirt gefunden, der es den Gästen bot
So freundlich und so gütlich als uns von euch geschehn:
Des sollt ihr auch genießen, so wir lebendig entgehn.” (2249)
“Das wollte Gott,” sprach Rüdiger, “viel edler Gernot,
“Dass ihr am Rheine wäret, und ich wäre tot:
So rettet' ich die Ehre, da ich euch soll bestehn;
Es ist an fremden Degen von Freunden nie so arg geschehn.” (2250)
“Nun lohn euch Gott, Herr Rüdiger,” sprach da Gernot,
“Eure reiche Gabe. Mich reuet euer Tod,
Soll an euch verderben so tugendlicher Mut.
Hier trag ich eure Waffe, die ihr mir gabet, Degen gut. (2251)
Die hat mir nie versagt noch in aller dieser Not;
Es fiel vor ihrer Schärfe so mancher Ritter tot;
Sie ist stark und lauter, herrlich und gut:
Gewiss, so reiche Gabe nie wieder ein Recke tut. (2252)
Und ist euch nicht zu raten, und wollt ihr uns bestehn,
Erschlagt ihr mir die Freunde, die hier noch bei mir stehn,
Mit euerm Schwerte nehm ich Leben euch und Leib:
So reuet ihr mich, Rüdiger, und euer herrliches Weib.” (2253)
“Das wolle Gott, Herr Gernot, und möchte das geschehn,
Dass hier nach euerm Willen alles könnt ergehn,
Und dass gerettet würde eurer Freunde Leib:
Euch sollten wohl vertrauen meine Tochter und mein Weib.” (2254)
Da sprach von Burgonden der schönen Ute Kind:
“Wie tut ihr so, Herr Rüdiger? Die mit mir kommen sind.
Die sind euch all gewogen; ihr greifet übel zu:
Eure schöne Tochter wollt ihr verwitwen allzufrüh. (2255)
Wenn ihr und eure Recken mich wollt im Streit bestehn,
Wie wäre das unfreundlich, wie wenig ließ es sehn,
Dass ich euch vertraute vor jedem andern Mann,
Als ich zu einem Weibe eure Tochter mir gewann.” (2256)
“Gedenkt eurer Treue, viel edler König hehr,
Und schickt euch Gott von hinnen,” so sprach Rüdiger,
“So soll es nicht entgelten die liebe Tochter mein:
Bei aller Fürsten Tugend geruht ihr gnädig zu sein.” (2257)
“So sollt ichs billig halten;” sprach Geiselher das Kind;
“Doch meine hohen Freunde, die noch im Saale sind,
Wenn die vor euch ersterben, so muss geschieden sein
Diese stete Freundschaft zu dir und der Tochter dein.” (2258)
“Nun möge Gott uns gnaden,” sprach der kühne Mann.
Da hoben sie die Schilde, als wollten sie hinan
Zu streiten mit den Gästen in Kriemhildens Saal:
Überlaut rief Hagen da von der Stiege zu Tal: (2259)
“Noch harret eine Weile, viel edler Rüdiger.”
Also sprach da Hagen: “Wir reden erst noch mehr,
Ich und meine Herren, uns zwingt dazu die Not.
Was hilft es Etzeln, finden wir in der Fremde den Tod?” (2260)
“Ich steh in großer Sorge,” sprach wieder Hagen,
“Den Schild, den Frau Gotlinde mir gab zu tragen,
Den haben mir die Heunen zerhauen vor der Hand:
Ich bracht ihn doch mit Treue her in König Etzels Land. (2261)
Dass es Gott vom Himmel vergönnen wollte,
Dass ich so guten Schildes genießen sollte
Als du hast vor den Händen, viel edler Rüdiger:
So bedürft ich in dem Sturme keiner Halsbergen mehr.” (2262)
“Gern wollt ich dir dienen mit meinem Schilde,
Dürft ich dir ihn bieten vor Kriemhilde.
Doch nimm ihn immer, Hagen, und trag ihn an der Hand:
Hei! Dürftest du ihn führen heim in der Burgonden Land!” (2263)
Als er den Schild zu geben so willig sich erbot,
Da wurden mancher Augen von heißen Tränen rot.
Es war die letzte Gabe: Es durfte nimmermehr
Einem Degen Gabe bieten von Bechlaren Rüdiger. (2264)
Wie grimmig auch Hagen, wie zornig war sein Mut,
Ihn erbarmte doch die Gabe, die der Degen gut
So nahe seinem Ende noch an ihn getan.
Mancher edle Ritter mit ihm zu trauern begann. (2265)
“Nun lohn euch Gott vom Himmel, viel edler Rüdiger.
Es gibt eures Gleichen auf Erden nimmer mehr,
Der heimatlosen Degen so milde Gabe gebe:
So möge Gott gebieten, dass eure Tugend immer lebe. (2266)
O weh mir diese Märe,” sprach wieder Hagen,
“Wir hatten Herzensschwere genug zu tragen:
Das müsse Gott erbarmen, gilts uns mit Freunden Streit!”
Da sprach der Markgraf wieder: “Das ist mir inniglich leid.” (2267)
“Nun lohn ich euch die Gabe, viel edler Rüdiger:
Was immer widerfahre diesen Recken hehr,
Es soll euch nicht berühren im Streite meine Hand,
Ob ihr sie all erschlüget, die von der Burgonden Land.” (2268)
Da neigte sich ihm dankend der gute Rüdiger.
Sie weinten allenthalben: Dass nicht zu wenden mehr
Dieser Herzensjammer, das war eine große Not.
Der Vater aller Tugend fand an Rüdiger den Tod. (2269)
Da sprach von der Stiege Volker der Fiedelmann:
“Da mein Geselle Hagen euch bot den Frieden an;
So biet ich auch so steten euch von meiner Hand;
Das habt ihr wohl verdienet, da wir kamen in das Land. (2270)
Ihr sollt, viel edler Markgraf, mein Bote werden hier:
Diese roten Spangen gab Frau Gotlinde mir,
Dass ich sie tragen sollte bei dieser Lustbarkeit:
Ihr mögt sie selber schauen, dass ihr des mein Zeuge seid.” (2271)
“Wollt es Gott der Reiche,” sprach da Rüdiger,
“Dass euch die Markgräfin noch geben dürfte mehr.
Die Märe sag ich gerne der lieben Trauten mein,
Seh ich gesund sie wieder: Des sollt ihr außer Zweifel sein.” (2272)
Nach diesem Angeloben den Schild hob Rüdiger,
Sein Mut begann zu toben: Nicht länger säumt' er mehr;
Auf lief er zu den Gästen wohl einem Helden gleich:
Viel kraftvolle Schläge schlug da dieser Markgraf reich. (2273)
Da wichen ihm die beiden, Volker und Hagen, weit,
Wie ihm verheißen hatten die Recken kühn im Streit;
Noch traf er bei der Türe so manchen Kühnen an,
Dass Rüdiger die Feindschaft mit großen Sorgen begann. (2274)
Aus Mordgierde ließen in das Haus ihn ein
Gernot und Gunther; das mochten Helden sein.
Zurück wich da Geiselher; fürwahr, es war ihm leid:
Er hoffte noch zu leben, drum mied er Rüdigern im Streit. (2275)
Da sprangen zu den Feinden die in Rüdgers Lehn,
Man sah sie hohen Mutes bei ihrem Herren gehn.
Schneidende Waffen trugen sie an der Hand:
Da brachen viel der Helme und mancher schöne Schildesrand. (2276)
Da schlugen auch die Müden manchen harten Schlag
Auf die von Bechlaren, der tief und eben brach
Durch die festen Panzer und drang bis auf das Blut:
Sie taten in dem Sturme viel Wunder herrlich und gut. (2277)
Das edle Heergesinde war nun in dem Saal;
Volker und Hagen, die sprangen hin zumal:
Sie gaben niemand Frieden als dem einen Mann;
Das blut von ihren Hieben von den Helmen nieder rann. (2278)
Wie da der Schwerter Tosen so furchtbar erklang,
Dass unter ihren Schlägen das Schildgespäng zersprang!
Die Schildsteine rieselten nieder in das Blut;
Da fochten sie so grimmig wie man es nie wieder tut. (2279)
Der Vogt von Bechlaren schuf hin und her sich Bahn,
Wie einer der mit Kräften im Sturme werben kann;
Des Tages ward an Rüdiger herrlich offenbar,
Dass er ein Recke wäre kühn und ohne Tadel gar. (2280)
Hier standen diese Degen, Gunther und Gerenot,
Sie schlugen in dem Streite viel der Helden tot;
Geiselhern und Dankwart am Heile wenig lag:
Da brachten sie gar manchen hin zu seinem jüngsten Tag. (2281)
Wohl erwies da Rüdiger, dass er stark genug,
Kühn und wohl gewaffnet; hei! Was er Helden schlug!
Das sah ein Burgonde, dem schuf es Zorn und Not:
Davon begann zu nahen des edeln Rüdigers Tod. (2282)
Gernot der starke rief den Helden an.
Er sprach zum Markgrafen: “Ihr wollt von unserm Bann
Niemand leben lassen, viel edler Rüdiger:
Das schmerzt mich ohne Maßen; ich ertrag es länger nicht mehr. (2283)
“Nun mag euch eure Gabe zu Unstatten kommen,
Da ihr mir der Freunde habt so viel benommen.
Nun bietet mir die Stirne, ihr edler kühner Mann:
Eure Gabe wird verdienet so gut ich immer nur kann.” (2284)
Bevor da der Markgraf zu ihm gedrungen war,
Ward noch getrübt vom Blute manch lichter Harnisch klar.
Da liefen sich einander die Ehrbegiergen an:
Jedweder sich zu schirmen vor starken Wunden begann. (2285)
Ihre Schwerter waren schneidig, es schirmte nichts dagegen.
Da schlug Gernoten Rüdiger der Degen
Durch den steinharten Helm, dass niederfloss das Blut:
Das vergalt ihm balde dieser Ritter kühn und gut. (2286)
Da schwang er Rüdgers Gabe, die ihm in Händen lag:
Wie wund er war zum Tode, er schlug ihm einen Schlag
Durch des Helmes Bänder und durch den festen Schild,
Davon ersterben musste der gute Rüdiger mild. (2287)
Nie ward so reicher Gabe so schlimm gelohnet mehr
Da fielen beid erschlagen Gernot und Rüdiger,
Im Sturme gleichermaßen von beider Kämpfer Hand.
Da erst ergrimmte Hagen, als er den großen Schaden fand. (2288)
Da sprach der Held von Tronje: “Es ist uns schlimm bekommen
So großen Schaden haben wir an den zwein genommen,
Dass wir ihn nie verwinden, noch auch ihr Volk und Land.
Uns Heimatlosen bleiben nun Rüdgers Helden zu Pfand.” (2289)
* Da wollte keiner weiter von dem andern was ertragen;
Mancher ward danieder unverletzt geschlagen,
Der wohl noch wär genesen: Ob ihm war solcher Drang,
Weil heil er sonst gewesen, dass er im Blute doch ertrank. (2290)
“Weh mir um den Bruder! Der fiel hier in den Tod:
Was mir zu allen Stunden für leide Märe droht!
Auch muss mich immer reuen der edle Rüdiger:
Der Schad ist beidenthalben und großen Jammers Beschwer.” (2291)
Als der junge Geiselher sah seinen Bruder tot,
Die da im Saale waren, die mussten leiden Not.
Der Tod warb um Beute unter Rüdgers Heer:
Deren von Bechlaren entging kein einziger mehr. (2292)
Gunther und Hagen und auch Geiselher,
Dankwart und Volker, die guten Degen hehr,
Die gingen zu der Stelle wo man die Toten fand:
Wie jämmerlich da weinten diese Helden auserkannt! (2293)
“Uns raubt der Tod die Besten,” sprach Geiselher das Kind.
“Nun lasset euer Weinen und gehn wir an den Wind,
Dass sich die Panzer kühlen uns streitmüden Degen:
Es will nicht Gott vom Himmel, dass wir länger leben mögen.” (2294)
Den sitzen, den sich lehnen, sah man manchen Mann.
Sie waren wieder müßig; die in Rüdgers Bann
Waren all erlegen; verhallt war Drang und Stoß.
Die Stille währte lange, bis es Etzeln verdross. (2295)
“O weh dieser Dienste!”, sprach des Königs Weib.
“Er ist nicht so getreue, dass unsrer Feinde Leib
Des entgelten müsste von Rüdigers Hand:
Er will sie wiederbringen in der Burgonden Land. (2296)
“Was hilft uns, König Etzel, dass wir an ihn vertan
Wes er nur begehrte? Er hat nicht wohl getan:
Der uns rächen sollte will der Sühne pflegen.”
Da gab ihr Volker Antwort, dieser zierliche Degen: (2297)
“Dem ist nicht also leider, viel edles Königsweib;
Und dürft ich Lügen strafen ein so hehres Weib,
So hättet ihr recht teuflisch auf Rüdiger gelogen:
Er und seine Degen sind um die Sühne gar betrogen. (2298)
“So williglich vollbracht er was der König ihm gebot,
Dass er und sein Gesinde hier fielen in den Tod.
Nun seht euch um, Kriemhilde, wem ihr gebieten wollt:
Euch war bis an sein Ende Rüdiger getreu und hold. (2299)
“Wollt ihr das nicht glauben, so schaut es selber an.”
Zu ihrem Herzeleide ward es da getan:
Man trug den Held erschlagen hin wo ihn der König sah.
König Etzels Degen so leid wohl nimmer geschah. (2300)
Als sie den Markgrafen tot sahen vor sich tragen,
Da vermöcht euch kein Schreiber zu deuten noch zu sagen
Die ungebärdge Klage so von Weib als Mann,
Die sich von Herzenjammer allda zu zeigen begann. (2301)
König Etzels Jammer ward so stark und voll,
Wie eines Löwen Stimme dem reichen König scholl
Der Wehruf der Klage und auch dem Königsweib:
Sie weinten übermäßig um des guten Rüdiger Leib. (2302)
38. Abenteuer
Wie Dietrichens Recken erschlagen wurden
Der Jammer allenthalben zu solchem Maße schwoll,
Dass von dem Wehrufe Pallas und Turm erscholl.
Da vernahm es auch ein Berner aus Dietrichens Bann:
Der schweren Botschaft willen, wie kam er eilig heran! (2303)
Er sprach zu dem Fürsten: “Hört mich, Herr Dieterich,
Was ich je erlebte, so herzensjämmerlich
Hört ich niemals klagen als ich jetzt vernahm:
Ich fürchte, dass der König nun selber zu der Hochzeit kam. (2304)
“Wie wären sonst die Leute all in solcher Not?
Der König oder Kriemhild, davon ward eins dem Tod
Von den kühnen Gästen in ihrem Zorn gesellt;
Es weint übermäßig gar mancher zierliche Held.” (2305)
Da sprach der Vogt von Berne: “Ihr Getreun in meinem Bann,
Seid nicht allzu schnelle: Was hier auch ward getan
Von den Heimatlosen, sie zwang dazu die Not:
Nun lasst sie des genießen, dass ich ihnen Frieden bot.” (2306)
Da sprach der kühne Wolfhart: “Lasst mich zum Saale gehn,
Der Märe nachzufragen was da ist geschehn:
Ich will euch dann berichten, viel lieber Herre mein,
Wenn ich es dort erkunde, was der Klage Grund möge sein.” (2307)
Da sprach der Herre Dietrich: “Wenn man sich Zorns versieht,
Und ungestümes Fragen zur Unzeit dann geschieht,
Das betrübt den Recken leicht den hohen Mut
Darum will ich, Wolfhart, nicht dass ihr die Frage tut.” (2308)
Da schickt' er Helfrichen hinaus, den edeln Mann,
Ob er erkunden möge bei König Etzels Bann
Oder bei den Gästen, was da sei geschehn.
Man hatte nie bei Leuten so großen Jammer gesehn. (2309)
Der Bote fragte balde: “Was ist hier geschehn?”
Da sprach darunter einer: “Nun musst uns gar zergehn
Der Trost, der uns geblieben noch war in Heunenland:
Hier liegt erschlagen Rüdiger von der Burgonden Hand. (2310)
Nicht einer ist entronnen, der mit ihm ging hinein.”
Das konnte Helfrichen nimmer leider sein.
Nie hört' er üblere Märe als er hier empfing:
Mit weinenden Augen der Bote hin zu Dietrich ging. (2311)
“Was bringt ihr uns für Kunde?”, sprach da Dieterich;
“Was weint ihr so heftig, Degen Helferich?”
Da sprach der edle Recke: “Wohl hab ich Grund zu klagen:
Rüdger liegt, der Gute von den Burgonden erschlagen.” (2312)
Da sprach der Held von Berne: “Das wolle nimmer Gott:
Eine starke Rache wär es und des Teufels Spott.
Wie hätt an ihnen Rüdiger verdient solchen Sold?
Ich weiß zu wohl die Kunde, er ist den Fremdlingen hold.” (2313)
Da versetzte Wolfhart: “Und wär es doch geschehn,
So müsst es ihnen allen an das Leben gehn.
Wenn wirs ertragen wollten, es brächt uns Schand und Spott,
Da uns so große Dienste der gute Rüdiger bot.” (2314)
Der Vogt von Amelungen erfragt' es gern noch mehr.